Noma – Wangenbrand, Wasserkrebs, Cancer aquaticus

         

Noma – Wangenbrand, Wasserkrebs, Cancer aquaticus Noma – auch Wangenbrand oder Wasserkrebs genannt – ist eine bakterielle Erkrankung, die ihren Ursprung in der Mundschleimhaut hat. Diese stirbt ab, vernarbt und es bilden sich Löcher in der Wange. Ohne medizinische Versorgung greift die Erkrankung schließlich das Weichgewebe des Gesichts sowie Kiefer- und Gesichtsknochen an. Das Gesicht ist entstellt und vernarbt. Sterben die Betroffenen nicht an den Komplikationen, ist soziale Isolation häufig die Folge.

Betroffen sind heutzutage vor allem Kinder unter sechs Jahren aus Entwicklungsländern (Kamerun, Nigeria, Tschad, Kongo). Gründe dafür sind eine gestörte Immunabwehr nach Infektionskrankheiten, wie Masern, Scharlach oder Typhus abdominalis, sowie im Falle einer AIDS-Erkrankung. Weitere prädisponierende Faktoren sind Mangelernährung, schlechte Mundhygiene, unzureichende sanitäre Verhältnisse und enges Zusammenleben mit Haustieren.

Zuverlässige Angaben über die Häufigkeit des Auftretens der Erkrankung gibt es nicht. Schätzungen gehen von ungefähr 14 erkrankten Kindern auf 100 000 Einwohner in bestimmten Gebieten Afrikas aus. Von den Betroffenen sterben wahrscheinlich 70 bis 90 %. Dabei ist der Wangenbrand durch bessere hygienische Verhältnisse und bessere Ernährung vermeidbar, in den Anfangsstadien durch Antibiotika beherrschbar.

Noma gehört nicht zu den klassischen Tropenkrankheiten. Fälle von Wangenbrand wurden auch während der letzten beiden Weltkriege in Konzentration- und Gefangenenlagern beobachtet. Unter den entsprechenden Bedingungen können auch Erwachsene erkranken.

Ursachen

Die Erreger der Erkrankung sind Bakterien, wie Borrelien und Fusobakterien. Voraussetzung dafür, dass die Krankheitskeime Geschwüre verursachen können, ist ein angeschlagenes Immunsystem sowie Mangelernährung (vor allem Fehlen von Vitaminen, Eiweiß und Elektrolyten) und ein schlechter Allgemeinzustand.

Krankheitsbild

Erste Anzeichen des Wangenbrandes sind Zahnfleischbluten und Mundgeruch. Auf der Mundschleimhaut bilden sich entzündliche Geschwüre (hart, knotig, rotblau), die sich immer weiter ausbreiten (bsp. auf Wange, Lippen).

Die betroffenen Areale des Gesichts schwellen an. Begleitend treten Fieber und Schmerzen auf. Es bildet sich Eiter. Der Mundgeruch wird unerträglich. Schließlich zersetzt sich das befallene Gewebe und stirbt ab. Die betroffenen Areale sind schwarz gefärbt umgeben von einer weißen Linie, die auf den nächsten Gewebeverlust hindeutet. Es kommt zu Löchern in den Wangen, das Gesicht verzieht sich und die Zähne liegen frei. Der Allgemeinzustand des Patienten verschlechtert sich bei diesem Prozess meist zusehends.

Das Öffnen des Mundes und damit auch die Nahrungsaufnahme fällt immer schwerer, da auch noch Kiefer- und Gesichtsknochen befallen werden können. Im Extremfall kann die Nahrung nicht mehr durch den Mund aufgenommen werden; ohne medizinische Hilfe verdursten oder verhungern die erkrankten Menschen. Heilt die Erkrankung ab, so sind die Betroffenen durch die Narbenbildung im Gesicht ein Leben lang entstellt; soziale Ausgrenzung kann die Folge sein.

Als Komplikation kann eine Blutvergiftung auftreten, die häufig tödlich endet. Lebenslimitierend wirkt sich auch eine spezielle Form der Lungenentzündung aus, die durch das Einatmen von Erbrochenem verursacht wird.

Diagnose

Die Diagnose ergibt sich aus den typischen Krankheitszeichen in Verbindung mit den prädisponierenden Faktoren, wie Mangelernährung, begleitenden Infektionskrankheiten und mangelnden hygienischen Verhältnissen.

Behandlung

In der Frühphase der Erkrankung, bei der nur Zahnfleischbluten und Mundgeruch auftreten, können vitaminreiche Ernährung und antiseptische Mundspülungen (Chlorhexidine, Metronidazol) die Erkrankung zum Stillstand bringen. Treten bereits Gesichtsschwellungen auf, muss unverzüglich mit einer auf den Erreger abgestimmten antibiotischen Therapie begonnen werden. Ausgedehnte Geschwürbildungen, abgestorbenes Gewebe und Probleme bei der Nahrungsaufnahme machen eine Notfallbehandlung mit Noternährung und Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes nötig. Mit einer gezielten Antibiotikabehandlung ist die Erkrankung aber noch beherrschbar. Eine ästhetische und funktionelle Rekonstruktion des Gesichts mithilfe einer Operation ist nötig, wenn weite Teile des Gesichts bereits zerstört sind. In den betroffenen Ländern fehlen dafür jedoch meist die Möglichkeiten.

Aussichten

Durch die entsprechende Ernährung und eine Verbesserung der hygienischen Verhältnisse wäre die Erkrankung gänzlich vermeidbar. Die Heilungsaussichten sind umso besser, je früher adäquat behandelt wird. Ohne ausreichende medizinische Versorgung liegt die Sterblichkeitsrate bei bis zu 90 %.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 20.04.2008