Psychose (engl. psychosis)
Unter dem Begriff „Psychose“ oder „psychotische Störung“ (nach DSM IV) wird eine Reihe von psychischen Störungen zusammengefasst, bei denen die Betroffenen vorübergehend unter einem Verlust des Realitätsbezugs leiden. Charakteristische Symptome für diese seelische Erkrankung sind Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Mit einer „psychotischen Krise“ bezeichnet den Akutzustand der Erkrankung. Die Mehrzahl der Erkrankten genest nach einer Psychose wieder. Wichtig ist, dass die Therapie möglichst früh einsetzt. Häufig wird der Begriff „Psychose“ mit Schizophrenie gleichgesetzt, was jedoch nicht richtig ist.
Welche Formen von Psychosen gibt es und was sind ihre Ursachen?
Eine Einteilung der Psychosen erfolgt in organisch bedingte Psychosen und nicht-organische Psychosen (endogene Psychosen). Letztere werden dabei untergliedert in die Psychosen des schizophrenen Formenkreises und affektive Psychosen (Manie, Depression, manisch-depressive Erkrankung). Davon zu unterscheiden sind posttraumatische reaktive Psychosen. Sie treten nach extremen psychischen, Belastungen auf. So entwickeln Opfer oder Zeugen von Verbrechen, Katastrophen oder Unfällen oder Hinterbliebene nach Todesfällen psychotische Symptome (bsp. Verfolgungswahn).
1. Organische Psychosen
Die Grundlage dieser Psychosen sind Schädigungen des zentralen Nervensystems, die Einnahme von Drogen oder Alkoholentzug. Zu den Verletzungen und Erkrankungen des Gehirns, die zu einer Psychose führen können, zählen: Hirntumoren, Schädelhirntraumata, frühkindliche Hirnschäden, Infektionen, wie Hirn- oder Hirnhautentzündungen, Epilepsie oder degenerative Hirnerkrankungen (Demenz). Auch hormonell bedingte Erkrankungen, wie eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, gehören dazu. Die Einnahme von Drogen, wie Amphetaminen, Haschisch, LSD, psilocybinhaltigen Pilzen, Meskalin oder extensiver Alkoholkonsum können ebenfalls psychotische Zustände hervorrufen.
2. Psychosen des schizophrenen Formenkreises
Treten die psychotischen Krisen wiederholt auf, halten sie lange an und finden sich keine speziellen Auslöser, wie Drogenkonsum, extreme Belastungen oder organische Ursachen, so spricht man von „Schizophrenie“. Bei dieser schweren geistigen Störung wird neben Problemen in frühester Kindheit eine gewisse genetische Disposition als Krankheitsursache vermutet.
3. Affektive Psychosen
Die psychische Störung äußert sich vor allem im Gefühlsleben. Die Betroffenen erleben Stimmungen in Form von Hochgefühlen (Manie) oder in Form von tiefster Niedergeschlagenheit (schwere Depressionen). Bei manchen wechseln beide Stimmungsextreme miteinander ab (manisch-depressiv). Die extremen Stimmungsschwankungen lassen sich am besten mit „himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“ beschreiben. Die Anzeichen einer Depression sind dabei die Unfähigkeit, Gefühle zu empfinden. Wut, Trauer und Freude werden nicht mehr wahrgenommen. Die Betroffenen leiden unter Antriebsarmut und sind manchmal auch zu gar keinen Aktivitäten in der Lage. Die Manie zeigt sich in völliger Selbstüberschätzung des Betroffenen (Kaufrausch), Überaktivität, ständigem Redefluss, eventuell Streitsucht oder schamlosem Verhalten.
Was sind die Symptome einer Psychose?
Bei dieser seelischen Erkrankung verändern sich die Wahrnehmung und das Denken eines Menschen. Er reagiert nicht mehr, so wie es die Umgebung gewohnt ist. Typische Anzeichen sind:
- Halluzinationen: Bei der Erkrankung sieht, hört, schmeckt oder riecht der Betroffenen Dinge, die gar nicht real existieren. Charakteristisch sind zum Beispiel Hören von Stimmen, Sehen von Lichtblitzen oder filmartigen Szenen. Halluzinationen und Wahngedanken prägen bisweilen das Verhalten. So verstecken sich die Erkrankten in Schränken, aus Angst vor irgendwelchem – in ihrer Phantasie vorhandenem – Getier oder vormals ausgeglichene Menschen sind hyperaktiv, aggressiv oder antriebslos.
- Zusammenhangloses Reden und Denken: Die Betroffenen reden in zusammenhanglosen Sätzen und gehen nicht auf den Gesprächspartner ein. Sie können sich schlecht konzentrieren und einem Gespräch nur schwer folgen. Der Erkrankte und seine Umgebung nehmen wahr, dass sich seine Gedanken überschlagen oder viel zu langsam sind.
- Veränderte Gefühlsreaktionen oder Veränderungen im Verhalten: Die Betroffenen unterliegen bisweilen heftigen Stimmungsschwankungen oder sie reagieren unangemessen auf eine bestimmte Situation. So fangen sie bei traurigen Nachrichten an zu lachen. Das Gefühlsspektrum kann von nervös, unruhig, gereizt, niedergeschlagen bis gefühlsarm und interesselos reichen.
Die aufgeführten Punkte geben nur einen Einblick in die Veränderungen bei einer psychotischen Erkrankung. Die Psychose wird von jedem Menschen anders empfunden und drückt sich in unterschiedlichsten Verhaltensweisen aus, die sich im Laufe der Erkrankung auch noch ändern können.
Welche Probleme können bei der Diagnosestellung auftreten?
Da psychischen Erkrankungen immer noch ein gewisses Stigma anhaftet, gehen die Betroffenen oft erst zum Arzt, wenn die Psychose weit fortgeschritten ist und sie sie selbst als unerträglich empfinden; oder aber der Erkrankte wird aus irgendeinem Grund (bsp. Suizidversuch) in ein Krankenhaus eingeliefert. Lieber ziehen sich die Betroffenen zurück und versuchen allein „mit dem Problem“ fertig zu werden oder spielen ihre Probleme herunter. Für die behandelten Ärzte (Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiater) ist eine klar umschriebene Diagnosestellung oft nicht möglich, da die psychischen Störungen von jedem Einzelnen unterschiedlich empfunden werden und die Übergänge zwischen den einzelnen psychischen Erkrankungen fließend sein können.
Wie kann die Behandlung aussehen?
1. Organische Psychosen
Hierbei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Behandlung der körperlichen Grunderkrankung. Dies können eine Hormonsubstitution bei hormonellen Erkrankungen, Tumoroperationen, das Weglassen von halluzinogen Medikamenten oder Drogen oder ein kontrollierter Alkoholentzug sein. Eingesetzt werden ferner so genannte Neuroleptika (Haloperidol) oder atypische Neuroleptika (Risperidon)
2. Psychosen des schizophrenen Formenkreises
Die Therapie dieser Psychosen umfasst Medikamente (bsp. Neuroleptika), soziotherapeutische (bestimmte Arbeitsplätze, betreutes Wohnen) und ergotherapeutische Maßnahmen (Aufbau einer Tagesstruktur, Schulung von verloren gegangenen Fähigkeiten) und eine Psychotherapie. Den Betroffenen wird nahe gelegt, die Medikamente auch einzunehmen, wenn sie sich gut fühlen. Akuten Krankheitsschüben kann so vorgebeugt werden.
3. Affektive Psychosen
Im akuten Krankheitsfall werden Neuroleptika eingesetzt. Lithium und bestimmte Antiepileptika sollen erneute Krankheitsschübe verhindern. Bei Depressionen werden Antidepressiva gegeben (Amitryptilin, Citalopram). Begleitend sollte auch eine verhaltenstherapeutische oder tiefenpsychologische Psychotherapie durchgeführt werden. Auch bei affektiven Psychosen können soziotherapeutische Maßnahmen nötig sein. Die Meinungen zur Anwendung einer Elektrokrampftherapie bei starken Depressionen sind widersprüchlich, jedoch wird auf diese Therapieform wieder vermehrt zurückgegriffen.