Medikamentöse Prophylaxe Vorbeugung Migräne

Die Ziele einer medikamentösen Migränevorbeugung sind die Reduzierung von Häufigkeit, Schwere und Dauer der Migräneattacken. Außerdem soll einem medikamenten-induzierten Kopfschmerz vorgebeugt werden.

 

Angezeigt ist die medikamentöse Migräneprophylaxe bei einem besonderen Leidensdruck des Patienten und Einschränkungen der Lebensqualität. Mögliche Anhaltspunkt dafür sind beispielsweise:

  • drei oder mehr Migräneanfälle pro Monat;
  • Migräneattacken, die für gewöhnlich länger als 72 Stunden anhalten;
  • Attacken, die auf die oben empfohlenen Therapien (einschließlich Triptane) nicht ansprechen oder die Therapien weisen so starke Nebenwirkungen auf, dass sie nicht hingenommen werden können;
  • bei Migräneattacken, die von einer lang anhaltenden Migräneaura begleitet sind;
  • bei Zunahme der Attackenhäufigkeit und Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln an mehr als 10 Tagen pro Monat.

Mögliche prophylaktisch einsetzbare Medikamente sind:

 

Betarezeptorenblocker (bsp. Metoprolol und Propranolol): Die Wirkung der Medikamente wurde zufällig entdeckt. Bei Patienten, die Betablocker wegen Herzkreislauf-Erkrankung einnehmen mussten, ließen sich auch positive Auswirkungen auf die Migräneerkrankung feststellen. Betablocker wirken blutdrucksenkend. Ihre Dosis wird daher langsam gesteigert. Üblicherweise werden sie abends eingenommen. Betablocker können auch Nervosität, Ängstlichkeit, Panikattacken, Händezittern und einen Bluthochdruck positiv beeinflussen. Liegen diese Krankheitsstörungen neben der Migräne vor, so ist eine prophylaktische Anwendung besonders zu empfehlen. Seltene Nebenwirkungen können im Einzelfall Schwindel, Schlafstörungen, Alpträume und Minderung der sexuellen Leistungsfähigkeit sein. Bei einer zusätzlich bestehenden Depression, können deren Symptome verstärkt werden.

 

Kalziumantagonisten (bsp. Cyclandelat, Flunarizin): Flunarizin soll an den Zellen – insbesondere der Gefäßmuskelwände – den Einstrom von Kalzium hemmen. Die Gefäßweite wird dadurch stabilisiert. Außerdem beeinflusst die Substanz bestimmte Botenstoffe (Dopamin, Histamin, Serotonin) im Gehirn. Typische Nebenwirkungen der Medikamente sind Gewichtszunahme und Müdigkeit. Bei der Neigung zu Depressionen, der Parkinson-Krankheit und bei Patienten über 60 Jahren dürfen die Präparate nicht eingesetzt werden. Der Wirkungseintritt erfolgt erst nach einigen Wochen.

 

Antikonvulsiva (Topiramat): Die Substanz schützt das Gehirn vor übermäßiger Erregung und unterbindet die Weiterleitung von Schmerzreizen. Der Wirkungseintritt erfolgt schneller als bei Flunarizin, die Einnahmemenge wird für gewöhnlich langsam gesteigert. Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen sind Parästhesien (= Kribbeln in Händen und Füßen). Sie können durch die Aufnahme von kaliumreichen Lebensmittel (Bananen, Trockenobst) gemildert werden. Bei etwa zehn Prozent der Patienten kommt es zu einem Gewichtsverlust.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die medikamentöse Prophylaxe mit den oben genannten Präparaten zunächst für drei Monate ausgetestet werden sollte. Innerhalb dieser Zeitspanne müsste dann die Attackenhäufigkeit um mindestens 50% reduziert werden. Ist dies der Fall, setzt man die Therapie bis zum Abklingen der Beschwerden oder um mindestens zwölf Monate fort. Nach diesem Zeitraum kann ein Absetzversuch unternommen werden. Ist die vorbeugende Medikamentengabe gegen Migräne jedoch nach drei Monaten noch nicht wirksam, sollte ein Versuch mit einem anderen Medikament durchgeführt werden.

 

Antidepressiva (Amitriptylin): Tritt die Migräne gleichzeitig mit Spannungskopfschmerzen auf, kann das Antidepressivum Amitriptylin wirksam sein. Das Medikament wird in diesem Fall nicht wegen Depressionen verschrieben, sondern wegen seiner positiven Einflussnahme auf das schmerzmodulierende System im Zentralnervensystem. (Es besteht keine Fehlverordnung!).

 

Pestwurz (Extrakte in Medikamentenform): Spezielle Präparate, die aus dem Korbblütler „Pestwurz“ mit Hilfe von flüssigem Kohlendioxid gewonnen werden, zählen als Mittel der zweiten Wahl bei der prophylaktischen Therapie der Migräne. Die Pflanze kommt in unseren Breiten an Bächen und Flüssen vor. Der natürliche Ursprung der Pestwurz-Präparate darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei unsachgemäßer Anwendung zu erheblichen Nebenwirkungen (Aufstoßen, Magenschmerzen, schlimmstenfalls Leberfunktionsstörungen) kommen kann. So wurden in der Schweiz entsprechende Produkte vom Markt genommen. Ausdrücklich gewarnt werden muss vor der eigenmächtigen Anwendung der Pflanze in Form von Tees. Bei diesem Zubereitungsverfahren werden die giftigen Inhaltsstoffe (Pyrrolizidinalkaloide) des Krautes nicht entfernt. Die Wirkung der Heilpflanze beruht wahrscheinlich auf ihren krampflösenden Eigenschaften. Eine Pestwurz-Behandlung sollte nicht länger als drei oder vier Monate dauern. Nach diesem Zeitraum empfiehlt sich eine Unterbrechung der Einnahme. Sie kann wieder aufgenommen werden, wenn sich die Beschwerden erneut einstellen.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 20.04.2007

 

Migräneprophylaxe – Alternativen ausserhalb der Routine
Therapie der Migräneattacke und Migräneprophylaxe