Homöopathie

Die Homöopathie stellt eine der bekanntesten Methoden der Alternativmedizin dar. Begründer war der aus Sachsen stammende Arzt Samuel Hahnemann. Bei der Homöopathie werden nicht nur die Symptome einer Krankheit therapiert, sondern es handelt sich um eine ganzheitliche Behandlungsmethode. In die Behandlung fließen neben dem akuten Erkrankungsbild auch die ererbten und erworbenen Vorbelastungen mit ein, sogenannte Miasmen, sowie die Konstitutionstypen, die Gemütsverfassung und die Lebensgewohnheiten.

Die homöopathische Lehre geht davon aus, dass die Krankheitssymptome Ausdruck der Selbstheilung des menschlichen Organismus sind. Zur Unterstützung der Selbstheilungskräfte und somit zur Genesung werden Mittel verabreicht, die beim gesunden Menschen ähnliche Krankheitszeichen hervorrufen. Man nennt dies die Ähnlichkeitsregel oder das Simile-Prinzip, das heißt, Ähnliches mit Ähnlichem heilen (Similia similibus curentur). So wird beispielsweise bei Schlaflosigkeit und nervöser Unruhe Coffea (Kaffee) in bestimmten Aufbereitungen eingesetzt, eine Substanz, die genau diese Symptome hervorrufen kann.

Weitere Grundpfeiler der homöopathischen Lehre sind die Arzneimittelbilder und die Potenzen der verabreichten Mittel. Unter Ersterem versteht man das Wirkprofil homöopathischer Arzneimittel. Die Potenz stellt das Maß für die in dem Arzneimittel enthaltene Arzneikraft dar. Von ihr hängt die optimale Wirkung des Mittels ab. Unter Potenzieren versteht man die Verdünnung und Verschüttelung eines Heilstoffes, was zu einer Verstärkung seiner heilenden Kraft führen soll.

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Geschichte der Homöopathie

Der Arzt Samuel Hahnemann (1755 – 1843) ist der Begründer der Homöopathie. Als Geburtsstunde der Homöopathie gilt sein „Chinarindenversuch“. Bei der Übersetzung der Arzneimittellehre des schottischen Arztes William Cullen, stieß Hahnemann auf Erklärungen zur Wirkungsweise von Heilmitteln (1790). So dachte Cullen, die Wirksamkeit der Chinarinde bei Malaria beruhe auf den in ihr enthaltenen Bitterstoffen. Hahnemann zog dies in Zweifel. In einem Selbstversuch nahm er mehrmals Chinarindenextrakt zu sich und bekam typische Malariasymptome, wie Fieber, Schüttelfrost und Schwächeanfälle. Die Arznei rief also beim gesunden Menschen genau die Krankheitszeichen hervor, die sie beim Kranken heilen sollte. Im Laufe der nächsten Jahre testete er weitere unterschiedliche Substanzen, die beim Gesunden Symptome hervorriefen, die sie beim Kranken heilen sollten. Darauf veröffentlichte er 1796 erstmalig die Ähnlichkeitsregel (Simile-Prinzip).

In seinem Werk „Organon der rationellen Heilkunde“ stellte er die Homöopathie als die einzig wahre Heilkunst dar. Dementsprechend umstritten war sein Werk bei der Ärzteschaft in jener Zeit (und auch noch heute).

Außerdem prägte er den Begriff Allopathie. Damit fasste er die Methoden der klassischen Schulmedizin zusammen, bei der Erkrankungen mit Substanzen behandelt werden, die sich direkt gegen die Symptome der Erkrankung richten. Demgegenüber stellte er seine eigene Lehre – die Homöopathie, die nach dem Simile-Prinzip arbeitet.

Erklärungsansatz der Wirkungsweise

Hahnemann vertrat die Ansicht, dass jeder Mensch über eine unsichtbare Energie verfügt, die den Körper in physischem und psychischem Einklang hält. Er nannte diese Energie „Dynamis“ oder „Lebenskraft“.

Wird diese Kraft geschwächt, so können sowohl körperliche als auch seelische Beschwerden auftreten. Für gewöhnlich ist der menschliche Organismus in der Lage, die Lebenskraft wieder zu harmonisieren. Ist die Dynamis jedoch zu sehr geschwächt, so wird der Mensch krank. In diesem Fall braucht er einen Anstoß in Form eines passenden homöopathischen Mittels, damit seine körpereigenen Selbstheilungskräfte optimal stimuliert werden. Der Körper heilt sich also aus eigener Kraft.

Anwendungsbereiche der Homöopathie

Die wichtigsten Anwendungsbereiche bei chronischen Leiden sind: rheumatische Erkrankungen, Neurodermitis, Allergien, Migräne, Verdauungsbeschwerden, Nasennebenhöhlenentzündungen, Menstruationsbeschwerden und PMS sowie depressive Verstimmungen und Schlaflosigkeit.

Indikationen für akute Erkrankungen sind: grippale Infekte, Schnupfen, Husten, Fieber, Schmerzen, leichte Verletzungen, Entzündungen, Prellungen, Zerrungen; bei Babys auch Beschwerden wie Blähungen oder Zahnen.

Behandlung Homöopathie

Der Umfang einer Behandlung durch einen klassischen Homöopathen hängt wesentlich davon ab, ob es sich um ein akutes Leiden oder eine chronische Krankheit handelt. Die Therapie letzterer ist wesentlich aufwendiger. Es gilt das Mittel herauszufinden, das ganz speziell auf das Leiden des Patienten zugeschnitten ist.

Die Behandlung findet in folgenden Stufen statt:

  1. Erstanamnese: Die Befragung zur Krankengeschichte – speziell die Erstanamnese – dauert bei einem klassischen Homöopathen (homöopathisch ausgebildeter Arzt oder Heilpraktiker) einige Zeit. Man kann gut drei Stunden dafür ansetzten. Der Patient schildert dabei nicht nur die akuten Beschwerden, sondern er wird auch zu Themen gefragt, die vordergründig erst einmal nichts mit der Erkrankung zu tun haben (Stimmung, Gefühle, Vorlieben, Abneigungen beim Essen und Trinken). Schließlich werden auch alle bisherigen körperlichen Erkrankungen und Beschwerden aufgenommen. Auch Erkrankungen der unmittelbaren Verwandten (Großeltern, Eltern, Geschwister) werden erfasst.Teilweise erhält der Patient vorab vom Homöopathen einen Fragenkatalog, damit er die gewünschten Informationen vor dem Anamnesegespräch bereits eruieren kann. Bei akuten Erkrankungen erfolgt dieses Gespräch natürlich nicht in dieser Ausführlichkeit, sondern der Homöopath wählt anhand einiger charakteristischer Veränderungen, die durch die Krankheit hervorgerufen werden, das entsprechende Mittel (Simile) aus.
  2. Körperliche Untersuchung: Sie erfolgt in der Regel nach dem ausführlichen Gespräch; jedoch erfolgt eine körperliche Untersuchung nicht immer.
  3. Repertorisation: Dabei kann es sich um eine sehr aufwendige Arbeit des Homöopathen handeln. In einem homöopathischen Nachschlagewerk – dem Repertorium – müssen die wichtigen Symptome nachgeschlagen werden und die Beziehung zum richtigen Arzneimittel herausgefunden werden.
  4. Kontakt nach Einnahme: Nach der Einnahme des ausgesuchten Mittels steht der Patient in Kontakt zum Homöopathen, um die Wirkung des Mittels zu beurteilen.
  5. Die Wirkung des Mittels – auch wenn das richtige gewählt wurde – tritt nicht immer sofort ein. Auch ist es möglich, dass sich der Gesundheitszustand vorübergehend verschlechtert (Erstreaktion, Erstverschlimmerung). Zur Sicherheit Rücksprache mit dem Homöopathen halten!
  6. Bei der Einnahme von homöopathischen Mitteln müssen bestimmte Regeln eingehalten werden. So kann die Wirkung bestimmter Arzneien bsp. durch den Genuss von Kaffee oder Tee oder auch bestimmte ätherische Öle gestört werden. Für gewöhnlich wird man jedoch sehr genau unterwiesen, wie das Mittel einzunehmen ist.
    Da das betreffende Mittel unter Berücksichtigung von vielen Parametern (akute Symptome, Lebensumstände, Konstitution, Vorgeschichte, Gemütszustand des Patienten) ermittelt wird, können Menschen mit gleichen Symptomen unterschiedliche Mittel erhalten. Aufgrund der komplexen Ermittlung des wirksamen Mittels wird von einer Selbstbehandlung eher abgeraten.

Die homöopathischen Arzneimittel

Rohstoffe, Darreichungsformen, Potenzen

Die Rohstoffe für homöopathische Arzneimittel können Heilkräuter, Metalle, Mineralien, Krankheitserreger oder sogar Gifte sein, die in spezieller Weise aufbereitet werden. Die Mittel werden meist in Form von Tropfen oder Globuli (stecknadelkopfgroße Kügelchen) angeboten. Daneben sind auch Salben, Zäpfchen, Augen- und Nasentropfen sowie Injektionen möglich.

Die Ursubstanzen oder Urtinkturen werden mit Alkohol oder Milchzucker verdünnt und dabei verschüttelt oder zerrieben. Man spricht auch von Potenzieren. Die genaue Herstellung der Urtinkturen und ihrer Potenzierung erfolgt nach dem Homöopathischen Arzneibuch (HAB).

In der Homöopathie gibt es sogenannte D-, C- und LM-Potenzen. Die Bezeichnung richtet sich nach den Verdünnungsschritten, mit denen die Ausgangssubstanz verdünnt wird.

D-Potenzen werden immer im Verhältnis 1:10 verdünnt, C-Potenzen im Verhältnis 1:100 und LM oder Q-Potenzen im Verhältnis 1:50 000.

Zur Bereitung eine D1 Potenz nimmt man 1 Tropfen der Ausgangssubstanz und vermischt sie mit neun Tropfen einer Wasser-Alkohol-Mischung. Zur Herstellung einer D2-Potenz entnimmt man der D1-Mischung wieder einen Tropfen und gibt neun Tropfen einer Wasser-Alkohol-Mischung dazu.

Wichtig ist es bei jedem Verdünnungsschritt, das Mittel aufzuschütteln. Hahnemann nannte diesen Vorgang auch Dynamisierung. Er beobachtete, dass sich die Wirkung der Substanz mit jedem Schritt verstärkte, obwohl die Stoffkonzentration verringert wurde. Der Grund, der ihn veranlasste, die Substanzen zu verdünnen, war die bisweilen starke Erstreaktion (kurzzeitige Verschlechterung des Gesundheitszustandes) nach der Einnahme der Mittel.

Genau diese starke Verdünnung, bei der rein rechnerisch von der Ausgangssubstanz bei hohen Verdünnungen kein Ursprungsmolekül mehr in der Tinktur vorhanden ist, stellt einen Hauptkritikpunkt an der Homöopathie dar.

Anwendung der Potenzen

Sehr hohe Potenzen werden vor allem bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen eingesetzt. Sie entfalten ihre stärkste Wirkung auf energetisch-geistiger Ebene und dienen nicht der Selbstbehandlung. Niedrige Potenzen dagegen haben ihre stärkste Wirkung auf körperlicher Ebene.

Rechtliches

Auch die homöopathischen Arzneien unterliegen dem Arzneimittelgesetz. Sie werden analytisch geprüft und auf schädigende Wirkungen untersucht. Zudem werden sie an gesunden Menschen getestet.

Jedoch haben sie meist einen Sonderstatus. Sie werden nur registriert, aber nicht zugelassen. Auch sucht man vergebens nach einer Indikationsliste für das entsprechende Mittel auf einem Beipackzettel. Die Anwendung der Mittel müssen individuell von einem Arzt ermittelt werden.

Zudem erfolgt keine den allopathischen Medikamenten vergleichbare Wirksamkeitsprüfung, da die homöopathischen Mittel bei jedem Menschen verschiedene Wirkungen erzielen können.

Risiken, Nebenwirkungen, sonstige Beurteilung

Bei fachgerechter Anwendung sollen keine Nebenwirkungen auftreten. Jedoch gilt auch hier der Satz: Alles, was wirkt, hat auch Nebenwirkungen. Schädlich kann sich auswirken, die Mittel nach nicht nachvollziehbaren Merkmalen anzuwenden oder mehrere Mittel wahllos – womöglich auch noch in hohen Potenzen – einzunehmen.

Eine Selbstbehandlung in Akutfällen sollte – wie in der Schulmedizin – allenfalls bis zum Eintreffen eines Arztes geschehen.

Der wissenschaftliche Wirkungsnachweis konnte bis jetzt nicht erbracht werden, wobei die Schulmedizin von einem Placebo-Effekt ausgeht. Demgegenüber stehen neue Erklärungsmodelle von homöopathischen Forschern.

Wie findet man den richtigen Homöopathen?

Homöopathische Mittel dürfen von jedem Arzt oder Heilpraktiker verordnet werden. Die ärztliche Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ erfordert jedoch eine klinische Ausbildung in Kombination mit der Teilnahme an speziellen Ausbildungsseminaren mit 160 Unterrichtsstunden. Ein Heilpraktiker sollte Mitglied im Verband klassischer Homöopathen Deutschlands (VKHD) sein, der von seinen Mitgliedern eine fundierte Ausbildung verlangt.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009