Adrenalin (Epinephrin)

Adrenalin ist ein lebenswichtiges Hormon, das – wie Noradrenalin und Dopamin – zu den Katecholaminen zählt. Die Katecholamine werden im Gehirn, im Nebennierenmark und in den sympathischen Nervenendigungen gebildet, Adrenalin vor allem im Nebennierenmark.

Adrenalin gilt als Stresshormon. Seine biologische Aufgabe ist es, in Gefahrsituationen schnell fliehen zu können oder kampfbereit zu sein. Es stellt dazu die benötigte Energie bereit.

Natürlicherweise kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung bei folgenden Ereignissen: körperlichem und seelischem Stress (starker körperlicher Anstrengung, Prüfungssituationen), bei Verletzungen, Infektionen und einem niedrigen Blutzuckerspiegel (Hypoglykämie).

Das Hormon wirkt auf vielfältige Weise:

  • Die Häufigkeit des Herzschlags und die Leistung des Herzens (Erhöhung des Herzminutenvolumens) nimmt zu.
  • Der Blutdruck steigt (oberer, systolischer Wert).
  • Die Skelettmuskulatur wird besser durchblutet.
  • Die Darmaktivität (Darmperistaltik) wird gehemmt.
  • Die Bronchien und die Pupillen weiten sich, Haare stellen sich auf.
  • Der Sauerstoffverbrauch und Stoffwechselaktivität (Fettsoffwechsel -> nicht essenzielle Fettsäuren im Blut steigen an, Stimulation der Glykolyse -> Glukose wird zur Energiegewinnung in den Zellen verbrannt) nimmt zu.
  • Der Blutzuckerspiegel erhöht sich aufgrund vielfältiger metabolischer Wirkungsweisen des Adrenalins: (Hemmung der Ausschüttung von Insulin, Förderung der Sekretion seines Gegenspielers Glukagon; verringerte Aufnahme von Glukose in den peripheren Geweben, Stimulation der Glukoneogenese).
  • Unruhe und Angst können auftreten.

Was ist der Anlass der Untersuchung?

In erster Linie dient die Bestimmung des Adrenalins der Suche nach einem Phäochromozytom, einem gutartigen Tumor des Nebennierenrindenmarks, der Adrenalin oder Noradrenalin in vermehrtem Maße produziert. Die Symptome des Tumors sind Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Herzklopfen, Blässe, Tremor (Zittern) Bauch- und Flankenschmerzen sowie leichten Schwindel. Zudem ist eine Hypertonie (= Bluthochdruck) zu beobachten, die auch anfallsweise auftreten kann. Der Blutdruck ist schwer mit Medikamenten einstellbar.

Allgemein können u. a. folgende Symptome eine Indikation zur Bestimmung der Katecholamine oder ihrer Abbauprodukte sein:

·      episodenhafte Blutdrucksteigerungen,

·      eine therapieresistente starke Blutdruckerhöhung,

·      paradoxe Blutdruckanstiege bei einer Therapie mit blutdrucksenkenden Medikamenten (ß-Blocker),

·      ein hoher Blutdruck bei der Therapie mit trizyklischen Antidepressiva.

Wo ist der Adrenalin-Wert messbar?

Adrenalin lässt sich im Blutplasma und im 24-Stunde-Sammelurin bestimmen. Aus dem Urin lassen sich zusätzlich – neben dem Abbauprodukt Metanephrin – noch die Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure ermitteln.

Was muss bei der Blutentnahme beachtet werden?

Wichtig ist es, im Vorhinein, bestimmte Störfaktoren der Untersuchungen auszuschließen. Sie betreffen die Bereiche Stress, Medikamente und Nahrungsmittel.

Werden die Katecholamine aus dem Blutplasma bestimmt, so ist bereits bei der Blutentnahme Folgendes zu beachten: Die Entnahme des Blutes sollte am liegenden Patienten erfolgen. Die Kanüle zur Blutentnahme muss bereits 20 bis 30 Minuten vorher gelegt werden. Denn sowohl bei der Venenpunktion, als auch beim Übergang vom Liegen zum Stehen kommt es zu einem Anstieg der Katecholamine. Außerdem sollten die Werte immer zu einer bestimmten Tageszeit und nicht nach größeren Mahlzeiten entnommen werden.

Bei der Sammlung von Urinproben muss man berücksichtigen, dass starke körperliche Arbeit zu einem Anstieg des Adrenalins führt.

Medikamente, welche die Katecholaminwerte beeinflussen, sind unter anderem: Theophyllin, L-Dopa, MAO-Hemmer und trizyklische Antidepressiva. Katecholamine können auch in Nasentropfen, Appetitzüglern, Hustentropfen und Bronchien erweiternden Medikamenten enthalten sein. Die Einnahme der Medikamente sollte eine Woche vor dem Test eingestellt werden (Rücksprache Arzt!) oder muss dem behandelnden Mediziner zumindest bekannt sein.

Unmittelbar vor der Untersuchung muss auf sportliche Aktivität und den Genuss von Alkohol, Kaffee – auch von entkoffeiniertem Kaffee – und Nikotin verzichtet werden.

Was sind die Referenz-/Normalwerte für Adrenalin?

1. Aus dem 24-Stunden-Sammelurin (Methode HPLC-ECD)

Erwachsene: bis 0,15 µmol/24 h oder bis 27 µg/24 h.

2. Aus dem Blutplasma (Methode EDM), freies Adrenalin

Erwachsene: 0,02 – 0,45 nmol/l oder 3,5 – 81,8 ng/l

Was kann ein erhöhter Adrenalin-Wert bedeuten?

Erhöhte Werte kommen bei Adrenalin-produzierenden Tumoren, wie dem Phäochromozytom, vor.

Weitere Faktoren sind: Stress, Medikamente (siehe oben), Unterzucker, Alkohol sowie Kaffe- und Teegenuss oder der Verzehr von Schokolade und Bananen.

Was kann ein erniedrigter Adrenalin-Wert bedeuten?

Verminderte Adrenalinwerte gelten als möglicher Hinweise auf einen Funktionsverlust der Nebennieren. Weitere Faktoren können bestimmte Medikamente sein (Clonidin, Reserpin, Guanethidin -> ß-Adrenorezeptorenblocker).

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 02.01.2009