Je nach Stadium der Erkrankung kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz. Die Grundlage der Behandlung bilden die sogenannten Antidementiva. Diese Medikamente sollten in der Lage sein, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Die geistige Leistungsfähigkeit soll durch sie gesteigert und Verhaltensauffälligkeiten positiv beeinflusst werden. Die Wirkung kann oft nicht individuell vorhergesagt werden, wodurch das passende Medikament evtl. durch Ausprobieren ermittelt werden muss.
Vor allem in der Frühphase der Erkrankung spielen auch die Antidepressiva eine Rolle. Sie können eine Depression, die ein Frühsymptom der Demenz sein kann, lindern oder zum Verschwinden bringen.
Eine weitere Gruppe an Medikamenten, die sogenannten Neuroleptika, werden vor allem bei Schlaf- und Verhaltensstörungen sowie bei einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus eingesetzt.
1. Cholinesterase-Hemmer
Wirkungsmechanismus
Die sogenannten „Cholinesterase-Hemmer“ gehören zu den Antidementiva. Bekannt ist, dass durch den Untergang von Nervenzellen der Botenstoff Acetylcholin nicht mehr in ausreichendem Maße gebildet wird. Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen ist dadurch gestört, was sich vor allem auf die Gedächtnisleistung auswirkt. Was liegt also näher, als dem Gehirn den Botenstoff zuzuführen.
Dies kann bewerkstelligt werden, indem man sein abbauendes Enzym – die Cholinesterase – hemmt. Somit steht wieder mehr Acetylcholin zur Verfügung.
Allerdings ergibt sich die Wirkungsbeschränkung dieser Medikamente aus dem Krankheitsverlauf. Wenn sehr viele Nervenzellen untergegangen sind, kann auch ein größeres Angebot an Acetylcholin die Defizite nicht mehr ausgleichen.
Wirkstoffe und Handelsnamen
Die derzeit gängigen Acetylcholinesterase-Hemmer sind Donepezil (Aricept), Galantamin (Reminyl) und Rivastigmin (Exelon).
Die Substanzen weisen leichte Unterschiede in der Wirkungsweise auf und variieren auch etwas im Nebenwirkungsprofil. Sie blockieren das Enzym Cholinesterase unterschiedlich lange und verweilen verschieden lange im menschlichen Organismus. Daran orientiert sich die Häufigkeit der Einnahme.
Wirkung
Die geistige Leistungsfähigkeit kann sich verbessern und auch die Fähigkeiten, den Alltag selbstständig zu bewältigen, werden positiv beeinflusst. Auch wenn diese Effekte im Ausmaß nicht allzu gravierend sind, so kann doch festgestellt werden, dass das allgemeine Befinden des Patienten unter der Medikation besser sein kann, als ohne die Mittel.
Gegenanzeigen
Schwere Leberfunktions- und Nierenfunktionsstörungen können eine Kontraindikation für die Verordnung darstellen. Eine sehr genaue Nutzen-Risiko-Abschätzung muss der behandelnde Mediziner in folgenden Fällen vornehmen:
- Der Betroffene leidet unter einer Reizleitungsstörung des Herzens (Sick-Sinus-Syndrom).
- Es wird Asthma oder eine Verengung der Bronchien diagnostiziert.
- Der Erkrankte hat ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür oder eine Verengung im Magen-Darm-Trakt bzw. eine Operation in diesem Körperbereich.
- Der Patient wurde bereits an der Blase operiert oder die ableitenden Harnwege sind verengt.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen sind in etwa bei allen drei Wirkstoffen gleich. Graduelle Unterschiede bestehen. Am häufigsten treten Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auf. Weniger häufig lassen sich Bauchschmerzen, Muskelkrämpfe, Schlafstörungen oder Müdigkeit bzw. Appetitminderung und Gewichtsabnahme beobachten.
Die unerwünschten Nebenwirkungen lassen sich durch eine einschleichende Dosierung häufig vermeiden. Damit meint man, dass erst mit einer niedrigen Tagesdosis begonnen wird, die man dann langsam steigert, bis die gewünschte Tagesdosis erreicht ist. Das „Einschleichen“ kann einige Wochen dauern, trägt aber zu einer besseren Verträglichkeit der Medikamente bei.
Wann sollte bei der Einnahme der beschriebenen Medikamente sofort der Arzt aufgesucht werden?
Sofort sollte man den Arzt aufsuchen, bei:
- schweren Durchfällen
- Herzrhythmusstörungen
- Stürzen (mit Verletzungen)
- Verwirrtheitszuständen
- Harnverhalt (Schwierigkeiten beim Wasserlassen)
- Brennen beim Wasserlassen.
2. Glutamatrezeptorantagonisten – Memantin
Wirkmechanismus
Neben dem Acetylcholin spielt auch der Botenstoff Glutamat eine Rolle bei der Alzheimerkrankheit. Wichtig für eine optimale Gehirnfunktion ist die Balance von verschiedenen Botenstoffen im Gehirn, zu denen auch das Glutamat gehört. Steigt im Gehirn in nur geringen Mengen die Glutamatkonzentration an, so kann dies fatale Folgen für noch intakte Zellen haben. Es wird eine ganze Kaskade schädigender Einflüsse angestoßen, die im Endeffekt den Untergang der Nervenzelle bedingen.
Der Ansatz für die Behandlung ist Folgender: Da ein Zuviel an Glutamat freigesetzt wird, muss man die noch gesunden Zellen davor beschützen. Die Wirkung des Glutamats kann sich jedoch – wie bei anderen Botenstoffen auch – nur entfalten, wenn es an seinen Rezeptor bindet. Um die überschießende Glutamatwirkung zu reduzieren, aber nicht völlig zu unterbinden, muss man die Rezeptoren für Glutamat unvollständig blockieren.
Medikamente, die einen bestimmten Rezeptor blockieren, also die Andockstellen für die Botenstoffe, werden als Rezeptorantagonisten bezeichnet.
Im Falle des Glutamats muss solche ein Rezeptorantagonist Folgendes leisten: Er muss die Bindungsstelle – den Rezeptor – in der Weise besetzen, dass sich das Glutamat nicht mehr dort anlagern kann, und darf natürlich nicht die gleiche Wirkung wie das Glutamat haben. Gleichzeitig darf seine blockierende Wirkung nicht so groß sein, dass die positiven Auswirkungen des Glutamats auf das Lernen und Gedächtnis völlig unterdrückt werden.
Ein Wirkstoff, der diese Anforderungen erfüllt, wird als Memantin bezeichnet.
Wirkstoff und Handelsnamen
Memantin ist unter den Präparatenamen Ebixa und Axura bekannt. Die Substanz kann bei mäßiger bis schwerer Demenz wirksam sein. Außerdem ist eine Wirkungsverstärkung beobachtet worden, wenn Memantin mit Donepezil (Acetylcholinesterasehemmer) zusammen eingenommen werden.
Wirkung
Der Wirkstoff verbessert die Denk- und Handlungsleistung der Betroffenen. Die Krankheit kann durch Memantine aber nicht geheilt werden, sondern es wird nur der Fortschritt der Alzheimererkrankung verlangsamt.
Seine Wirkung beruht auf einem gewissen Schutz der Nervenzellen. Man weiß, dass stark aktivierte Nervenzellen schneller absterben, als weniger erregte. Ein Nervenzellaktivator ist das Glutamat. Memantin hindert das Glutamat daran, die Nervenzellen zu erregen, da es sich an die Glutamatbindungsstelle an den Nervenzellen festsetzt. Der Nerv kann nur noch schwer aktiviert werden und stirbt daher nicht ab.
Gegenanzeigen
Bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen oder frischem Herzinfarkt ist Memantin kontraindiziert. Patienten, die unter Epilepsie, einem erhöhten Epilepsierisiko, Harnwegsinfektionen, Herzmuskelschwäche oder unkontrolliertem Bluthochdruck leiden, sollten unter der Therapie mit Memantin haltigen Präparaten sorgfältig ärztlich überwacht werden.
Eine sorgfältige ärztliche Überwachung ist auch nötig, wenn der Patient unter Erkrankungen leidet, die den pH-Wert des Urins verändern, oder bei der übermäßigen Einnahme von Säure bindenden Mitteln sowie bei der Umstellung auf vegetarische Kost.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Die gleichzeitige Einnahme von Memantin und Mitteln, welche die Wirkstoffe Amantadin, Ketamin oder Dextromethorphan (enthalten in frei verkäuflichen Hustenblockern), sollte vermieden werden. Unerwünschten Wirkungen auf das Zentralnervensystem könnten sich verstärken. Es besteht die Gefahr des Auftretens von Psychosen.
Wird Memantin gleichzeitig mit L-Dopa haltigen Mitteln (bsp. im Rahmen einer Parkinsonkrankheit) eingenommen, so kann eine Wirkungsverstärkung von L-Dopa eintreten. Dies muss beachtet werden, wenn eine gleichzeitige Behandlung der Alzheimerdemenz und der Parkinsonkrankheit notwendig ist.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Der Wirkstoff Memantin (10 mg von Axura oder Ebixa) ist im Allgemeinen sehr gut verträglich. Mögliche Nebenwirkungen sind:
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Verstärkung von Verwirrtheitszuständen (meist nur zu Beginn der Behandlung)
- Halluzinationen
- Psychosen.
Bei Psychosen und Halluzinationen (Trugwahrnehmungen) muss sofort der Arzt konsultiert werden.
Ein weiterer Wirkstoff – Ginkgo biloba
Ein Therapieversuch mit Ginkgo biloba kommt evtl. in Frage, wenn die oben beschriebenen Antidementiva nicht zur Anwendung kommen können. Der Handelsname eines Präparates, welches Ginkgo biloba enthält, ist beispielsweise Alz. Unerwünschte Nebenwirkungen können Magen-Darm-Störungen und selten Blutungen sein. Vorsicht ist bei diesem Wirkstoff bei der gleichzeitigen Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten geboten.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011