Speiseröhrenkrebs – Ösophaguskarzinom – Ursachen Diagnose Behandlung

         

Speiseröhrenkrebs – Ösophaguskarzinom (engl. esophageral cancer) Der Speiseröhrenkrebs, der medizinisch auch als Ösophaguskarzinom bezeichnet wird, gehört zu den selteneren Tumorerkrankungen. Die bösartigen Zellwucherungen gehen meist von der Schleimhaut aus, welche die Speiseröhre auskleidet. Begünstigend auf die Krankheitsentstehung wirkt sich ein erhöhter Alkohol- und Nikotinkonsum aus. Einen weiteren Risikofaktor stellt ein gesteigerter Säure- und Gallenrückfluss aus dem Magen dar. Das Heimtückische dieser Erkrankung ist, dass der Tumor sehr schnell die gesamte Speiseröhrenwand durchwuchert und auch schnell Metastasen (= Tochtergeschwülste in anderen Organen) bildet. Krankheitssymptome, wie Schluckbeschwerden oder starke Gewichtsabnahme, treten meist erst auf, wenn der Krebs alle Wandschichten der Speiseröhre befallen hat („stummes Karzinom“). Betroffen von dieser bösartigen Erkrankung sind vor allem Männer zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt. Insgesamt ist die Häufigkeit des Ösophaguskarzinoms in den letzten zwei Jahrzehnten in Industrieländern zurückgegangen (5 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr). In manchen Teilen der Welt, insbesondere in China, ist der Speiseröhrenkrebs extrem häufig (Anzahl der Neuerkrankungen bis zu 1 Person pro 1000 Einwohner pro Jahr).

Formen des Ösophaguskarzinoms

Anhand der feingeweblichen Untersuchung kann man zwei Formen unterscheiden: die Plattenepithelkarzinome und die Adenokarzinome. Erstere machen ungefähr 80 % aller Tumore der Speiseröhre aus. Sie haben ihren Ursprung in den Deckzellen (Epithelien) der Speiseröhrenschleimhaut und treten vorwiegend im oberen und mittleren Speiseröhrendrittel auf. Ihre Häufigkeit ist eher rückläufig. Adenokarzinome stellen circa 20 % aller bösartigen Geschwulste dar. Vorwiegend sind sie im unteren Drittel der Speiseröhre lokalisiert. Ursächlich für ihre Entstehung ist gesteigerter Säurerückfluss aus dem Magen, der zum Barrett-Syndrom (siehe unten) führt. Adenokarzinome nehmen rasch an Häufigkeit zu.

Ursachen

Eindeutige Ursachen für die Entwicklung dieser Krebsart konnten bisher nicht gefunden werden. Schleimhautschädigende Einflüsse fördern jedoch die Krankheitsentstehung:

  • Alkohol- und Nikotinmissbrauch: Hochprozentiger Alkohol stellt die häufigste Ursache dar. Als besonders fatal erweist sich die Kombination beider Faktoren. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Alkohol- und Nikotinmissbrauch und Krebsentstehung spielt besonders beim Plattenepithelkarzinom eine Rolle;
  • Bestimmte Nahrungsmittel, wie scharf gewürzte Gerichte, gepökelte Speisen (Nitrosamine) und verschimmeltes Essen (Aflatoxine, bestimmte Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen);
  • Achalasie: Bei dieser Funktionsstörung der Speiseröhrenmuskulatur kann der Nahrungsbrei nur schwer in den Magen gelangen, da der Schließmuskel am Übergang von der Speiseröhre in den Magen verkrampft. Die Achalasie hat eine Entartungshäufigkeit von 5 – 10 %.
  • Strikturen (= hochgradige, narbige Verengungen): Sie entstehen beispielsweise nach Verätzungen der Speiseröhre;
  • Barrett-Syndrom: Aufgrund eines stetigen Rückflusses von Säure aus dem Magenbereich in die Speiseröhre wird die normale Speiseröhrenschleimhaut im unteren Bereich in weniger säureempfindliche Magenschleimhaut (Zylinderepithel) umgebaut. Die Speiseröhre verkürzt sich dadurch. Das Barrett-Syndrom stellt eine Präkanzerose (= Krebsvorstufe) des Adenokarzinoms dar.

Ausbreitung

Der Krebs entsteht zumeist in der Schleimhautschicht und breitet sich zunächst entlang der Speiseröhre aus. Rasch wächst er auch in die anderen Schichten der Speiseröhrenwand ein und infiltriert von dort aus benachbarte Organe, wie die Bronchien und die Luftröhre. Zudem kann sich die Erkrankung über die Lymphwege ausbreiten und befällt dann Lymphknoten im Halsbereich, der Schlüsselbeingrube, des Magens und Mediastinums (= Mittelfell, bestimmter Bereich im Brustkorb). Fernmetastasen können überall im Körper entstehen, sehr häufig sind jedoch Lunge und Leber betroffen.

Symptome

Schluckbeschwerden, die über Monate bis Jahre bestehen, und vor allem bei fester Nahrung bestehen, sind das Leitsymptom der Erkrankung. Zudem können Schmerzen beim Schlucken auftreten oder die Schmerzen lassen sich hinter dem Brustbein lokalisieren. Bisweilen werden die Speisereste aufgestoßen und gelangen wieder in den Mund. Typisch ist auch Gewichtsverlust. Im Spätstadium der Erkrankung kann auch Heiserkeit bis hin zur Stimmlosigkeit auftreten. Wächst der Tumor in das Lungengewebe ein, so deutet Husten beim Schlucken auf diese Ausbreitungsrichtung hin oder es entwickelt sich eine Lungenentzündung. Schmerzen im Rücken und Brustkorb lassen auf einen Befall des Mediastinums schließen.

Diagnostisches Vorgehen

Mehrere Untersuchungsmethoden dienen dazu, die Erkrankung eindeutig zu identifizieren. Des Weiteren wird die Ausbreitung des Tumors genau bestimmt, um geeignete Therapien festzulegen.

Das diagnostische Mittel der Wahl zur Bestätigung oder Widerlegung der Diagnose ist eine endoskopische Untersuchung der Speiseröhre mit Entnahme von Gewebeproben (= Ösophagoskopie). Mit dieser Methode lässt sich genau feststellen, an welcher Stelle sich der Tumor befindet, wie viele Tumoren vorhanden sind und ob die Speiseröhre verengt ist. Die feingewebliche Untersuchung der entnommenen Gewebeproben gibt Auskunft darüber, ob es sich um ein Plattenepithelkarzinom oder ein Adenokarzinom handelt.

Einer Röntgenkontrastuntersuchung, bei der ein breiartiges Röntgenkontrastmittel (Barium-Breischluck) geschluckt wird, zeigt die Lage und Beweglichkeit der Speiseröhre sowie Einengungen in diesem Hohlorgan. Bisweilen weist schon ein normales Röntgen des Thorax auf die Erkrankung hin (Verbreiterung des Mediastinums, Knochen- und Lungenmetastasen).

Für die Feststellung des Tumorstadiums (Staging), also der Tiefenausdehnung der bösartigen Wucherung und dem Nachweis von Metastasen, können die endoskopische Sonografie (= Ultraschall von der Speiseröhre ausgehend), die Computertomografie des Brustkorbs und Abdomens, ein MRT und die Ultraschalluntersuchung der inneren Organe (Lebermetastasen), eingesetzt werden.

Therapie

Die Therapie dieser Krebsform hat Aussicht auf vollständige Heilung, wenn keine Fernmetastasen vorliegen, kein Einwachsen in das Mediastinum (Mittelfell) oder die Pleura (Brustfell) stattgefunden hat und keine weiter entfernten Lymphknoten befallen sind.

Operative Therapie

Mithilfe einer aufwendigen Operation können evtl. alle Tumorzellen in der Speiseröhre und in den anliegenden Lymphknoten entfernt werden. Eine Aussicht auf Heilung durch diese Methode ist nur bei einem begrenzten Tumor ohne Fernmetastasen möglich (ca. bei einem Viertel der Fälle). Außerdem sind nur Tumoren operabel, die im unteren oder mittleren Speiseröhrendrittel liegen. (Bei höher liegenden Tumoren müsste der Kehlkopf zur Einhaltung des Sicherheitsabstandes mitentfernt werden). Vor dem operativen Eingriff wird der Tumor eventuell durch Bestrahlung oder durch eine Chemotherapie verkleinert.

Konservative Therapie

Konservative Therapiemethoden werden vorwiegend eingesetzt, um die Symptome der Erkrankung zu lindern (palliative Zielsetzung). Methoden der konservativen Therapie sind:

  • Strahlentherapie: Sie wird vorwiegend bei Plattenepithelkarzinomen eingesetzt. Vor allem Schluckbeschwerden bessern sich bei dieser Therapieform. Nebenwirkungen können Fisteln (= nicht natürliche Verbindungsgänge) zur Lunge sein, aus denen eine Lungenentzündung resultieren kann. Eine besondere Form der Strahlentherapie ist die Brachytherapie, bei der die Strahlenquelle direkt endoskopisch in die Speiseröhre eingebracht wird.
  • Kombinierte Strahlen- und Chemotherapie: Diese Therapieform wird besonders bei nicht metastierenden Tumorformen angewendet. Sie kann beispielsweise dazu dienen, große Tumoren vor einer Operation zu verkleinern oder sie wird zur Linderung von Beschwerden eingesetzt, wenn keine Operation möglich ist. Sie ist meist mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.
  • Endoskopische Lasertherapie: Tumorknoten, die das Schlucken beeinträchtigen, können mit einem Laser unter Sichtkontrolle durch ein Ösophagoskop oberflächlich verdampft werden. Eine Linderung der Beschwerden tritt sofort ein, jedoch werden die tieferen Schichten des Tumors nicht mitentfernt, sodass er wieder nachwachsen kann. Diese Therapieform muss daher wiederholt durchgeführt werden. Eine Kombination mit der Brachytherapie („endoskopische Strahlentherapie“) führt zu einer Verlängerung des Behandlungsintervalls.
  • Ösophagus-Stents: Diese Röhrchen aus verschiedenen Materialien werden endoskopisch in die vom Tumor befallenen Abschnitte der Speiseröhre eingesetzt. Sie dienen dazu, eine ungehinderte Nahrungspassage zu gewährleisten und dichten die Speiseröhrenwand ab. Dieser Dichtungseffekt ist nötig, wenn die Speiseröhrenwand so geschädigt ist, dass Speisebrei in die Umgebung austreten kann. Komplikationen werden so vermieden.
  • PEG (= perkutane-endoskopische-Gastrostomie): Diese Methode wird angewendet, wenn Hindernisse bei der Passage des Nahrungsbreis durch die Speiseröhre nicht beseitigt werden können. Dazu wird eine dünne Schlauchverbindung über die Bauchdecke in den Magen eingebracht. Ein Schlauchende ragt aus der Haut des Oberbauchs heraus. Der Patienten kann selbst flüssige Nahrung in dieses Ende füllen und den Schlauch anschließend mit einem Deckel verschließen. Der sichtbare Teil des Schlauches kann unter der Kleidung getragen werden.

Prognose

Die 5-Jahres-Überlebensrate bei allen Ösophaguskarzinom-Patienten liegt unter 10 %. Entscheidend beeinflusst wird diese schlechte Prognose dadurch, dass diese Tumorart oft erst in einem späten Stadium diagnostiziert wird. Positiv auf die Prognose wirken sich folgende Faktoren aus:

  • Entdeckung des Tumors im Anfangsstadium,
  • Fehlen von Metastasen,
  • Sitz des Tumors im unteren Drittel der Speiseröhre,
  • Vorliegen eines Plattenepithelkarzinoms (Ô Adenokarzinoms).

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 11.04.2008