Betreuungsrecht (Häufig gestellte Fragen)

Entmündigung, Vormundschaft für Erwachsene und Gebrechlichkeitspflegschaft gibt es seit dem 1. Januar 1992 nicht mehr. Seit diesem Zeitpunkt ist das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) in Kraft getreten. Die Betreuung stellt seitdem die neue Form der Rechtsfürsorge dar. Bei der Betreuung wird für den betroffenen Menschen ein Betreuer bestellt, der für ihn in einem genau festgelegten Umfang handelt. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen soll dabei gewahrt bleiben, soweit dies möglich und seinem Wohl zuträglich ist. Seine Wünsche sind in diesem Rahmen erheblich.

Wann wird ein Betreuer bestellt?

Nur wenn bei einem Menschen eine Hilfsbedürftigkeit vorliegt, die auf eine der folgenden Krankheiten oder Behinderungen zurückzuführen ist, kann ein Betreuer bestellt werden (§ 1896 Abs. 1 BGB).

Psychische Krankheiten

Dazu zählen alle nicht körperlich begründbaren seelischen Krankheiten; aber auch seelische Störungen, die körperliche Ursachen haben. Dies können beispielsweise die Folgen einer Hirnhautentzündung oder von Verletzungen des Gehirns sein. Auch bei Suchterkrankungen eines bestimmten Schweregrades kann die Bestellung eines Betreuers nötig sein. Ebenfalls in die Gruppe der psychischen Krankheiten, die eine Betreuerbestellung erfordern können, gehören Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen („Psychopathien“).

Geistige Behinderungen

Hierunter fallen Intelligenzdefekte verschiedener Schweregrade, die angeboren sind, während der Geburt erworben oder durch frühkindliche Hirnschädigungen verursacht wurden.

Seelische Behinderungen

Hierzu zählen bleibende psychische Beeinträchtigungen, die infolge von psychischen Erkrankungen entstanden sind. Auch die geistigen Auswirkungen des Altersabbaus (Demenzerkrankungen) sind hier anzusiedeln.

Körperliche Behinderungen

Eine körperliche Behinderung kann nur Anlass zur Bestellung eines Betreuers sein, wenn sie die Fähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten wenigstens teilweise aufheben oder wesentlich behindern. Dies trifft beispielsweise auf eine dauerhafte Bewegungsunfähigkeit zu.

Entscheidend ist, dass zusätzlich zur Krankheit oder Behinderung ein Fürsorgebedürfnis bestehen muss, das heißt, dass der Betroffene seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Dabei kann es sich um Vermögens-, Renten- oder Wohnungsangelegenheiten handeln oder zu Fragen der Gesundheitsfürsorge oder des Aufenthalts.

Was bedeutet die gesetzliche Betreuung für den Betroffenen?

Der durch ein gerichtliches Verfahren für eine Person bestellte Betreuer ist der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Er trifft anstelle des Betreuten Entscheidungen über Fragen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen (bsp. Vermögensangelegenheiten, Gesundheit).

Allerdings hat die Bestellung eines Betreuers allein noch keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit. Der Betroffene kann auch nach Anordnung der Betreuung noch rechtsverbindlich handeln. Nur wenn das Gericht einen sogenannten „Einwilligungsvorbehalt“ anordnet, dann braucht der Betroffene die Einwilligung seines Betreuers zu seinen Geschäften. Der Einwilligungsvorbehalt wird zum Schutz des Betroffenen angeordnet, damit er sich selbst oder sein Vermögen nicht schädigen kann.

Auch die Aufgabenbereiche eines Betreuers sind gerichtlich ganz klar festgelegt. Die Betreuung kann sich auf die Bereiche Vermögenssorge, Aufenthalt und Gesundheitsvorsorge erstrecken. Je nach Erforderlichkeit erhält der Betreuer die Entscheidungsgewalt in allen Bereichen oder nur für einzelne Bereiche.

Allerdings gibt es Handlungen, die gesetzlich festgeschrieben sind, für die der Betreuer die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes benötigt. Es handelt sich dabei um Entscheidungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit, die Wohnsituation oder das Vermögen des betreuten Menschen haben.

Von einem Vormundschaftsgericht genehmigt werden, müssen beispielsweise:

im Bereich der Gesundheit

  • gefährliche Untersuchungen,
  • ärztliche Eingriffe (keine Genehmigungspflicht besteht bsp. in Eilfällen, wenn mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden wäre),
  • Heilbehandlungen,
  • eine Sterilisation.

in Bezug auf die Wohnsituation des Betroffenen

  • Kündigung der Wohnung
  • eine freiheitsentziehende Unterbringung: Zu denken ist hier an geschlossene Abteilungen in einem psychiatrischen Krankenhaus, Altenheim oder Krankenhaus.

Maßnahmen, die Auswirkungen auf das Vermögen des Betroffenen haben

  • der Verkauf eines Hauses oder Grundstücks,
  • die Abhebung und Überweisung von gesperrtem Geld,
  • der Umgang mit spekulative Geldanlagen (Wertpapiere, Aktien, Investmentanteile),
  • eine Kreditaufnahme (auch Überziehung des Girokontos).

Rechtsgeschäfte

  • Erbauseinandersetzungen und Erbausschlagungen,
  • Lebensversicherungsverträge,
  • Arbeitsverträge,
  • Mietverträge, wenn sie für eine längere Dauer als vier Jahre abgeschlossen werden.

Wer Betreuer wird, liegt allein in der Entscheidungsgewalt des Gerichts. Allerdings kann der Betroffene Vorschläge zur Person des Betreuers machen. Diese Vorschläge sind nicht verbindlich, werden jedoch regelmäßig bei der Auswahl berücksichtigt.

Falls der Betreute geschäftsfähig ist, kann er seine sogenannten höchstpersönlichen Rechte weiter wahrnehmen. So kann er beispielsweise heiraten. Ebenso kann er ein Testament erstellen, sofern er testierfähig ist, das heißt, wenn er in der Lage ist, die Bedeutung der Erklärung einzusehen und nach dieser zu handeln. Auch das Wahlrecht behält man als Betreuter, wenn nicht eine umfassende Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten erfolgt ist.

Eine Betreuung endet, wenn sie aufgehoben wird, weil die Voraussetzungen für ihre Anordnung nicht mehr vorhanden sind oder der Betreute stirbt. Wurde beispielsweise ein Patient wegen akuter Selbstmordgefahr in eine geschlossene Abteilung eines Krankenhauses eingeliefert, ist diese Selbsttötungsabsicht nach einer Therapie aber nicht mehr ersichtlich, so fällt der Grund für die Betreuungsbedürftigkeit weg.

Die beteiligten Personen, also vornehmlich der Betreute und der Betreuer, haben jederzeit die Möglichkeit dem Betreuungsgericht den Wegfall des Betreuungsgrundes mitzuteilen und auf eine Beendigung der Betreuung hinzuwirken.

Außerdem wird bereits in die gerichtliche Entscheidung über die Bestellung des Betreuers das Datum aufgenommen, an dem das Gericht die getroffene Maßnahme überprüfen muss. Spätestens nach sieben Jahren muss darüber entschieden werden, ob die Betreuung bestehen bleibt oder aufgehoben wird.

Wie wird der Betreuer ausgewählt?

Die Bestellung eines Betreuers erfolgt durch das Betreuungsgericht. Gesetzlich festgelegt ist, dass nach Möglichkeit eine einzelne Person bestellt werden sollte. Dies wird damit begründet, dass sich so zwischen Betreutem und Betreuer besser ein Vertrauensverhältnis entwickeln kann.

Als Betreuer kommen folgende Personen in Frage: eine dem Betroffenen nahestehende Person, ein Mitglied eines Betreuungsvereins, ein selbstständiger Berufsbetreuer, bei einem Betreuungsverein Angestellte oder bei der zuständigen Behörde beschäftigte Personen.

Die vom Betroffenen geäußerten Wünsche, wer die Betreuung übernehmen soll, sind zu berücksichtigen. Ansonsten haben Personen Vorrang, die geeignet sind und zur ehrenamtlichen Übernahme der Betreuung bereit sind.

Bei der Auswahl des Betreuers hat der Wunsch des Betroffenen starkes Gewicht. Schlägt er eine Person vor, die geeignet und gewillt ist, diese Aufgabe zu übernehmen, so ist das Gericht an diesen Vorschlag gebunden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen würde.

Ein Betreuer kann erst bestellt werden, wenn sich die ausgewählte Person dazu bereit erklärt. Gesetzlich ist jeder Bundesbürger dazu verpflichtet, eine Betreuung zu übernehmen. Er muss dazu aber geeignet sein und die Übernahme muss zumutbar sein. Familiäre, berufliche und sonstige Verhältnisse müssen dies zulassen. Aber ein Gericht kann auch niemanden zwingen, als Betreuer zu fungieren. Wer allerdings grundlos eine Betreuung ablehnt, ist für den Schaden verantwortlich, der dem betroffenen Menschen durch die eingetretene Verzögerung entsteht.

Welche Aufgaben hat der Betreuer?

Ein Betreuer hat die Aufgabe in dem zugewiesenen Wirkungskreis (Finanzen, Gesundheit, Wohnung usw.) den Betreuten zu vertreten. Er hat dann die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Die Betreuungsbefugnis erstreckt sich nur auf den ihm zugewiesen Bereich. Stellt der Betreuer fest, dass auch in anderen Bereichen Unterstützung gebraucht wird, kann er diese nicht einfach übernehmen. Er muss zuerst das Betreuungsgericht davon in Kenntnis setzen und seine Entscheidung abwarten.

Die Post sowie den Fernmeldeverkehr darf ein Betreuer ausdrücklich nur kontrollieren, wenn das Gericht ihm diese Aufgabe ausdrücklich zugewiesen hat.

Eine weitere Pflicht des Betreuers ist die persönliche Betreuung. Seine Aufgabe darf er nicht nur vom Schreibtisch aus wahrnehmen, indem er den anfallenden Schriftverkehr erledigt. Vielmehr muss er persönlich Kontakt halten, sei es auch nur dass er sich persönlich regelmäßig ein genaues Bild über die Betreuungssituation des Betroffenen macht (bsp. bei schwerstbehinderten Menschen).

Außerdem hat der Betreuer nach dem Wohl und den Wünschen des Betreuten zu handeln. Die eigenen Wertvorstellungen des Betreuers dürfen dem Betreuten nicht einfach übergestülpt und nach diesen gehandelt werden. Beispielsweise darf der Betreute nicht zu einer knausrigen Haushaltsführung gezwungen werden, wenn er über genügend Geldmittel verfügt. Ebenso darf nicht einfach so über seinen Kopf hinweg entschieden werden, sondern er muss mit seinen Wünschen ernst genommen werden. Der Betreuer muss sich dazu durch regelmäßigen persönlichen Kontakt und Besprechung anstehender Entscheidungen ein Bild von den Vorstellungen, Wünschen und dem, was der Betreute ablehnt, machen. Nur wenn die Wünsche dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufen oder sie für den Betreuer unzumutbar wären, muss sich der Betreuer nicht danach richten.

Lassen sich die Wünsche des Betreuten nicht mehr feststellen, beispielsweise weil er im Koma liegt, so sollte der Betreuer versuchen, den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen. Dabei können ihm die Aussagen nahestehender Personen oder die bisherige Lebensführung des Betroffenen helfen.

Übernimmt der Betreuer Angelegenheiten der Vermögenssorge, so muss er nach Amtsannahme ein Vermögensverzeichnis erstellen, in dem sämtliches Vermögen zu verzeichnen ist, dass er verwalten muss. Er muss dieses Verzeichnis beim Vormundschaftsgericht einreichen und jährlich über seine Betreuung Rechnung ablegen. Dazu muss er dem Vormundschaftsgericht eine Aufstellung mit sämtlichen Ein- und Ausgaben vorlegen. Diese Aufstellung wird vom Rechtspfleger überprüft.

Grundsätzlich gilt, dass das Vermögen im Interesse des Betreuten verwaltet wird und dabei vor unberechtigten Vermögensabflüssen zu schützen ist.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 09.05.2011