Etwa 10 Prozent der Demenzen sind potenziell heilbar, weil ihre Ursachen sich unter Umständen beseitigen lassen. Wichtig bei diesen Demenzformen ist es, dass sie rechtzeitig durch den behandelnden Mediziner erkannt und behandelt werden.
Mögliche Gründe für behandelbare Demenzen sind:
Ein Normaldruck-Hydrozephalus – „Wasser im Gehirn“
Der Normaldruck-Hydrozephalus ist eine Sonderform des Wasserkopfs. Eine weitere Bezeichnung ist Altershirndruck. Die Bezeichnung „Normaldruck-Hydrozephalus“ kommt daher, dass einmalige Messungen des Hirndrucks durchaus normale Werte ergeben können, fortlaufende Messungen jedoch offenbaren, wie der Druck sich rhythmisch wiederkehrend erhöht. Unter den behandelbaren Demenzformen nimmt diese Sonderform einen großen Anteil ein. Experten gehen von bis zu 2,5 Prozent aller Demenzfälle aus.
Bei den Betroffenen ist der normale Abfluss des Nervenwassers aus den Hohlräumen des Gehirns gestört. Die mit Gehirnwasser (Liquor) gefüllten Hohlräume drücken auf die Gehirnmasse und lösen eine Demenzsymptomatik aus. Der Grund für die Abflussstörung ist oft nicht ersichtlich. Hirnblutungen (Subarachnoidalblutungen) oder eine Hirnhautentzündung können aber die Ursache sein.
Die Symptome dieser Demenzform sind Vergesslichkeit und Aufmerksamkeitsstörungen wie bei der Alzheimerkrankheit. Typisch sind aber zwei fast immer gleichzeitig auftretende Symptome, die Gangstörung und die Unfähigkeit den Urin zu halten (Inkontinenz). Weiterhin charakteristisch sind Gleichgewichtsstörungen.
Leider wird diese Demenzform leicht übersehen. Für die sichere Diagnose ist eine Kernspintomographie notwendig. Wird der Altershirndruck jedoch rechtzeitig diagnostiziert, kann eine Operation helfen. Dabei wird ein kleiner Schlauch aus einer der Hirnkammern unter der Haut hinunter in den Bauchraum geführt. Über ein Ventil kann das angesammelte überschüssige Nervenwasser abfließen. Eine Schädigung des gesunden Hirngewebes wird vermieden.
Medikamente
Eine Vielzahl von Medikamenten kann zu Demenzsymptomen führen. Vor allem Medikamente, die zu einer Abnahme des Nervenbotenstoffes Azetylcholin führen, haben diese unangenehme Nebenwirkung. Hierzu gehören vor allem:
- bestimmte Antidepressiva, wie Amitriptylin,
- müde machende Antihistaminika (= Antiallergiemittel) wie Diphenhydramin oder Doxylamin, die auch als nicht-rezeptpflichtige Schlafmittel angewandt werden können.
Aber auch Schmerz- und Blutdruckmittel, krampflösende Medikamente, Herz- und Magenmedikamente und Mittel gegen Asthma haben teilweise einen Einfluss auf die Konzentration des Botenstoffes Azetylcholin.
Bei der Anamnese (Befragung zur Krankengeschichte) ist es daher unerlässlich, eine genaue Auflistung aller Präparate zu bekommen. Gerade ältere Menschen werden wegen verschiedensten Beschwerden von mehreren Ärzten behandelt, die unterschiedliche Präparate verordnen. Der behandelnde Hausarzt muss sich bei Demenzsymptomen daher unbedingt einen Gesamtüberblick über die Medikamente verschaffen, um unerwünschte Wirkungen und Wechselwirkungen abschätzen zu können. Sollten die Demenzsymptome wirklich von Medikamenten kommen, so können die Demenzanzeichen bei Austausch oder Weglassen des betreffenden Medikamentes verschwinden.
Stoffwechselerkrankungen
Demenzsymptome können auch durch Stoffwechselerkrankungen hervorgerufen werden. Zu den eine Demenz verursachenden so genannten metabolischen Erkrankungen gehören beispielsweise:
- eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Eine Unterfunktion ist bei älteren Menschen nicht immer einfach zu diagnostizieren. Sie zeigt sich zu Beginn mit unspezifischen Beschwerden und einer stetig zunehmenden Verlangsamung in allen kognitiven Bereichen (Sprache, Gedächtnis, Aufmerksamkeitsleistung). Persönlichkeitsveränderungen und auch akute Unruhezustände können dazukommen. Die Symptome können durch eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen rückgängig gemacht werden.
- die Wilsonsche Erkrankung: Bei diesem erblichen Leiden ist die Ausscheidung von Kupfer, welches der menschliche Organismus für einige Stoffwechselvorgänge benötigt, gestört. Da die Kupferionen in der Leber gespeichert und nur in geringen Mengen mit dem Urin ausgeschieden werden, reichern sie sich über Jahre im Organismus an. Folgende Krankheitssymptome können auftreten: Sprach- und Schreibstörungen, Zittern der Gliedmaßen, Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen und auch Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit, wie sie bei demenziellen Erkrankungen auftreten.
Eine Behandlung mit Medikamenten ist möglich, die dann zumindest teilweise zu einem Rückgang der Symptome führt. Bei der Diagnostik ist besonders die Familienanamnese wichtig, da es sich um eine Erbkrankheit handelt.
Alkoholmissbrauch
1. Alkoholenzephalopathie
Der exzessive und langjährige Missbrauch von Alkohol führt fast immer zu einer schweren Beeinträchtigung aller Organe und Funktionen des menschlichen Organismus. Das Gehirn macht hier keine Ausnahme. Langfristig entsteht hier eine sogenannte Alkoholenzephalopathie, ein Leiden mit funktionellen Einbußen des Gehirns.
Die Symptome sind rasch zunehmende Störungen von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denkvermögen und räumlicher Orientierung. Diese Symptome können den Demenz-Symptomen der Alzheimerkrankheit gleichen. Die Symptomatik bei der Alkoholenzephalopathie kann bei Verzicht auf Alkohol jedoch reversibel sein, wenn die Hirnschädigung noch nicht zu ausgeprägt ist.
2. Wernicke-Korsakoff-Syndrom
Lang anhaltender und exzessiver Alkoholkonsum kann auch das Wernicke-Korsakoff-Syndrom nach sich ziehen. Im akuten Stadium zeigt sich die Erkrankung mit Verwirrtheitszuständen mit Augenbewegungen und Bewegungsstörungen. Vor allem die Verwirrtheitszustände erinnern an die Alzheimerkrankheit. Die Störungen des Wernicke-Korsakoff-Syndroms lassen sich jedoch auf einen Vitamin-B1-Mangel zurückführen, der bei alkoholkranken Menschen häufig zu finden ist. Die Störung kann sich bei einer Behandlung mit Vitamin B1 zurückbilden.
Demenzen bei Hirntumoren
Im Prinzip kann jeder Hirntumor auch zu einer Demenz führen. Dies trifft vor allem für eher langsam wachsende Tumore zu. Welche Ausfälle auftreten, hängt von der Lokalisation des Tumors im Gehirn ab. So kann beispielsweise ein Tumor im Stirn- und Schläfenhirnbereich zu demenziellen Symptomen und Krankheitsbildern führen.
Um einen Tumor als Erkrankungsursache für eine Demenz auszuschließen, ist es unerlässlich, eine Computertomographie des Kopfes oder eine Magnetresonanztomographie durchzuführen. Gelingt es, den Tumor durch Operation, Bestrahlung und/oder eine Chemotherapie zu reduzieren oder auszumerzen, so können sich die Demenzsymptome zurückbilden.
Demenzen nach Schädelhirntraumata
Es erscheint einleuchtend, dass eine direkte Gewalteinwirkung auf den Kopf – beispielsweise bei einem Autounfall – zu Schäden führen kann, die sich in demenziellen Symptomen äußern.
Treten die Funktionsbeeinträchtigungen direkt nach dem traumatischen Ereignis auf, so ist der Zusammenhang offensichtlich und wird erkannt. Heimtückisch dagegen ist das sogenannte subdurale Hämatom in seiner chronischen Form. Dabei kommt es zu Blutungen in den Zwischenraum zwischen Gehirn und Schädelknochen. Kurz nach der meist nicht sehr heftigen Gewalteinwirkung kann es zu Bewusstseinsstörungen kommen, die jedoch wieder verschwinden. Daran schließt sich dann meist eine beschwerdefreie Zeit an, bevor nach Tagen, Wochen oder Monaten Demenz ähnliche Symptome auftreten. Die Verbindung zu dem Unfallereignis wird nach so langer Zeit nicht mehr unbedingt hergestellt.
Infektionen und Entzündungen des Gehirns
Entzündliche Prozesse im Gehirn, die vom Lebensalter unabhängig sind, können, Demenzsymptome herbeizuführen. Zu den entzündlichen Prozessen führen in erster Linie Virusinfektionen, bakterielle Infektionen und die sogenannten Autoimmunkrankheiten.
So kann beispielsweise eine Hirnentzündung, die durch Herpesviren hervorgerufen wird, zu dauerhaften Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit bis hin zu schweren Demenz-Symptomen führen. Die bakterielle Infektionskrankheit Syphilis war früher eine Erkrankung, die im Spätstadium zur Demenz führte. Dank der Antibiotika ist diese Krankheitsausprägung selten.
Bei den Autoimmunkrankheiten führt vor allem die Multiple Sklerose zu Demenzsymptomen. Es gibt Formen der Multiplen Sklerose, die ausschließlich mit Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit beginnen.
Vitamin-B12-Mangel
Vitamin B12 findet sich vor allem im Fisch, Fleisch und in der Milch. Dieses Vitamin ist für ein Funktionieren der Nervenfunktion unerlässlich. Ein eklatanter Mangel an diesem Vitamin entsteht häufig durch eine gestörte Aufnahme des Vitamins im Darm. Dies ist beispielsweise bei bestimmten Magen- und Darmkrankheiten (Morbus Crohn) der Fall.
Frühe Symptome eines solchen Vitaminmangels sind Brennen und Rötungen der Zungenschleimhaut, dann Missempfindungen in den Beinen und schließlich Blutbildveränderungen. Sehr spät im Krankheitsverlauf kommt es dann zur Demenz. Sie ist von der Symptomatik her nicht von denen der Alzheimerkrankheit zu unterscheiden. Der wichtige Unterschied ist aber, dass die Behandlung bei einem B12- Mangel sehr einfach ist: Das Vitamin wird intramuskulär gespritzt und die Symptome verschwinden in der Regel nach einiger Zeit.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011