Impfung gegen Rotaviren

Wie häufig sind Rotaviren-Infektionen? Wie kann man sich anstecken?

Im öffentlichen Bewusstsein führen Rotaviren ein Schattendasein, obwohl sie  weltweit jährlich bei einer halben Milliarde Menschen eine schwere Magen-Darm-Infektion hervorrufen; in Deutschland handelt es sich um circa 50.000 Erkrankungen.

Betroffen sind vor allem Kinder bis zu fünf Jahren (75 Prozent der Fälle) und Personen im Alter von über 60 Jahren (8 Prozent der Fälle). In den westlichen Industrienationen infizieren sich am häufigsten Säuglinge und Kinder im Alter von sechs Monaten bis zwei Jahren. Die Schwere der Erkrankung ist dabei recht unterschiedlich. Am häufigsten kommt es zu schweren Folgen bei Säuglingen zwischen einem und 12 Monaten, die einer Krankhauseinweisung führen.

Rotaviren sind hochgradig ansteckende Keime, von denen es mehrere Serotypen gibt, die auch gleichzeitig auftreten. In Europa sind mehr als 90 Prozent der Rotaviren-Erkrankungen auf fünf Untergruppen zurückführbar. Ähnlich wie bei den Grippeviren tauchen auch immer wieder neue Varianten dieser wie ein Speichenrad aussehenden Erreger auf.

Rotaviren werden in großer Anzahl mit dem Stuhl eines Infizierten ausgeschieden, wobei ein Gramm Stuhl bis zu 100 Milliarden Keime enthält. Die Weiterverbreitung geschieht dann über verschmutzte Hände und Gegenstände.

Eine Infektion über verschmutztes Wasser oder Lebensmittel ist ebenso möglich. Neugeborene stecken sich oft schon in der Geburtsklinik an. Bei dieser Altersgruppe und Kleinkindern stellen Rotaviren die Hauptursache für eine im Krankenhaus erworbene Darminfektion dar.

Wie stellt sich das Krankheitsbild dar? Welche Komplikationen können auftreten?

Rotaviren können ohne bemerkenswerte Symptome ablaufen. Meistens jedoch setzten nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Tagen die ersten Durchfälle ein. Es sind bis zu 20 Stuhlentleerungen pro Tag möglich. Die Hälfte der Erkrankten klagt auch über uncharakteristische Symptome im Atemwegsbereich.

Im Laufe der Durchfallerkrankung treten Erbrechen und Fieber auf, zudem Krämpfe im Unterbauch, Schwindel und bisweilen unerträgliche Kopfschmerzen. Sie können die Vorboten einer Hirnentzündung sein.

Gefährlich bei dieser Erkrankung ist – vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern – die schnelle Entwässerung, die zum Verlust von wichtigen Mineralstoffen führt und die Kinder regelrecht austrocknen lässt. Im Extremfall führt dies zu Organversagen. Bei ausreichender medizinischer Versorgung endet die Infektion selten tödlich (0,1%; bsp. vier Sterbefälle in Deutschland im Jahr 2005). Gefährlicher gestaltet sich die Situation in Entwicklungsländern.

Auch nach überstandener Infektion kann es vor allem bei Neugeborenen und Säuglingen aufgrund der stark angegriffenen Darmschleimhaut zu einer Kuhmilchproteinintoleranz kommen.

Wie lange besteht die Gefahr der Ansteckung?

Die Patienten sind von Krankheitsbeginn an hoch ansteckend. Die Infektiosität hält eine Woche an. Bei immungeschwächten Menschen und Frühgeborenen kann diese Zeitspanne bis zu einem Monat andauern.

Wie wird behandelt?

Es besteht keine Möglichkeit, den Keim selbst zum Absterben zu bringen. Die Behandlung beschränkt sich auf die Zufuhr von Flüssigkeit und Mineralstoffen, die gegebenenfalls auch intravenös verabreicht werden.

Wie verbreitet sind Rotaviren?

Rotaviren sind weltweit verbreitet. Außerdem kann das Virus zwischen Mensch und Tier hin- und herwandern. Auch tauchen immer neue Varianten der Viren auf.

Alles „rund“ um die Impfung

Impfempfehlung: Erst seit Sommer 2006 sind in Deutschland zwei Impfstoffe gegen Rotaviren verfügbar. Die STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch Institut) hat sich mit der Frage einer Impfung gegen Rotaviruserkrankungen beschäftigt, diese aber bisher nicht generell empfohlen.

Impfstoff: Bei beiden Impfstoffen handelt es sich um Lebendimpfstoffe, die oral verabreicht werden („Schluckimpfung“). Beide Impfstoffe sind bezüglich auf ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit vergleichbar.

Die Effektivität der Wirkstoffe wird mit 96 bis 98 Prozent angegeben. Über 90 Prozent aller Krankenhausbehandlungen wegen Rotaviren können durch die Impfung verhindert werden. Der Impfschutz hält vermutlich zwei bis drei Jahre an.

Impfzeitpunkt und Impfhäufigkeit: Je nach Impfstoff sind zwei bis drei Impfdosen nötig. Die erste Verabreichung erfolgt ab der 6. Lebenswoche, die letzte Impfdosis sollte – je nach Impfschema – vor der Vollendung der 24. bzw. 26. Lebenswoche liegen. Beide Impfstoffe sind nur für Säuglinge des entsprechenden Alters zugelassen.

Verabreichung mit anderen Impfstoffen: Die Impfstoffe können auch gelichzeitig mit dem Pneumokokkenimpstoff (7-valenter Impfstoff) und dem Impfstoff gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Keuchhusten, Hib und Hepatitis B verabreicht werden.

Unerwünschte Nebenwirkungen: Häufig oder sehr häufig sind Reizbarkeit, Appetitverlust, Durchfall, Erbrechen, Blähungen, Bauchschmerzen, Fieber und Müdigkeit feststellbar.

Was muss noch beachtet werden? Impflinge (9 – 17 Prozent) scheiden die Impfviren auch mit dem Stuhl aus. Eine Übertragung auf die betreuenden Personen ist möglich, aber meist ohne Folgen. Vorsichtig sollten allerdings immunsupprimierte Personen sein, die Kontakt mit dem geimpften Säugling haben. Sie müssen besondere Hygienemaßnahmen ergreifen (bsp. unbedingt gründliche Handhygiene nach dem Windelwechsel).

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009