AB0 Blutgruppensystem

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts starben viele Menschen bei Bluttransfusionen. Ursächlich dafür war eine Verklumpung und Zerstörung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die zur Verstopfung der Blutgefäße und manchmal zum Tod führte.

Erst die Entdeckung der unterschiedlichen Blutgruppen half, solche Transfusionszwischenfälle zu vermeiden.Ursächlich für die Verklumpung (= Agglutination) sind bestimmte Substanzen des fremden Blutes – die sogenannten Antigene. Sie führen zu einer Aktivierung von Antikörpern des eigenen Blutes. Diese binden an das Antigen, der Antikörper-Antigen-Komplex entsteht. Im Falle einer Blutgruppenunverträglichkeit kommt es zur Zusammenballung der roten Blutkörperchen. Bei dem ältesten entdeckten Blutgruppensystem (AB0-System) werden vier Blutgruppen unterschieden.

Die Blutgruppenantigene sitzen auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Die Antigene bezeichnet man mit den Buchstaben A, B und der Zahl Null. Die Blutgruppe A trägt auf den roten Blutkörperchen nur das Merkmal A, die Blutgruppe B nur B, die Blutgruppe AB die Merkmale A und B und die Blutgruppe 0 weist keines der Merkmale auf.

Ein weiteres Blutgruppensystem ist das Rhesussystem. Auch hier sitzen die Antigene auf den roten Blutkörperchen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Blutgruppensysteme, die sich über spezifische Merkmale auf den weißen Blutkörperchen oder den Blutplättchen beziehen. Die Zugehörigkeit zu den einzelnen Blutgruppen wird von den Eltern vererbt und folgt bestimmten Erbgängen.

Wie häufig kommen die einzelnen Blutgruppen vor?

Die Verbreitung der Blutgruppen fällt weltweit ganz unterschiedlich aus. So haben in Deutschland circa 44 Prozent der Bevölkerung die Blutgruppe A, 38 Prozent die Blutgruppe 0, 12 Prozent B und etwa 6 Prozent weisen das Merkmal AB auf. Die Verteilung in Europa entspricht ungefähr diesen Werten.

Demgegenüber findet sich im asiatischen Raum (China, Japan) ein anderes Verteilungsmuster. Hier ist die Dichte der Blutgruppe O mit 15 bis 35 Prozent weltweit am geringsten; die Blutgruppe B ist am meisten verbreitet.

Was unterscheidet die einzelnen Blutgruppen?

Die Antigene auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen bestehen aus Zuckermolekülen. Je nach Typ der einzelnen Zuckermoleküle unterscheidet man die Blutgruppen. Blutgruppe A hat den Zuckermolekültyp A, Blutgruppe B den Molekültyp B und AB weist beide Typen auf. Bei der Blutgruppe 0 fehlen sie.

Die einzelnen A- und B-Untergruppen, wie A1, A2 usw. und B bzw A1B unterscheiden sich in der Dichte der Antigene auf einem roten Blutkörperchen.

Welche Antikörper gegen die AB0-Blutgruppenmerkmale finden sich?

Bei einem Säugling finden sich noch keine Antikörper gegen fremde Blutgruppenantigene. Sie werden erst innerhalb des ersten Lebensjahres gebildet und dann ein Leben lang weiterproduziert. Warum die Antikörper vorhanden sind, ist nicht eindeutig geklärt. Man nimmt an, dass Antikörper gegen bestimmte Darmbakterien (E. coli) gebildet werden, die ähnliche Oberflächenmerkmale besitzen wie die menschlichen Erythrozyten. Im Blut finden sich jedoch niemals Antikörper, die eine Verklumpung der eigenen Erythrozyten auslösen würden.

Daraus ergibt sich, dass Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe immer bestimmte Antikörper gegen andere Blutgruppen aufweisen. Die Immunreaktion gestaltet sich folgendermaßen:

Menschen mit der Blutgruppe
haben die Antikörper
0
Anti-A, Anti-B
A
Anti-B
B
Anti-A
AB
keine

Blutgruppenbestimmung und Verträglichkeit

Vor jeder größeren Operation oder Transplantation wird die Blutgruppe des Patienten aus dem Vollblut bestimmt. Zusätzlich testet man die Verträglichkeit mit dem Spenderblut (Kreuzprobe, Bedside-Test) und dokumentiert diese Untersuchung.

Die Antikörper im Blut reagieren nämlich sehr heftig mit als fremd erkannten roten Blutkörperchen. Bekommt beispielsweise eine Person mit der Blutgruppe A Blut von einem Menschen mit Blutgruppe B, so tritt eine heftige körperliche Reaktion ein, die zu einem schweren Schock und sogar zum Tod führen kann.

Demgegenüber vertragen Menschen mit der Blutgruppe AB Blut der Blutgruppen A, B und 0, da sie keine Antikörper gegen ihre eigenen Antigene bilden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Universalempfängern.

Personen, mit der Blutgruppe A oder B oder AB können Blut von einem Spender mit Blutgruppe 0 empfangen, da ihre Antikörper auf den fremden roten Blutkörperchen keine Zuckermoleküle finden. Menschen mit der Blutgruppe Null werden als Universalspender bezeichnet.

Für gewöhnlich erhält man jedoch Blut der eigenen Blutgruppe. Nur wenn kein adäquates Spenderblut verfügbar ist, kann auch Spenderblut mit einer verträglichen Blutgruppe verabreicht werden. Dabei sind folgende Konstellationen möglich:

Transfusionen mit Erythrozytenkonzentraten
Patienten mit der Blutgruppekönnen folgende Erythrozytenkonzentrate erhalten
0
0
A
A und 0
B
B und 0
AB
0, A, B und AB

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 02.01.2009