Fischvergiftung (engl. fish poisoning)

         

Fischvergiftung (engl. fish poisoning) Eine Vergiftung durch Fischgenuss kann unterschiedliche Gründe haben. Für gewöhnlich wird in europäischen Breiten eine Vergiftung durch den Verzehr von bakteriell beziehungsweise viral kontaminierten Fischen sowie sich zersetzenden Tieren ausgelöst. Eine Gefahr kann auch von geräucherten oder marinierten Fischen ausgehen. Die Ursachen sind unsachgemäß gelagerte Fische oder schlechte hygienische Bedingung beim Verkauf oder der Zubereitung dieses Lebensmittels. Für gewöhnlich führt so eine Fischvergiftung zu Magen-Darm-Beschwerden, die jedoch schnell wieder abklingen und völlig ausheilen. Ein klassischer Fall, einer solchen Vergiftung, ist der Skombrotoxismus. Diese Form der Vergiftung kann beim Verzehr von Thunfisch oder Makrelen auftreten.

Weitaus schlimmere Folgen können sogenannte spezifische Fischvergiftungen haben. Hier sind die Gifte bereits im lebenden Fisch enthalten, schaden dem Tier selbst aber nicht. Als Toxine kommen Ciguatoxin und Tetrodotoxin in Frage.

Eine Ciguatoxin-Vergiftung kann man sich durch den Verzehr einer von 400 Fischarten aus den tropischen Riffen vor Florida, den Westindischen Inseln und dem Pazifik holen. Eine solche Vergiftung ist sehr selten, führt aber in etwa sieben Prozent der Erkrankungsfälle zum Tod.

Tetrodotoxin findet sich in den Eierstöcken und anderen Eingeweiden von Kugelfischen, von denen es zahlreiche Spezies gibt. Sie gelten vor allem in Ostasien als Leckerbissen. In Japan dürfen nur besonders ausgebildete Personen die dort als Fugu genannten Tiere zubereiten. Gleichwohl kommt es immer wieder zu Vergiftungen. Etwa 40 Prozent enden tödlich.

Im Folgenden wird auf den Skombrotoxismus sowie auf die spezifischen Fischvergiftungen mit Ciguatoxin und Tetrodotoxin eingegangen.

Skombrotoxismus – Scombroid-Vergiftung

Hierbei handelt es sich um eine Histaminvergiftung nach dem Verzehr von Fischen aus der Familie der Scombridae. Dazu gehören der Thunfisch und die Makrele. Wird die Kühlkette unterbrochen oder der Fisch verzögert zubereitet, so kann es zu einer vermehrten Umwandlung von Histidin (Aminosäure) in Histamin (Gewebshormon/Neurotransmitter/allergische Reaktion) kommen. Begünstigt wird dieser Prozess durch Bakterien, wie Clostridien oder Enterobakterien. Die Konzentration des Gewebshormons in Thunfischen kann um den Faktor hundert ansteigen (normale Konzentration 50 ug / g auf 5 mg / g). Unmittelbar nach der Aufnahme verursacht Histamin eine Hitzewelle im Gesicht. Einige Minuten, nachdem der Betroffene den Fisch gegessen hat, kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen und Nesselsucht (Urtikaria) kommen. Zudem treten Herzklopfen und Harndrang, auf. Die Symptome halten meist nicht länger als 24 Stunden an. Medikamente, wie Antihistaminika oder Histamin-H2-Rezeptorenblocker, können die Vergiftungserscheinungen mildern.

Ciguatoxin-Vergiftung

Das Gift Ciguatoxin wird nicht von den Fischen selbst hergestellt, sondern mit der Nahrung aufgenommen. Produzenten des Nervengifts sind mikroskopisch kleine Meerestiere – bestimmten Dinoflagellaten. Diese werden beim Fressen durch Fische aufgenommen. Die Fische selbst zeigen keine Vergiftungserscheinungen, auch ändert sich der Geschmack des Fischfleisches nicht. Interessant ist, dass die Vergiftung nach Wirbelstürmen vermehrt auftreten kann.

Innerhalb der Nahrungskette reichert sich das fettlösliche und hitzestabile Gift an. So führt der Verzehr von Raubfischen, die pflanzenfressende Arten und andere Raubfische verspeisen, beim Menschen am ehesten zu Vergiftungserscheinungen. Die ersten Symptome sind Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Sie treten zwei bis acht Stunden nach dem Verzehr des Fisches auf und halten sechs bis 17 Stunden an. Spätere Symptome sind Ameisenlaufen, Juckreiz, Kopf-, Muskel- und Gesichtsschmerzen. Zudem kommt es zu einer Umkehrung des Wärme- und Kälteempfindens. Kontakt mit kaltem Wasser wird dann beispielsweise als heiß empfunden. Selbst nach ein paar Monaten können noch Missempfindungen auftreten.

Ein Gegengift existiert nicht. Es können aber die Symptome therapiert werden. Im akutem Stadium wird die Ausscheidung des Giftes über den Urin durch Infusionen mit dem Zuckeralkohol Mannit gefördert. Im Anfangsstadium ist ein Auspumpen des Magens durchaus sinnvoll. Zudem werden Infusionen mit Plasmaexpanda angelegt, evtl. Atropin und Dopamin verabreicht.

Vergiftung mit Tetrodotoxin („Kugelfischgift“)

Tetrodotoxin blockiert an den myelinisierten Nerven die Natrium-Kanäle. Die Reizleitung über die Nerven wird somit gestört, typische Symptome sind daher Lähmungserscheinungen. Die Ausprägung der Symptomatik ist u. a. von der Menge des aufgenommenen Giftes in Relation zum Körpergewicht abhängig. Es dauert nur 10 bis 45 Minuten, selten Stunden, bis die ersten Symptome auftreten. Der Patient schwitzt und erbricht sich. Zudem leidet er unter Gefühlsstörungen an den Lippen und der Zunge, die sich allmählich auch auf die Extremitäten ausdehnen. Die Störungen werden zunächst als prickelnd und stechend empfunden, später sind die betoffenen Körperareale taub. Es ist sogar eine völlige Gefühllosigkeit möglich, die den ganzen Körper betrifft. Weitere Symptome sind im Anfangsstadium verkleinerte Pupillen, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen und Untertemperatur.

Mit fortschreitender Erkrankung weiten sich die Pupillen extrem, der Blick wird starr. Es kommt zu schlaffen Lähmungserscheinungen der Skelettmuskulatur. Schließlich tritt Bewegungsunfähigkeit ein. Lebenslimitierend wirkt sich die Lähmung der Atemmuskulatur aus. Ein spezielles Gegengift gibt es nicht. Die Patienten erhalten medizinische Kohle und Atropin bei bestimmten Herzrhythmusstörungen (siehe Bradykardie), zudem Infusionen. Auch eine Magenspülung kann erfolgen.

Im fortgeschrittenen Stadium wird der Patient künstlich beatmet und es wird versucht, den Blutdruck konstant zu halten.

Überlebt der Patient die ersten 24 Stunden, ist die Prognose gut.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.06.2008