Unter Insulin versteht man zum einen das von der Bauchspeicheldrüse natürlich gebildete Hormon, zum anderen meint man mit dem Begriff „Insulin“ auch die äußerlich zugeführten Insuline zur Behandlung eines Insulinmangels. Dabei unterscheidet man die äußerlich verabreichten Insuline hinsichtlich ihrer Gewinnung sowie nach ihrer Wirkdauer und Wirkweise (Wirkprofil).
1. Gewinnung
Früher wurden insulinabhängigen Diabetikern mit einem natürlichen Extrakt, den man aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern oder Schweinen herstellte, behandelt. Rinder- und Schweineinsulin unterscheiden sich in ihrer Struktur nur in wenigen Eiweißbausteinen vom menschlichen Insulin. Trotzdem führten diese Insulinarten häufig zu Abwehrreaktionen und Unverträglichkeiten. Heutzutage werden die tierischen Insuline daher nur noch sehr eingeschränkt verwendet.
Zum Einsatz kommt hauptsächlich synthetisch hergestelltes Humaninsulin, dass durch zwei verschiedene Verfahren hergestellt werden kann. Zum einen verwendet man Schweineinsulin und ersetzt labortechnisch die Aminosäure, die sich vom Humaninsulin unterscheidet. Bei biotechnologischen Verfahren mit Hefepilzen oder Bakterien wird das Insulin neu synthetisiert.
2. Insulinarten
Sehr kurz wirksames Insulin – Analoginsulin
Die neuesten Entwicklungen auf dem Markt sind Analoginsuline. Sie werden künstlich hergestellt und ähneln dem Humaninsulin von der Struktur her weitestgehend. An einer Stelle im Molekül jedoch sind sie so verändert (zwei Aminosäuren miteinander vertauscht), dass die Wirkung viel schneller eintritt, als bei anderen kurz wirksamen Insulinen (Normalinsulin). Das Analoginsulin wirkt bereits circa zehn Minuten nach der Injektion und entfaltet seinen Wirkungshöhepunkt schon nach einer Stunde. Daher muss der so genannte Ess-Spritz-Abstand nicht eingehalten werden (siehe unten). Die Wirkung lässt dafür auch schnell wieder nach und hört bereits zwei bis drei Stunden nach der Zufuhr des Insulins auf. Der Vorteil dieser Insuline wird darin gesehen, dass der Patient – ohne zeitliche Verzögerung -genau auf sein Essverhalten abgestimmt mit dem Insulin reagieren kann. Die kürzere Wirkdauer – im Gegensatz zum Normalinsulin – verringert auch bei einigen Menschen die Wahrscheinlichkeit zu unterzuckern.
Kurz wirksame Insuline – Normalinsulin (Altinsulin)
Mit Normalinsulin oder Altinsulin bezeichnet man eine der ersten Generationen der Insuline. Aus ihnen wurden andere, modernere Insuline entwickelt. Das Humaninsulin, welches in seinem molekularen Aufbau genau dem menschlichen Insulin entspricht und die kaum mehr verwendeten Schweine- und Rinderinsuline gehören zu den Normalinsulinen.
Letztere sind kurz wirksame Insuline. Der Wirkungseintritt findet bereits nach 15 bis 30 Minuten statt. Ihr Wirkungshöhepunkt ist nach ungefähr zwei Stunden erreicht. Die Wirkungsdauer hält vier bis sechs Stunden an. Ihr Wirkungseintritt ist aber nicht so schnell, wie das von einem Nicht-Diabetiker nach dem Essen von der Bauchspeicheldrüse direkt ins Blut abgegebene Insulin. Das ins Fettgewebe gespritzte Humaninsulin wird – trotz identischen Aufbaus – langsamer vom Körper aufgenommen. Daraus ergibt sich der verzögerte Wirkungseintritt von 15 bis 30 Minuten.
Um den Blutzuckerspiegel nach dem Essen nicht zu stark ansteigen zu lassen, müssen die Normalinsuline bereits 15 bis 30 Minuten vor der Nahrungsaufnahme injiziert werden. Die kurz wirksamen Insuline finden bei vielen Therapieformen Anwendung. Beispiele sind die Insulinpumpentherapie und die intensivierte konventionelle Therapie. Die Normalinsuline werden aber auch bei Notfallbehandlungen (Hyperglykämie, diabetisches Koma) und bei größeren Operationen von Typ-2-Diabetikern eingesetzt.
Verzögerungs- oder Depotinsuline
Verzögerungsinsuline sind mittellang oder lang wirkende Insuline, denen eine bestimmte Substanz zugesetzt ist, die ihre Freisetzung aus dem Fettgewebe und damit ihren Eintritt in die Blutbahn verzögern.
Die mittellang wirkenden Insuline oder Intermediärinsuline haben eine Wirkdauer von 9 bis 18 Stunden. Kombiniert man das Insulin mit Protamin, Zink oder Surfen, so erhöht sich die Wirkdauer des Insulinpräparates. Einer der wichtigsten Vertreter ist das NPH-Insulin (= Neutrales-Protamin-Hagedorn-Insulin). Es ist ein Humaninsulin, das an Protamin gebunden ist. Seine Wirkdauer umfasst 10 – 12 Stunden. Zinkverzögerte Insuline haben eine Wirkdauer von 8 – 20 Stunden. Bei diesen Humaninsulinen führt das Zink zu einer speziellen räumlichen Anordnung, die zur verzögerten Freisetzung beiträgt.
Depotinsulinen ist die Verzögerungssubstanz Surfen beigefügt. Ihre Wirkdauer kann 14 – 18 Stunden betragen. Neuere Entwicklungen sind so genannte Analoginsuline (Insulinanalogon), die eine Wirkdauer von 24 Stunden aufweisen können. Sie haben im Vergleich zu den lang wirksamen Humaninsulinen ein gleichförmigeres und längeres Wirkungsprofil. Diese Merkmale reduzieren – vor allem in der Nacht – die Fälle von Unterzuckerungen und führen zu niedrigeren Nüchternblutzuckerwerten. NPH-Insuline werden bei der intensivierten konventionellen Insulintherapie zur Deckung des basalen Insulinbedarfs eingesetzt. Auch bei der Behandlung des Insulinmangels bei länger bestehendem Typ-2-Diabetes können diese Insulinpräparate in Verbindung mit oralen Antidiabetika Anwendung finden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die konventionelle Therapie, da man diese Intermediärinsuline mit Normalinsulin mischen kann.
Mischinsuline
Unter Mischinsulinen versteht man eine Kombination aus Normal- und NPH-Verzögerunginsulinen. Es gibt sie als fertig vorbereitete Insulinmischungen in Fertigspritzen, sie können aber auch selbst gemischt werden und den Bedürfnissen des Patienten selbstständig angepasst werden. Mischinsuline kommen in der konventionellen Insulintherapie zum Einsatz. Meist wird das Insulinpräparat morgens und abends vor den Mahlzeiten verabreicht. Eine weitere Injektion eines Misch- oder Normalinsulins am Mittag kann gelegentlich zur Blutzuckereinstellung notwendig sein.