Immunglobuline sind Antikörper, die der menschliche Organismus zur Abwehr von Fremdstoffen bildet. Die Eiweißstoffe werden von den Plasmazellen, welche von den B-Lymphozyten abstammen, produziert. Voraussetzung dafür ist der Kontakt mit einem Antigen, in Form von Viren, Bakterien, Pilzen, Würmern oder Pollen.
Die Immunglobuline bilden mit dem jeweiligen Antigen Komplexe, die von Fresszellen aufgenommen werden.
Man unterscheidet fünf unterschiedliche Klassen von Immunglobulinen (IgA, IgD, IgE, IgG und IgM). Sie haben unterschiedliche Abwehrfunktionen und treten in verschiedenen Körperflüssigkeiten und –sekreten auf. Veränderungen der Antikörperkonzentrationen deuten auf bestimmte Erkrankungen, Störungen sowie Abwehrphasen einer Infektion hin.
Biologische Funktion der einzelnen Immunglobuline
Die jeweiligen Immunglobuline haben folgende Funktionen:
- IgG: Diese Immunglobuline erscheinen meist in einer späteren Phase des Infekts. Sie sind oft noch nach Jahren nachweisbar und schützen vor erneuten Infektionen. Außerdem machen sie 75 Prozent der zirkulierenden Immunglobuline aus. Immunglobuline der Klasse G sind die einzigen Antikörper, welche die Plazenta (= Mutterkuchen) passieren können und somit einen Infektionsschutz für das Neugeborene darstellen. Dieser hält an, bis seine eigene Antikörperproduktion beginnt.
- IgA: wird von den Schleimhäuten gebildet und findet sich in Körpersekreten, wie Tränen, Bronchialschleim, Speichel oder Darmsekret. Als sogenannte sekretorische Antikörper spielen sie vor allem eine wichtige Rolle zum Schutz vor „Oberflächeninfektionen“. Mikroorganismen, die über die Schleimhäute der Nase, des Auges, der Lunge oder der Verdauungsorgane eindringen wollen, werden durch diese Antikörperklasse abgewehrt.
IgA zirkulieren im Blut und werden in der subakuten Phase von Infektionen gebildet. Zudem findet man sie bei bestimmten Leber- und Autoimmunerkrankungen. - IgM: Immunglobuline der Klasse M werden als Erste bei einem Infekt gebildet (Frühantikörper). Sie zeigen daher einen akuten Infekt an und kommen vor allem im Blutserum vor. Auch Blutgruppenantikörper oder Rheumafaktoren gehören zu den IgM-Antikörpern.
- IgE: bindet an Mastzellen sowie basophile Leukozyten. Diese Zellen schütten bei Kontakt mit einem Antigen Histamin aus und rufen so allergische Reaktionen hervor. Zudem sind die Antikörper für die Abwehr von Parasiten (Würmer) zuständig.
- IgD: findet sich auf unreifen B-Zellen und hat vermutlich regulatorische Funktionen.
Was kann der Anlass der Untersuchung der Immunglobuline sein?
Die Immunglobuline werden untersucht:
- zur Ursachensuche bei erhöhter Infektanfälligkeit, Knochenschmerzen und Anämie;
- bei Verdacht auf eine Allergie oder einen Immundefekt;
- zum Nachweis von chronischen oder chronisch-entzündlichen Erkrankungen sowie von Autoimmunkrankheiten.
Woraus können die Immunglobuline – Werte ermittelt werden?
Die Immunglobuline werden aus dem Blutserum bestimmt. IgA auch aus dem Speichel oder der Tränenflüssigkeit
Die Referenz-/Normalwerte für Erwachsene befinden sich in folgenden Bereichen:
- IgG: 7,0 – 16,0 g/l;
- IgA: 0,70 – 5,0 g/l (Blutserum); sekretorisch im Speichel: 0,08 – 0,20 g/l;
- IgM: 0,40 – 2,3 g/l (Männer); 0,40 – 2,8 g/l (Frauen);
- IgD: 0,03 – 0,14 g/l;
- IgE: bis 20 U/ml.
Was kann ein niedriger Wert von Immunglobulinen bedeuten?
Bei jeder schweren Erkrankung kann ein Immunglobulin-Mangel auftreten. Es wird in einen angeborenen (primären) und erworbenen (sekundären) Immunglobulinmangel unterschieden.
Diagnosen mit einem angeborenen Immunglobulinmangel sind:
- Agammaglobulinämie,
- variables Antikörpermangelsyndrom,
- selektiver IgA-Mangel und vieles mehr.
Ein sekundärer Immunmangel findet sich bei:
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion);
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit);
- Milzentfernung;
- bösartigen Tumoren;
- lymphatischer Leukämie;
- Behandlung mit Krebsmitteln (Zytostatika), Immunsuppressiva (nach Transplantationen) oder Kortisonpräparaten sowie nach einer Bestrahlungstherapie;
- bestimmten Infektionen, wie Masern, Röteln, Mononukleose, Zytomegalie, HIV und Tuberkulose;
- entzündlichen Erkrankungen, wie systemischen Lupus erythematodes, rheumatoider Arthritis oder Sarkoidose;
- Eiweisverlust durch Nierenkrankheiten;
- schweren Verbrennungen;
- Mangelernährung.
Wann sind die Immunglobulin – Werte zu hoch?
Bei stark erhöhten Einzelwerten kann eine Erkrankung des Lymphozyten produzierenden Systems vorliegen (lymphproliferative Erkrankung, Leukämie).
Diagnosen mit erhöhten Immunglobulin-Werten sind:
IgG bei:
- chronischen Entzündungen,
- Lebererkrankungen,
- Autoimmunerkrankungen.
IgA bei:
- Schleimhautinfektionen,
- Lebererkrankungen (Leberzirrhose),
- Bestrahlungen,
- Kortisontherapie.
IgM bei:
- Hyper-IgM-Syndrom,
- chronischen Entzündungen,
- Lebererkrankungen,
- Autoimmunerkrankungen,
- Kortisontherapie.
IgE bei:
- Allergienen vom Soforttyp (Typ-I-Allergien),
- Parasitenbefall (bsp. Spulwurm oder Hundebandwurm).
Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 18.02.2009