Alzheimer Verlauf – Die Stadien der Alzheimerkrankheit – leichte, mittlere oder schwere Demenz

Die Stadien der Alzheimerkrankheit

Es gibt viele fundierte Tests, anhand derer das Stadium der Alzheimerkrankheit festgestellt werden kann. Natürlich sind individuelle Verläufe, was das Voranschreiten und graduell auch die Ausprägung der Erkrankung betrifft, möglich. Einen gewissen Einfluss darauf nehmen die individuellen Lebensumstände. Dennoch gibt es ein ganz bestimmtes Muster, nach der die Erkrankung voranschreitet. Dies ist in folgender Tabelle festgehalten (nach Barry Reisberg):

Stadien der Alzheimerkrankheit

SchweregradStadiumSymptome
leicht1unauffällig
2Subjektive Gedächtnisstörungen, die nur dem Betroffenen selbst auffallen
3Leistungsdefizit bei anspruchsvoller Arbeit
4Hilfe nötig bei komplexen Aufgaben
mittel5Hilfe nötig bei Wahl der Kleidung
mittelschwer6
  • Hilfe nötig beim Ankleiden, Baden und Gang zur Toilette
  • Harninkontinenz (Verlust der Blasenkontrolle)
  • Stuhlinkontinenz (Verlust der Darmkontrolle)
schwer7
  • Wortschatz auf 6 Wörter reduziert
  • Wortschatz auf 1 Wort reduziert
  • Fortbewegung unmöglich
  • Sitzen unmöglich
  • Lächeln nicht möglich
  • Kopf aufrecht halten nicht mehr möglich

Neben dieser sehr genauen Einteilung wird der Verlauf der Alzheimerkrankheit auch noch in nur drei Stadien eingeteilt:

  • Frühes Stadium – Vergesslichkeit (leichte Demenz)
  • Zweites Stadium – (mittlere Demenz)
  • Drittes Stadium – (schwere Demenz).

Im Folgenden wird auf die einzelnen Perioden der Erkrankung eingegangen:

Frühes Stadium

Das Leiden beginnt langsam und schleichend. Daher können weder der Betroffene, noch die nächsten Bezugspersonen eine genaue Angabe über den Beginn der Erkrankung geben. Eine Art Vorstadium ohne erkennbare Symptome kann sich über zwei Jahrzehnte oder mehr hinziehen, in denen der langwierige Abbauprozess beginnt.

Mögliche Frühsymptome, wie Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, leichte Ermüdbarkeit, eine erhöhte Reizbarkeit und Wesensveränderungen werden lange Zeit nicht mit einer Demenz in Verbindung gebracht.

Gedächtnisstörungen werden von den Personen der Umgebung lange toleriert oder kaum bemerkt.

Die Betroffenen selbst sind sich dem Nachlassen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit oft besser bewusst und sind darüber beunruhigter, als ihre unmittelbare Umgebung.

Sie nehmen die Symptome sehr früh wahr. Dazu gehören beispielsweise das Verlegen von Gegenständen, das Nichtbehalten von neuen Dingen, oder dass sie in Gesprächen nicht die richtigen Worte finden und sich nicht auf die Äußerungen ihrer Gesprächspartner konzentrieren können. Zudem fällt ihnen auf, dass sie sich in einer neuen Umgebung immer schlechter orientieren können.

Im frühen Stadium sind sie jedoch in der Lage ihre Leistungsminderungen zu kompensieren. Mit großer Anstrengung versuchen sie, ihrer Umgebung Normalität vorzuspielen. Dies erfordert Kraft und fördert Unsicherheit, macht ängstlich und depressiv sowie gereizt, wütend und aggressiv.

Die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück und gehen möglichst Situationen aus dem Weg, die schwierig für sie sind und in denen sie mit Neuem und Unbekannten konfrontiert werden. Alte Hobbys weichen weniger anspruchsvollen Tätigkeiten. Statt langer Romane werden nun Zeitschriften und Bildbände gelesen. Komplizierte Näharbeiten weichen einfacheren, mechanischen Tätigkeiten, wie Stricken.

Die Bezugspersonen der Umgebung vermissen in dieser Krankheitsphase die frühere Aktivität, Eigeninitiative und Spontanität. Mehrere Dinge auf einmal zu erledigen, gelingt den Betroffenen nicht mehr. Früher war es der Großmutter ein Leichtes zu kochen und gleichzeitig auf die Enkelkinder aufzupassen. Nun will sie das nicht mehr und es gelingt ihr auch nicht mehr.

Bereits in der ersten Phase der Erkrankung können wahnhafte Umdeutungen der Realität stattfinden. Für den Betroffenen ist es Wirklichkeit, dass der verlegte Schlüssel vom Sohn verschlampt wurde, die mühsam sortierten Papiere die Putzfrau verräumt hat oder das vermeintlich auf dem Tisch liegende Geld gestohlen wurde.

Mittlere Demenz (zweites Stadium)

Drei Jahre nach der Erstdiagnose wird im Durchschnitt das zweite Stadium der Demenz erreicht. Die Krankheit lässt sich nun nicht mehr verbergen.

Die Sprache und das Sprachverständnis sind deutlich beeinträchtigt. Die Betroffenen verlieren den „roten Faden“ in den Gesprächen. Der Satzbau wird durch kurze Sätze vereinfacht und die Ausdrucksweise ist von Floskeln geprägt.

Die Erkrankten können immer weniger eigene Gefühle mitteilen. Sie sind nicht in der Lage, Wünsche, Kritik oder Forderungen anderen gegenüber zu äußern. Zudem verlieren sie allmählich die Fähigkeit, sich in andere und deren Interessen einzufühlen.

Verschiedene Formen der Desorientierung treten nun zutage. Der Demenzpatient ist sich über die Jahreszeit, das Datum, den Wochentag oder die Uhrzeit nicht mehr im Klaren. Es leidet auch nicht mehr nur das Kurzzeitgedächtnis, sondern auch das sogenannte deklarative Einzelgedächtnis, welches an Einzelereignisse erinnert, wird immer schwächer. Das zuletzt Gelernte geht zuerst verloren. Die Vergangenheit, an die noch Erinnerungen bestehen, wird zur Gegenwart.

Beunruhigender ist jedoch die räumliche Desorientierung. Außerhalb der eigenen Wohnung findet sich der Betroffene nicht mehr zurecht.

Zudem werden Sinneseindrücke zunehmend falsch wahrgenommen. Sogar zärtliche Berührungen können als schmerzhaft empfunden werden. Halluzinationen sind möglich, das heißt, die Erkrankten riechen, schmecken oder hören etwas, was in der Wirklichkeit gar nicht existent ist. Versuchen Außenstehende das zu korrigieren, ernten sie aggressive Reaktionen oder einen beleidigten Rückzug.

Während die Teilnahmslosigkeit oft ein Kennzeichen der ersten Erkrankungsphase ist, weicht sie im zweiten Stadium einer gesteigerten Aktivität und quälender Unruhe. Die Betroffenen nesteln ständig an ihrer Bekleidung herum. Sie wandern umher (täglich oft viele Kilometer), Schreien, Klopfen oder setzten sich ständig auf und nieder.

Der Tag-Nacht-Rhythmus ist nun häufig aufgehoben. Die krankhafte Aktivität – vor allem in den Nachtstunden – wird für die Mitbewohner zu einer harten Belastungsprobe. Zudem können die häufigen Stimmungsschwankungen der Betroffenen – vor allem Angst und Aggressivität – den Umgang mit ihnen sehr erschweren.

Zusammengesetzte Bewegungsabläufe, wie das tägliche Zurechtmachen (waschen, rasieren, anziehen) gelingt immer weniger. Der Haushalt kann nicht mehr selbstständig geführt werden. Für Alltagsroutinen, wie Essen, Anziehen und Körperpflege, wird fremde Hilfe benötigt.

In dieser Erkrankungsphase ist keine Krankheitseinsicht mehr vorhanden. Die Patienten selbst erleben sich selbst nicht als verwirrt, sondern ihre Umwelt gerät zeitlich und räumlich immer mehr ins Wanken, während sie noch klar und logisch strukturiert sind.

Schwere Demenz (drittes Stadium)

Nach durchschnittlich drei weiteren Jahren tritt dieses letzte Stadium der Erkrankung ein.

Die sprachliche Kommunikation ist nicht mehr möglich. Die Betroffenen wiederholen ständig dieselben Worte oder Sätze oder sprechen sinnlos-mechanisch etwas nach. Schließlich verstummen viele völlig.

Die räumliche und zeitliche Orientierung ist gänzlich aufgehoben. Die Betroffenen finden sich nicht einmal in ihrer eigenen Wohnung zurecht.

Auch die Orientierung zur eigenen Person und anderen Menschen geht verloren. Die Erkrankten erkennen nicht mehr ihre Kinder, ihre Lebenspartner oder engste Verwandte. Dies mag vor dem Hintergrund der persönlichen Desorientierung verständlich erscheinen, da sich der Betroffene vielleicht gerade als 40-jähriger erlebt, der zwei kleine Kinder hat. Wie soll dann die nette Dame um die 40 seine Tochter sein? Es geht sogar so weit, dass der Patient sein eigenes Spiegelbild nicht mehr erkennt und der vermeintlich fremden Person einen Namen gibt, da er eine gänzlich andere Vorstellung von sich selbst hat, nämlich den 40-jährigen Familienvater.

In diesem Stadium der Erkrankung treten immer häufiger Störungen der Motorik und Koordination auf. Einfache Bewegungsabläufe sind nicht mehr möglich. Die Kontrolle über die Blase und Stuhl geht verloren. Gleichgewichtsprobleme führen zu Gang- und Standunsicherheit. Typisch ist die gebeugte Haltung mit Tippelschritten. Auch die Beweglichkeit wird immer geringer. Die Folge ist, dass die Patienten bettlägerig werden.

Im Endstadium der Erkrankung können die Betroffenen nicht mehr den Kopf heben, lächeln oder schlucken. Sie sind rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen.

Erschwerend für die Pflege stellt sich die Aggressivität der Erkrankten dar, die bis zum tätlichen Angriff geht. Verständlich ist dieses Verhalten des Betroffenen, wenn man sich in seine Welt hineinversetzt. Er soll sich von jemand für ihn Fremden (die eigene Tochter wird bsp. als solche ja nicht mehr erkannt) waschen lassen, soll mit Fremden essen und an einem fremden Ort nächtigen. All dies sind Umstände, gegen die er sich wehren muss. Erschwerend kommt hinzu, dass eine richtige Kommunikation nicht mehr möglich ist. Erschreckend sind auch Wahnideen und Halluzinationen, die noch häufiger auftreten, als gegen Ende des zweiten Stadiums.

Aber neben all diesen Symptomen können Demenzpatienten noch sehr lange Gefühle wie Hoffnung, Freude und Trauer durch Gestik ausdrücken. Sie können Zuneigung und Liebe annehmen und ablehnen. Die Bedürfnisse nach Liebe, Zuwendung, Geborgenheit und Kontakt sind weiterhin existent. Der Wunsch nach Lob und Anerkennung sowie Beschäftigung – ihren Möglichkeiten entsprechend – ist vorhanden.

Die Lebenserwartung nach der Diagnosestellung beträgt im Mittel fünf bis acht Jahre. Sie kann aber im Einzelfall länger sein. Die diversen körperlichen Leiden (Ess- und Schluckstörungen, verschlechterte Abwehrlage und Unbeweglichkeit) im Spätstadium der Alzheimerkrankheit können leicht zu einer Lungenentzündung führen. Infektionen des Atemtraktes sind die häufigste Todesursache in diesem Stadium.

Demenz – Hilfe für Angehörige und Betroffene, Stiftung Warentest 2006

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011