Religiöse Bedürfnisse – Pflege eines Sterbenden

Die Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse ist Bestandteil der ganzheitlichen Pflege eines Sterbenden. Gebete und Schriftlesungen können einem sterbenden Patienten Trost geben. Dabei sind aber immer die Wünsche des Sterbenden zu respektieren. Es ist absolut nicht angebracht, dem Sterbenden Gebete und Riten aufzuzwingen.

Doch um die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ist es in unserer Gesellschaft nicht immer einfach bestellt. Zum einen gibt es die verschiedensten Glaubensgemeinschaften, zum anderen bedeutet für Angehörige der gleichen Glaubensrichtung Glaube etwas vollkommen anderes. Die Spannbreite reicht von strenggläubig bis liberal und persönliche Schwerpunkte setzend. Zudem gibt es Menschen, die sich von ihrem Glauben distanziert haben. Doch auch sie können religiöse und spirituelle Bedürfnisse haben, die es zu eruieren und unterstützen gilt.

Um als Pflegekraft auf die religiösen Bedürfnisse eingehen zu können, sollte man den Betreffenden behutsam fragen, ob er es wünscht, dass man ihn bei seiner Religionsausübung unterstützend zu Seite steht. Die Antworten können hier sehr unterschiedlich ausfallen. Zu denken ist hier an: „Der Glaube bedeutet mir nichts mehr“ oder „Ich möchte ein Gespräch mit meinem Geistlichen“ bis „Mein Glaube ist meine Sache, in die ich keine Einmischung wünsche“.

Um einem gläubigen Menschen in religiösen Fragen unterstützend zur Seite stehen zu können, sollte man sich mit den religiösen Ritualen in den einzelnen Glaubensgemeinschaften auseinandersetzen.

Christentum:
In den meisten christlichen Kirchen sind das Abendmahl (in der kath. Kirche auch „Kommunion“), die Krankensalbung (früher in der kath. Kirche „letzte Ölung“ genannt) und das Schuldbekenntnis (die Beichte) wichtige Elemente bei der Begleitung Sterbender. Allerdings haben diese Sakramente in den einzelnen Kirchen unterschiedliche Bedeutung. Religiöse Sterbende möchten sie in der Regel noch einmal erhalten.
Ein wichtiges Symbol ist für Christen das Kreuz, bei Katholiken auch das Kruzifix mit der Darstellung des Körpers Jesu Christi. Sie wollen es eventuell in den Händen halten. Katholiken wollen vielleicht auch einen Rosenkranz oder ein Marien- bzw. Heiligenbild. Für orthodoxe Christen kann vielleicht eine Ikone (ein geweihtes Tafelbild) wichtig sein.

Islam:
Der sterbende Kranke möchte nach Mekka, also nach Osten, schauen. Die Angehörigen übernehmen die religiöse Begleitung. Die Familie betet und liest aus dem Koran vor und spricht das Glaubensbekenntnis: „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet“. Sind keine Angehörigen vorhanden, die den Sterbenden begleiten können, so dürfen auch andere gläubige Muslime diese Aufgaben übernehmen.

Judentum:
Sterberiten an sich gibt es nicht im Judentum. Angehörige dieser Glaubensgemeinschaft legen vor dem Tod eine stille Beichte ab und segnen ihre Kinder.

Hinduismus:
Die religiösen Rituale im Hinduismus variieren sehr stark. Am besten ist es, das Gespräch mit der Familie zu suchen. Im hinduistischen Glauben ist die körperliche Reinigung sehr wichtig, die unter fließendem Wasser zu geschehen hat. Dem Sterbenden werden auch Worte aus den so genannten Weden vorgesprochen, um ihm die Gewissheit einer angenehmen Wiedergeburt zu geben.

Buddhismus:
Ziel ist es, dass der Sterbende einen möglichst gelassenen Bewusstseinszustand erreicht. Dies soll seine Wiedergeburt positiv beeinflussen. Dazu werden ihm sogenannte Sutren vorgesungen. Zudem meditiert der Sterbende so viel wie möglich.

Seelsorger

Sterben Angehörige der jüdischen Gemeinschaft, wünschen sie sich meist den Besuch eines Rabbis. Je nach Glaubensrichtung ist er liberal, orthodox oder reformistisch orientiert. Bei den Christen kommt ein Geistlicher. Die Mitglieder christlicher Gemeinschaften werden für gewöhnlich regelmäßig von einem ihrer Seelsorger besucht. Ist dies nicht der Fall, so kann auf Wunsch des Patienten ein bestimmter Geistlicher oder die entsprechende Gemeinschaft verständigt werden. Manche Krankenhäuser haben auch eigene Krankenhausseelsorger. Im Islam oder im Buddhismus ist der Besuch eines Seelsorgers nicht zwingend erforderlich. Doch wünschen sich manche Muslime den Besuch eines Imans oder manche Buddhisten das Kommen eines buddhistischen Mönchs bzw. einer buddhistischen Nonne. Zu den Hindus kommt ihr Priester (Pandit), der sie beim Beten unterstützt und ihnen hilft, den Tod in Gelassenheit anzunehmen.

Gebete

Jede Glaubensgemeinschaft kennt spezielle Gebete, um einen Sterbenden zu begleiten. Juden finden es bsp. tröstlich, wenn Sie wissen, dass jemand nach ihrem Tod das „Kaddisch“ – ein spezielles Trauergebet – für sie spricht. Im Christentum finden sich vor allem in den Psalmen der Bibel Gebete und Gedanken zum Tod. Das „Vater unser“ kann in jeder Lebenssituation gesprochen werden. Muslime beten ihre täglich fünf vorgeschriebenen Gebete, das oben erwähnte Glaubensbekenntnis und evtl. auch ein persönliches, freies Gebet.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011