Der Pflegeantrag

Um Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Grundsätzlich gilt als Kriterium für den Erhalt der Leistung, dass ein erheblicher oder höherer Hilfebedarf bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens besteht. Die Dauer für diesen erhöhten Hilfebedarf muss mindestens sechs Monate betragen.

Woher bekomme ich den Antrag?

Den Antrag bekommen Sie bei Ihrer Pflegekasse. Die Pflegekasse befindet sich bei Ihrer Krankenkasse. Das Antragsformular kann man bsp. bei der Pflegekasse abholen oder dort auch telefonisch bestellen. Es sind auch Mustervorlagen im Internet erhältlich. Oft schickt die Pflegekasse dem Antragsteller nach einem formlosen Antrag ein Antragsformular zu.

Ab wann besteht Leistungsanspruch?

Werden Leistungen durch die Pflegekasse genehmigt, so besteht Leistungsanspruch ab dem Eingang des ersten formlosen Antrags. Der Eingang des 1. Antrags ist also wichtig, auch wenn er zunächst formlos gestellt wurde!

Wichtig zu wissen ist auch, dass die Standardformulare der Pflegeversicherung vom Antragsteller nachträglich geändert werden können, bsp. wenn sich der Antragsteller erst über die möglichen Leistungen informieren muss, aber den Antrag so schnell wie möglich einreichen will. (Eine Änderung dahingehend, dass man statt Geldleistungen doch Sachleistungen beanspruchen will, ist möglich.) Jedoch sollte man sich vor Antragstellung im Klaren sein, ob die Pflege in einem Pflegeheim (stationär) oder in häuslicher Umgebung (ambulant) stattfinden soll.

Muss der Antrag selbst gestellt werden?

Die Antragstellung kann auch ein Familienangehöriger, Nachbar oder guter Bekannter für den Pflegebedürftigen übernehmen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Pflegebedürftige ihm dafür eine Vollmacht erteilt.

Was beinhaltet ein Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung?

  • Adressfeld für die Pflegekasse (Name, Adresse der Kasse);
  • Angaben zum Versicherten: Name, Vorname, Geburtsdatum, Straße, Hausnummer, Versicherungsnummer, Postleitzahl, Wohnort und Telefon;
  • Handelt es sich um einen Erstantrag oder einen sogenannten Höherstufungsantrag?
  • Welche Leistungen (Sach-, Kombinations-, oder Geldleistungen) werden bei welcher Pflegeform (häuslicher oder stationärer Pflege) beantragt? (Die Leistungsarten werden genau in weiteren Kapiteln ausgeführt).
  • Angaben zur Beihilfe, falls der Pflegebedürftige beihilfeberechtigt ist.
  • Angabe von anderen Leistungsträgern. Ist die Pflegebedürftigkeit beispielsweise auf einen Unfall zurückzuführen, so wäre die jeweilige Unfallversicherung oder die Berufsgenossenschaft zuständig.
  • Angaben, wer bis jetzt die Pflege durchgeführt hat. Hier sind die vorhandene(n) Pflegeperson(en) anzuführen, aber auch der Pflegedienst.
  • In welchen Bereichen besteht Pflegebedarf? In Frage kommen die Bereiche Körperpflege, Ernährung, Mobilität oder hauswirtschaftliche Versorgung, evtl. sonstige Leistungen.
  • Bankverbindung (Kreditinstitut, Blz., Kontonr., Kontoinhaber). Dies ist notwendig für die Überweisung der genehmigten finanziellen Leistungen, in der Regel das Pflegegeld, aber auch die gestatteten Kosten der Betreuungsleistungen.
  • Name und Adresse des behandelnden Hausarztes oder Facharztes; zudem die Einverständniserklärung, dass der Medizinische Dienst die medizinische Daten (bsp. ärztliche Berichte, Gutachten, Befunddokumentationen) abfragen darf.
  • Einverständniserklärung zum Hausbesuch durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen.
  • Außerdem ist anzugeben, ob die Pflegeperson(en) Pflegezeit beim Arbeitgeber beantragt hat / haben.
  • Datum und die Unterschrift des Antragstellers.

Was tun, wenn man beim Ausfüllen des Antrags Hilfe benötigt?

Seit dem 1. Januar 2009 gibt es den gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung (siehe auch Kapitel weiter unten). Solch eine Beratung führen speziell qualifizierte Pflegeberaterinnen und Pflegeberater durch. In der Regel sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegekassen.

Daneben werden in ganz Deutschland sogenannte Pflegestützpunkte aufgebaut, in denen man Hilfe finden kann. (siehe auch den Punkt Pflegeberatung / Pflegestützpunkt)

Wenn Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragt werden, haben die Pflegekassen die Pflicht, darüber zu informieren, wo sich der nächste Pflegestützpunkt befindet und welche Pflegeberaterin oder Pflegeberater für sie zuständig ist.

Wer bekommt den ausgefüllten Pflegeantrag?

Der ausgefüllte Pflegeantrag muss an die Pflegekasse geleitet werden (schicken, selbst vorbeibringen). Eine zusätzliche ärztliche Bescheinigung wird nicht benötigt. Privat Versicherte stellen den Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen.

Was passiert nach der Antragstellung?

Sobald der Antrag bei Ihrer Pflegeversicherung gestellt ist, beauftragt diese den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt den sozialmedizinischen Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dar. Er überprüft im Auftrag der Pflegekassen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind. Zudem eruiert er, wie hoch der Pflegeaufwand ist und welche Stufe der Pflegebedürftigkeit (siehe auch Kapitel Pflegestufen) vorliegt.

Bei knappschaftlich Versicherten fertigt das Gutachten der Sozialmedizinische Dienst (SMD) an. Bei Privatversicherten erfolgt die Begutachtung durch „MEDICPROOF“.

Die Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt in der Regel im Rahmen eines zuvor angemeldeten Hausbesuchs durch einen Gutachter. Dies kann ein Arzt oder eine Pflegefachkraft sein, die speziell für diese Tätigkeit geschult wurden. Natürlich besucht der Medizinische Dienst den Antragsteller bei Bedarf auch im Pflegeheim, im Krankenhaus,in der Rehabilitationseinrichtung oder im Hospiz.

Der Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes erstellt dann ein Gutachten über die Einstufung nach Pflegestufen sowie über den erheblichen oder allgemeinen Betreuungsaufwand.

Die Pflegekasse entscheidet unter Berücksichtigung des Gutachtens über die Pflegestufe und den erheblichen allgemeinen Betreuungsaufwand. Die Pflegekasse schickt dem Bedürftigen anschließend den Bescheid zu.

Welche Bearbeitungsfristen gelten für die Anträge?

Die Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen ist auf fünf Wochen festgelegt. Dies bedeutet, dass die Pflegekasse spätestens 5 Wochen nach Antragstellung in jedem Fall den endgültigen Bescheid über die Pflegestufe und die Einstufung bei erheblichem Betreuungsaufwand oder die Ablehnung an den Versicherten schicken muss.

Dieser Zeitraum wurde mit der Pflegeversicherungsreform 2008 festgelegt. Hintergrund war, dass die Betroffenen oft zu lange auf die Begutachtung und Leistungen warten mussten.

Häufig ist es auch notwendig, dass kurzfristig geprüft werden muss, ob bei einem Pflegebedürftigen die Pflegestufe 1 vorliegt, um eine nahtlose Anschlussversorgung zu gewährleisten. In folgenden Fällen findet dann – mit verkürzten Fristen – eine sogenannte Kurzbegutachtung statt:

Die Begutachtung muss unter folgenden Umständen innerhalb einer Woche nach Antragseingang durchgeführt werden: bei einem Aufenthalt in einem Krankenhaus, Hospiz, einer stationären Rehabilitationseinrichtung oder während einer ambulant-palliativen Versorgung (= Versorgung schwerstkranker oder sterbender Menschen im häuslichen Bereich), wenn von der Einstufung die Weiterversorgung abhängt. Denn einige Pflegeheime nehmen zum Beispiel nur eingestufte Pflegebedürftige auf. Außerdem gilt diese verkürzte Frist, wenn Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetzt beantragt wurde.

Wird der Pflegebedürftige zu Hause gepflegt und wurde Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz beantragt, das heißt, ein nahe stehender Mensch pflegt den Hilfsbedürftigen und muss dazu von seiner Arbeit freigestellt werden, so hat die Kurzbegutachtung innerhalb von zwei Wochen stattzufinden. In diesem Fall muss der Medizinische Dienst der Krankenkasse den Antragsteller selbst über die Empfehlung an die Pflegekasse sofort unterrichten. ( Als Mindestangabe muss der MDK ausführen, ob eine Pflegestufe vorliegt.).

Quellen:

Bundesgesundheitsministerium für Gesundheit (Online-Auftritt)

Die neue Pflegeversicherung, Andreas Heiber, Linde international

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 09.05.2011