Von den diabetischen Nervenschädigungen kann der gesamte Nervenapparat betroffen sein. Das motorische und sensibel Nervensystem, welches beispielsweise und die Temperatur- und Tastempfinden zuständig ist, und das autonome (unwillkürlich, vegetative) Nervensystem, das für die Funktion der inneren Organe, wie Herz, Lunge, Verdauung, Blase, usw., verantwortlich ist, können geschädigt werden.
Die Ursachen für die Neuropathien sind zum einen die mangelnde Sauerstoffversorgung aus dem Blut, wie sie beispielsweise bei der diabetischen Netzhauterkrankung auftritt. Andererseits schädigt die Glukose und ihre Abbauprodukte die Nerven auch selbst, indem sie sich anlagert und die Nerven quellen lässt.
Schätzungen gehen davon aus, dass sich nach zehn Jahren Diabetes-Erkrankung bei mehr als der Hälfte der Diabetiker Nervenschäden feststellen lassen. Besonders von den Neuropathien betroffen sind die langen Nervenstränge an den Unterschenkeln und Füßen. Erste Symptome für beginnende Nervenschädigungen sind Missempfindungen an den Händen, Beinen und Füßen. Die Symptome sind Taubheitsgefühle, Ameisenlaufen und Kribbeln in den Beinen und brennende Fußsohlen („Gefühl als würde man über heiße Kohlen laufen“, „Burning-feet-Syndrom).
Da alle Nerven betroffen sein können, sind die Auswirkungen der Neuropathien sehr unterschiedlich. Es können beispielsweise folgende Störungen oder Krankheitsbilder auftreten: Herzrhythmusstörungen, ein stummer Herzinfarkt, der ohne Schmerzen einhergeht, plötzliche Blasenschwäche, Gesichtslähmungen oder Schielen durch Lähmung der Augenmuskulatur, Störungen der Schweißregulation, Verdauungsstörungen mit Blähungen, Verstopfung, Durchfall oder Magenentleerungsstörungen und Impotenz.
Bereits eingetretene Neuropathien lassen sich häufig nicht mehr befriedigend rückgängig machen. Die Behandlung der Nervenschädigungen wird individuell auf die betroffene Körperstelle abgestimmt. Stellvertretend werden hier nur einige Beispiele aufgeführt:
- Bei Magenentleerungsstörungen (Gastroparese) verbleibt die Nahrung zu lange im Magen und wird nicht schnell genug in den Darm befördert, da seine Beweglichkeit eingeschränkt ist. Unvorhersehbare Schwankungen im Blutzuckerspiegel sind die Folge, die nur schwer zu behandeln sind. Gegen die verlangsamte Magenentleerung können Medikamente verschrieben werden. Bei Beeinträchtigungen der Darmfunktion können Antibiotika (Tetracyclin) Besserung bringen, obwohl kein Infekt vorliegt.
- Bei Blasenentleerungsstörungen kann der Betroffene durch Drücken der Hände von außen auf die Blase eine Entleerung der Blase forcieren.
- Gesichtslähmungen (periphere Fazialisparese) lassen sich meist auf einseitige Lähmungen der motorischen Gesichtsnerven zurückführen. Ihre Symptome sind: ein herabhängendes Unterlied, das Unvermögen, das Auge ganz zu schließen, die Stirn auf der Seite zu runzeln, sowie eine verstrichene Falte zwischen Nase und Mundwinkel. Die Gesichtslähmung bildet sich häufig innerhalb sehr kurzer Zeit von selbst wieder zurück. Behandelt wird auch mit Infusionen mit Thioctsäurepräparaten, die über einen längeren Zeitraum verabreicht werden müssen.
- Durch Schädigungen der Nerven und Gefäße können sowohl Erektionsstörungen beim Mann als auch eine verminderte Erregbarkeit bei der Frau auftreten. Bis zu 50 Prozent der männlichen Diabetiker und bis zu 30 Prozent der Frauen sollen davon betroffen sein. Frauen mit Diabetes leiden zusätzlich noch an einer Mangeldurchblutung der Vaginalschleimhaut mit verminderter Befeuchtung der Scheide. Neben den unangenehmen Folgen beim Geschlechtsverkehr (bsp. Schmerzen) begünstigt dieser Umstand auch das vermehrte Auftreten von Infektionen ( Pilzinfektionen -> Candida!) im Genitalbereich. Ungefähr die Hälfte der Männer mit Diabetes leiden an Erektionsstörungen, aber nur wenige (8 Prozent) von ihnen lassen sich behandeln. Dabei sind die Therapiemöglichkeiten heute sehr vielfältig und reichen von mechanischen Erektionshilfen, Injektionen in den Schwellkörper bis zu Viagra (siehe dazu genaueres auch im Portal „Impotenz„). Die beste Vorbeugung gegen die Potenzstörungen ist das Ausschalten der möglichen Risikofaktoren (wenig Alkohol, nicht Rauchen) und eine gute Blutzucker– und Blutdruckeinstellung.