Folgeerkrankungen bei Diabetes

Neueste Untersuchungen gehen davon aus, dass mehr als drei Millionen Menschen jedes Jahr weltweit an den Folgen eines zu hohen Blutzuckerspiegels sterben (Jahr 2006). Damit ist Diabetes eine der fünf häufigsten Todesursachen. Die Auswirkungen und Folgeerkrankungen, die aufgrund von Diabetes entstehen, lassen sich auch mit folgenden Zahlen belegen (Jahr 2000/Deutschland):

  • 27.000 Herzinfarkte und über 44.000 Schlaganfälle,
  • 8.000 neue Fußgeschwüre,
  • 28.000 Amputationen,
  • 6.000 Neuerblindungen,
  • über 8.000 neue Dialysefälle.

Eine frühzeitige Erkennung des Diabetes und die optimale Nutzung aller gesundheitlichen Check-ups und Schulungsmaßnahmen kann die erschreckend hohe Zahl schwerwiegender Folgeerkrankungen drastisch reduzieren. Auch kann das Auftreten der Folgeerkrankungen durch eine dauerhafte optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels zumindest hinausgezögert werden.

Langfristig erhöhte Blutzuckerwerte wirken sich vor allem auf zwei Körperstrukturen aus: die großen und kleinen Blutgefäße und das gesamte Nervensystem, also das unwillkürliche, autonome beziehungsweise vegetative und das motorische und sensible Nervensystem.

Große Blutgefäße versorgen vor allem das Herz, das Gehirn und die Beine. Bei schlecht eingestellten Zuckerwerten verändern sich die großen Blutgefäße in bestimmter Weise. Man nennt diese Schäden an den großen Blutgefäßen Makroangiopathien. Es kommt verstärkt zu Ablagerungen in den Gefäßen, sie verengen sich und werden unelastischer. Diese Veränderungen werden als Arteriosklerose oder umgangssprachlich als Arterienverkalkung bezeichnet. Der innere Durchmesser der Gefäße wird mit der Zeit immer enger und der Blutfluss schwieriger. Das Risiko für akute Durchblutungsstörungen nimmt zu. Ein Schlaganfall, ein Herzinfarkt oder die arterielle Verschlusskrankheit treten vermehrt auf.

Natürlich sind nicht nur Diabetes-Patienten von arteriosklerotischen Gefäßveränderungen betroffen, sondern auch Nicht-Diabetiker. Neben Diabetes sind schlechte Ernährung, Übergewicht, Rauchen, hoher Blutdruck, übermäßiger Alkoholkonsum und hohe Blutfettwerte weitere Risikofaktoren. Diabetiker haben aber ein deutlich erhöhtes Risiko. Schlaganfall oder Herzinfarkt stellen bei ihnen die häufigsten Todesursachen dar.

Kleine Gefäße, die auf eine erhöhte Blutzuckerkonzentration besonders empfindlich reagieren, befinden sich in den Nieren oder an der Netzhaut des Augenhintergrundes. Veränderungen oder Verdickungen an den kleinen Blutgefäßen nennt man Mikroangiopathien. Sie führen zu Durchblutungsstörungen und schließlich Folgeerkrankungen. An den Augen kann sich eine so genannte diabetische Retinopathie, an den Nieren eine diabetische Nephropathie entwickeln.

Sind Nerven von einer Schädigung betroffen, so kann es sich dabei sowohl um die Nerven handeln, die für unser Temperatur- und Tastempfinden verantwortlich sind (periphere diabetische Neuropathie), als auch diejenigen Nerven, die unsere Muskeln, den Herzschlag oder die Verdauung steuern (autonome diabetische Neuropathie).

Die Nervenschädigungen oder Neuropathien entstehen zum einen durch eine mangelnde Sauerstoffversorgung der Nerven aus dem Blut. Dies ist der Fall, wenn die Blutgefäße, welche die Nerven versorgen, selbst geschädigt sind. Zum anderen schädigen die Glukose und ihre Abbauprodukte aber auch die Nervenstränge selbst. Zucker lagert sich an und lässt die Nerven schwellen. Besonders lange Nervenstränge, die beispielsweise die Unterschenkel und Füße versorgen, sind davon betroffen. Missempfindungen in den Füßen sind erste Anzeichen, das Krankheitsbild des diabetischen Fußes zeugt von einem jahrelang schlecht eingestellten Blutzuckerspiegel.

Molekulare Ursachen der Schäden

Bei dauerhaft erhöhten Blutzuckerkonzentrationen bindet sich die Glukose vermehrt an Blutbestandteile und schränkt deren Funktionstüchtigkeit ein. Die Funktionen des Blutes, wie Sauerstofftransport (Erythrozyten) oder der Transport von Nährstoffen und Abfallprodukten, kann beeinträchtigt sein. Ebenso können die Abwehr von Eindringlingen (Leukozyten) oder die Wundheilungsfunktion (Thrombozyten) eingeschränkt sein. Zudem verzuckert die Glukose auch noch bestimmte Blutfette und begünstigt dadurch ihre Anlagerung an die Blutgefäße.

Die Bindung der in hohem Maße vorhandenen Blutzuckermoleküle an das Hämoglobin beeinträchtigt die Sauerstoffversorgung des ganzen Körpers. Hämoglobin ist der Farbstoff der roten Blutkörperchen (oder Erythrozyten) und für die Bindung und den Transport des Sauerstoffs zuständig. Wenn sehr viele Zuckermoleküle, die das Hämoglobin umlagern, mit ihm eine feste Bindung eingehen, werden dadurch die Andockstellen für die Sauerstoffmoleküle blockiert. Die Folge ist eine Unterversorgung des Gewebes und der einzelnen Zellen mit Sauerstoff. Die Organfunktionen werden auch beeinträchtigt.

Daneben macht die Verzuckerung des Hämoglobins die roten Blutkörperchen auch unelastischer und die Blutkörperchen passen kaum noch durch die winzigen Gefäße in Händen und Füßen an. Die optimale Sauerstoffversorgung ist dort nicht mehr gewährleistet.

Aber auch andere Blutbestandteile, wie die Blutplättchen (Thrombozyten), werden durch die hohen Glukosekonzentrationen verzuckert. Sie spielen bei der Blutgerinnung eine wichtige Funktion. In einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung leiden Diabetiker daher häufig unter schlecht heilenden, entzündeten Wunden.

Zudem wird der Gerinnungsfaktor des Blutes erhöht und damit seine Fließeigenschaften verringert. Das erhöhte Infektionsrisiko der Diabetes-Kranken ist auf eine Verzuckerung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) zurückzuführen. Verminderte Fließfähigkeit des Blutes, hoher Gerinnungsfaktor und schlechte Sauerstoffversorgung der kleinsten Blutgefäße führen zu Schäden an den kleinen Blutgefäßen, den so genannten Mikroangiopathien.

Die Schäden an den großen Blutgefäßen werden durch die vermehrte Anlagerung der trägen Blutköperchen oder von verzuckerten Blutfetten an die Gefäßwände begünstigt. Die Gefäße werden vom inneren Durchmesser her enger und hart (Makroangiopathien).