Traditionelle Chinesische Medizin (kurz: TCM)

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) beruht auf einem seit mehreren tausend Jahren dokumentierten Heilwissen. Grundlagen des eigenständigen Heilsystems sind die Lehren von Yin und Yang, dem Lebensfluss Qi und den Fünf Elementen (Holz, Feuer, Erde, Wasser, Metall).

Die TCM unterscheidet sich von der westlichen Medizin ganz wesentlich dadurch, dass sie ihren Schwerpunkt auf die ganzheitliche Betrachtung des Menschen richtet und bestrebt ist, einen Einklang zwischen Körper, Geist und Seele herzustellen. Des Weiteren liegen ihre Stärken in der Gesundheitsprävention, zu der tägliche Übungen (Qi Gong) sowie eine richtige Ernährung und verträgliche Lebensgewohnheiten gehören.

Als diagnostische Mittel nutzt die Traditionelle Chinesische Medizin die Befragung des Patienten, Diagnose durch Geruch und Gehör, Antlitzdiagnose, Zungen- und Pulsdiagnose, keine Apparatemedizin. Die Therapie erfolgt mithilfe der Kräutermedizin, Akupunktur, Akupressur, Moxibustion und Tuina-Heilmassage.

TCM in China und in Deutschland

In China können zwei medizinische Richtungen studiert werden. Man kann einen Doktor in westlicher Medizin oder in Traditioneller Chinesischer Medizin erwerben. Nur noch wenige Ärzte für TCM erhalten ihr Wissen auf traditionelle Weise, das heißt durch Weitergabe von Generation zu Generation in der Familie.

Die moderne TCM-Ausbildung dauert fünf Jahre, danach folgt eine dreijährige Fachausbildung.

Durchaus üblich ist in China eine Kombination aus westlicher und chinesischer Medizin. So erfolgt bsp. die Behandlung einer Krebserkrankung mit Chemotherapie, die damit verbundenen Beschwerden werden mit Kräuterzubereitungen gelindert.

In Deutschland haben sich mittlerweile bestimmte Behandlungsformen der Traditionellen Chinesischen Medizin etabliert. So ist die Akupunktur seit 2003 eine anerkannte Therapieform. Die Qualifikation der TCM-Ärzte hierzulande ist jedoch sehr unterschiedlich und unterliegt noch keinem Standard.

Grundsätzliches Verständnis der TCM

Gesundheit wird in der TCM als Einklang der entgegengesetzt fließenden Energien Yin und Yang verstanden, die sich gegenseitig für ihre Wirkung benötigen. Die Chinesen bringen diese Beziehung durch das bekannte Yin-Yang-Symbol zum Ausdruck, bei dem sich zwei Halbkreise (weiß und schwarz) ineinander schmiegen, wobei im weißen Teil ein schwarzer Punkt und im schwarzen Teil ein weißer Punkt vorhanden ist. Dabei steht die weiße Hälfte für Yang, den harten, heißen und hellen Aspekt aller Phänomene, die dunkle Hälfte für Yin, den dunklen, kalten und weichen Aspekt aller Phänomene. Medizinisch gesehen können die Phänomene bsp. Sympathikus und Parasympathikus oder Einatmung und Ausatmung symbolisieren.

Aus der Verbindung von Yin und Yang entsteht die Lebensenergie Qi (sprich: tschi). Weitere Umschreibungen für Qi sind Energie, Atem und bewegende Kraft.

Fünf menschliche Organe – besser Organsysteme – sind dem Yin, sechs dem Yang zugeordnet. Das Qi verbindet die Organe und durchfließt den Körper in zwölf Hauptleitbahnen, den sogenannten Meridianen, auf denen sich die Akupunkturpunkte befinden.

Ist der normale Fluss der Lebenskraft (Qi) unterbrochen, so kommt es zu Stau und Blockaden im Yin und Yang, ein Ungleichgewicht (Krankheit) entsteht.

Hauptziel der TCM ist es, Yin und Yang durch Prävention im Gleichgewicht zu halten und bei Erkrankungen das Gleichgewicht wieder herzustellen.

Neben der Yin-Yang-Philosophie ist die Lehre von den Fünf Wandlungsphasen oder Elementen (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) ein weiterer bekannter Denkansatz der TCM. Bei dieser Anschauung wird der Zusammenhang von Mensch und Natur sowie von Körper, Geist und Seele verdeutlicht. Der Mensch soll die Naturgesetzmäßigkeiten erkennen und sein Leben an ihnen ausrichten, andernfalls kommt es zu gesundheitlichen Schäden.

Zu einer Vertiefung dieser Anschauungsweisen sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen.

Anwendungsgebiete TCM

Vornehmlich wird die TCM ergänzend zur Schulmedizin eingesetzt. Vor allem bei chronischen oder schweren Erkrankungen greift man zuerst auf die westliche Medizin zurück. Um die Nebenwirkungen gering zu halten oder bei bestimmten Erkrankungen (Schmerzzuständen) setzt man verstärkt auf die TCM.

Indikationen für die TCM sind beispielsweise:

  • Migräne und andere Kopfschmerzarten,
  • Rückenschmerzen (Hexenschuss),
  • Gelenkentzündungen (Rheuma, Arthritis),
  • Morbus Bechterew (Anfangsstadium),
  • Immunschwäche,
  • erhöhte Infektanfälligkeit,
  • funktionelle Erkrankungen innerer Organe,
  • Hauterkrankungen (Neurodermitis, Schuppenflechte),
  • Verdauungsstörungen,
  • gynäkologische Beschwerden (bsp. Unfruchtbarkeit, Menstruationsbeschwerden),
  • Verdauungsstörungen,
  • Allergien, Erkältungen, Asthma, chronische Bronchitis.

Ein weiteres Augenmerk der TCM liegt auf der Krankheitsvorsorge.

Diagnose

Die Diagnose einer Erkrankung stützt sich auf fünf Eckpfeiler:

  • Befragung: Je nach Beschwerdebild ist Folgendes wichtig: Lokalisation der Schmerzen, Appetit, Müdigkeit am Tage, Fragen zur Menstruation sowie Konsistenz, Geruch, Farbe und Häufigkeit von Urin und Stuhl.
  • Geruch und Gehör: Allein anhand der Stimme (hoch singend, weinerlich), des Atems, des Hustens und des Körpergeruchs kann ein TCM-Arzt auf bestimmte körperliche Störungen schließen.
  • Antlitzdiagnose: Hierbei spielt die gesamte Erscheinung und Haltung der Person eine Rolle, ebenso wie die Gesichtsfarbe, Gesichtsfalten, aber auch der Zustand von Haut und Haaren.
  • Zungendiagnose: Die Zunge wird hinsichtlich ihrer Form, Farbe, Konsistenz, Feuchtigkeit und ihres Belages begutachtet. Die Zungendiagnose ist vor allem wichtig für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs.
  • Pulsdiagnose: Sie bildet das Herzstück der chinesischen Diagnostik. Der Puls wird mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger an verschiedenen Stellen an der Arterie der Handgelenke genommen. Neben Pulsfrequenz und Pulstiefe werden auch die Pulsqualitäten ermittelt. Davon gibt es 28 verschiedene, die beispielsweise mit hart, weich, rau und schlüpfrig umschrieben werden können.

Behandlung

Bestimmte Behandlungen der TCM kann man in Eigenregie durchführen. Dazu zählt Qi Gong und die spezielle chinesische Ernährungslehre und Lebensführung.

Bei Qi Gong handelt es sich um Atem- und Bewegungsübungen, die von vielen Chinesen täglich ausgeführt werden. Diese ganzheitliche Übungsmethode wird in einem eigenen Kapitel der Alternativen Heilmethoden besprochen.

Auch die Ernährungslehre spielt eine große Rolle in der TCM. Eine Behandlung wurde traditionsgemäß zunächst mit der richtigen Ernährung und Lebensweise begonnen. Erst wenn diese beiden Maßnahmen nicht fruchteten, wurden andere Therapiemaßnamen ergriffen. Wichtig in der alltäglichen Ernährung sind regelmäßige Essenseinnahme, keine üppigen Mahlzeiten sowie eine Flüssigkeitsaufnahme, die abhängig ist von der Konstitution, dem Klima, den körperlichen Aktivitäten und den verzehrten Speisen. Das Essen sollte in Ruhe und im richtigen Rahmen eingenommen werden. Im Krankheitsfalle oder zur Stärkung greift man auf Chinesische Heildiäten, die individuell angepasst werden, oder Kraftsuppen zurück.

Heilverfahren des TCM, für die ein erfahrener Therapeut benötigt wird, sind die Akupunktur und Moxibustion, die Tuina Massage (mit Akkupressur) und die Arzneimittelbehandlung (chinesische Kräutermedizin).

Die Akupunktur, die Moxibustion und die Tuina Massage werden in eigenen Kapiteln der Alternativen Heilverfahren behandelt.

Die chinesischen Arzneimitteltherapie wird oft auch als chinesische Kräuterheilkunde bezeichnet, obwohl die Arzneien nicht immer pflanzlichen Ursprungs sind, sondern auch mineralische und tierische Bestandteile enthalten. Die chinesische „Kräuterheilkunde“ verfügt über 5700 Arzneimittel. Sie werden je nach Beschwerdebild des Patienten ausgewählt, gemischt und oft in Form von Dekokten (Zubereitung in kaltem Wasser, später Aufkochen) oder Suppen verabreicht. Selten kommen einzelne Kräuter zum Einsatz, meist handelt es sich um eine Kräutermischung.

Risiken

In der westlichen Welt werden vor allem chronische Leiden, deren Ursachen nicht ersichtlich sind, mit TCM behandelt. Sie wird als Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie betrachtet.

Ein Risiko besteht darin, dass schwere, ernsthafte Erkrankungen, wie beispielsweise Krebs, beim ausschließlichen Einsatz der TCM, nicht rechtzeitig erkannt werden.

Auch sollte man davon absehen, sich eigenmächtig selbst zu behandeln. Dies kann zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen, da die Dosierung der Arzneimittel auf einer perfekten Diagnose des TCM-Arztes basiert.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009