Impfung gegen Milzbrand (Anthrax)

Was sind die auslösenden Erreger? Wie kann man sich anstecken?

Milzbrand ist eine lebensbedrohende, sehr seltene Infektionskrankheit, die vor allem pflanzenfressende Säugetiere befällt.

Die Bezeichnung „Anthrax“ leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Kohle“. Sie bezieht sich auf das abgestorbene schwarzgefärbte Milzgewebe der infizierten Tiere.

Der Erreger ist ein stäbchenförmiges Bakterium mit dem Namen Bacillus anthracis. Er ist weltweit verbreitet, vor allem in Afrika. Das Besondere an diesen Keimen ist, dass sie unter ungünstigen Lebensbedingungen (Nahrungsmangel, Hitze) Sporen ausbilden. Dabei handelt es sich um Dauerformen, die äußerst resistent gegen verschiedenste Umwelteinflüsse, wie Austrocknung, Hitze, Strahlung oder Desinfektionsmittel, sind. In Sporenform können die Bakterien lange Zeit existieren. Eine Umwandlung in die vegetative Form (normale stoffwechselaktive Bakterienzelle) erfolgt unter günstigen Umweltbedingungen.

Der natürliche Infektionskreislauf der Bakterien gestaltet sich folgendermaßen: Die befallenen Tiere verenden, der Tierkadaver zersetzt sich und es bilden sich Sporen, welche die Umgebung über Jahre verseuchen. Weidetiere können die Sporen dann beim Grasen aufnehmen und die Bakterien wandeln sich in ihre vegetative Form um.

In den menschlichen Organismus können die Sporen auf dreierlei Weise eindringen: Bei direktem Kontakt zu infektiösem Tiermaterial (Wolle, Häuten, Knochenmehl, Satteldecken) genügen bereits kleinste Hautverletzungen um Hautmilzbrand hervorzurufen.

Das Einatmen von sehr feinen Stäuben oder Tröpfchennebel, die mit Erregern verseucht sind, kann einen Befall der Lungen (Lungenmilzbrand) auslösen.

Werden die Erreger verschluckt oder ungenügend gekochtes infiziertes Fleisch verzehrt, so kann daraus Darmmilzbrand entstehen.

Die wahrscheinlichste Infektion ist der Hautmilzbrand, selten ist die Lunge betroffen und sehr selten der Darm.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher noch nicht beschrieben. Man vermutet, dass sie am ehesten über einen engen Kontakt über die Haut erfolgen kann. Daher isoliert man die Erkrankten.

Wie lange dauert es von der Infektion bis zum Ausbruch der Erkrankung?

Die Inkubationszeit beträgt bei Hautmilzbrand drei bis zehn Tage; bei Darm- und Lungenmilzbrand drei bis fünf Tage. In Ausnahmefällen können eingeatmete Sporen auch erst nach 60 Tagen zu Symptomen führen. Bei massivem Erregerbefall treten sie auch innerhalb weniger Stunden auf.

Was sind die Krankheitsbilder und Komplikationen?

Beim Hautmilzbrand treten meist an den Händen und Unterarmen Pusteln auf, die ein schwarzes Zentrum haben und einen wallartigen Hof aufweisen (Pustula maligna). Die Hautveränderungen werden von Entzündungen, Rötungen und Schwellungen des umgebenden Gewebes begleitet. Aus den Pusteln entwickeln sich Milzbrandkarbunkel, die von schwärzlichem Schorf bedeckt sind und seriöse Bläschen am Rand aufweisen. Die ausgeschiedenen Giftstoffe der Bakterien (= Exotoxine) führen zu einer heftigen Allgemeinsymptomatik mit hohem Fieber, Herz-Kreislauf-Problemen und Benommenheit. Die Entzündung kann sich über die Lymphbahnen ausbreiten und sogar zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. Unbehandelt verlaufen fünf bis 20 Prozent der Erkrankungsfälle tödlich.

Beim Lungenmilzbrand finden sich zunächst untypische Beschwerden, wie ein unproduktiver Husten, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Nach wenigen Tagen führt die Infektion zu einer heftigen Symptomatik mit hohem Fieber, Brustschmerzen, blutigem Auswurf, Sepsis, Lungenversagen und Herz-Kreislauf-Versagen. Diese Form des Milzbrandes verläuft bei mindestens 80 Prozent der Fälle tödlich, auch wenn die Behandlung früh einsetzt.

Die Symptome des Darmmilzbrandes sind blutige Durchfälle und blutiges Erbrechen, starke Bauchschmerzen, Fieber, Bauchfellentzündung, Herzinsuffizienz und schließlich Herz-Kreislauf-Versagen. Auch Darmmilzbrand verläuft – ähnlich wie Lungenmilzbrand – meist tödlich.

Wie kann man behandeln?

Möglichst umgehend muss mit einer Reihe von Antibiotika behandelt werden. Dazu gehören Penicillin G, Doxycyclin und Ciprofloxacin.

Bei Personen, die potenziell infektiösem Material ausgesetzt waren, besteht die Möglichkeit einer postexpositionellen Chemoprophylaxe. Dazu erfolgt die Einnahme von Antibiotika (Ciprofloxacin, Doxycyclin, Amoxicillin) in festgelegten Dosen über einen genau definierten Zeitraum.

Die Impfung

Kommerziell erhältlich sind drei Impfstoffe, die aus den USA sowie Großbritannien und Georgien stammen. Es handelt sich um einen Sporen- bzw. Lebendimpfstoff.

Bis jetzt wurde die Impfung nur an exponierten Mitarbeitern in der Landwirtschaft und beim Militär angewendet. Eine größere Studie in Bezug auf Effizienz und Nebenwirkungen liegt daher bis jetzt nicht vor.

Insgesamt wird sechsmal geimpft. Dabei erhält man drei Spritzen innerhalb von drei bis vier Wochen und noch einmal drei Impfungen nach 6, 12 und 18 Monaten.

Circa 20 Prozent der Geimpften hatten Beschwerden an der Einstichstelle. Gelegentlich wurde über Fieber, Magen-Darm-Beschwerden und Infekte der oberen Atemwege berichtet. Schwere Nebenwirkungen sind extrem selten.

Kontraindikationen sind bisher nicht bekannt. Es gibt keine Erfahrungswerte in der Schwangerschaft.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009