Impfen kontrovers

Natürlich ist eine Impfung nur sinnvoll, wenn sie wenige bis gar keine Nebenwirkungen aufweist und Komplikationen, wegen derer sie verabreicht wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit unterbleiben.

Bei den heutzutage angebotenen Standard- und Indikationsimpfungen überwiegt der Impfnutzen eindeutig das Impfrisiko.

Folgende Beispiele mögen dies verdeutlichen:

  • Tollwut endet nach einer Infizierung unweigerlich tödlich. Eine Impfung verhindert den tödlichen Verlauf.
  • Auch eine Hapatitis-A-Impfung endet niemals tödlich. Demgegenüber beträgt bei einem nicht geimpften Erwachsenen die Wahrscheinlichkeit 2%, dass er nach einer Infektion stirbt, wenn sein Alter über 50 Jahre liegt.
  • Auch die vermeintlich so harmlose Kinderkrankheit „Masern“ verursacht bei jedem 1000. Patienten eine Hirnentzündung, die bei fast einem Drittel der Betroffenen bleibende Hirnschäden hinterlässt und sogar tödlich enden kann.
  • Absolut fatal ist es für ein Ungeborenes, wenn die Mutter in der Schwangerschaft an Röteln erkrankt. In jedem zweiten Fall kommt es zu schweren Missbildungen des Kindes oder das Ungeborene stirbt bereits im Mutterleib.

Diese Liste lässt sich auch für andere Erkrankungen – vermeintlich auch so harmlose Erkrankungen wie Windpocken oder Mumps – weiter fortsetzten.

Trotzdem besteht in Deutschland eine gewisse Impfmüdigkeit. Gründe dafür sind unter anderem:

  • Die Generation, die über die Impfung ihrer Kinder heutzutage entscheidet, hat die schlimmen Auswirkungen beispielsweise einer Polio-Erkrankung oder einer Diphtherie nicht selbst oder im näheren Umfeld erlebt. Das Bewusstsein für die Gefährlichkeit dieser und anderer Erkrankungen ist nicht vorhanden.
  • Eltern, die bewusst auf Impfungen ihrer Kinder verzichten, wünschen sich oft eine möglichst natürliche Entwicklung ihrer Kinder. Sie glauben, eine durchgemachte Erkrankung stärke das Immunsystem besser als eine Impfung und fördere die Entwicklung.
  • Sie misstrauen der Sicherheit der Impfstoffe.
  • Außerdem halten sie die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen bei einer Erkrankung für extrem gering und Impfungen in Deutschland für nicht notwendig.

Demgegenüber muss man folgende Argumentation stellen:

  • Die Entwicklungsfortschritte des Kindes können auch bei den vielen anderen Erkrankungen gemacht werden, die dem jungen Organismus im Laufe seines Lebens bevorstehen. Man muss sich dazu nicht Erkrankungen aussuchen, die nachweislich schwere Komplikationen und bleibende Schäden hervorrufen können. Warum sollte man das Schicksal herausfordern?
  • Moderne Impfstoffe werden millionenfach gegeben und werden vorher ausgiebig getestet. Die Impfstoffentwicklung und –herstellung bringt immer verträglichere und sicherere Impfstoffe hervor. Verdeutlichen mag dies allein die Anzahl der Komponenten der Impfstoffe. Mit Komponenten meint man in der Regel Eiweiße (Antigene), welche in den einzelnen Impfstoffen enthalten sind und mit denen sich der Organismus des Impflings auseinandersetzen muss. Um 1900 wurden mit einem einzigen Standardimpfstoff gegen Pocken etwa 200 Antigene verabreicht. Ab 1960 inklusive der gewachsenen Anzahl der Impfstoffe (Pocken, Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Kinderlähmung) etwa 3 200 Komponenten. Im Jahr 2007 sind es nur noch knapp 130 Komponenten, obwohl noch weitere Impfstoffe eingeführt wurden (Masern, Mumps, Röteln, Hib, Hepatitis B, Windpocken, Pneumokokken, Meningokokken).
  • Erkrankungskomplikationen sind auch bei den vermeintlich harmlosen Kinderkrankheiten nicht gering. Sie werden ausführlich bei den einzelnen Erkrankungen besprochen.
  • Das Infektionsrisiko für die Infektionskrankheiten „Masern, Mumps, Röteln“ steigt auch hierzulande an, wie der kontinuierliche Anstieg an Masernerkrankungen in den letzten Jahren veranschaulicht. Um die Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern, wäre eine Impfquote von über 90 bis 95 Prozent nötig, was nicht gegeben ist. Auch Kinderlähmung oder Diphtherie, die hierzulande als ausgerottet gelten, können durch Touristen oder Einwanderer schnell eingeschleppt werden und sich epidemieartig ausbreiten, da auch vielen Erwachsenen die Auffrischimpfungen fehlen.
  • Als ein weiteres Argument für Impfungen mag gelten, dass sie zeitlich kalkulierbarer sind. Eine Infektion trifft einen irgendwann, bsp. im Urlaub, vor einer wichtigen Veranstaltung oder vor einem Fest. Für Windpocken bsp. muss man dann – bei komplikationslosem Verlauf – mindestens 14 Tage einplanen, bis man nicht mehr ansteckungsfähig ist. Bei einer Impfung besteht keine Ansteckungsgefahr für andere. Eine eventuell auftretende Impfreaktion (bsp. Fieber und Ausschlag bei Masern) dauert nicht so lange wie eine Infektion und man weiß den Zeitrahmen, wann sie auftritt (ca. 10 Tage nach der Impfung).

Befürworter von Impfungen argumentieren auch folgendermaßen: Impfen stellt keine Glaubensfrage dar, sondern ist eine Frage der Verantwortung für sich, seine Kinder und das ganze Umfeld, das angesteckt werden kann.

Folgende Beispiele veranschaulichen die These:

So ist eine Auffrischimpfung von Keuchhusten nicht nur für den betroffenen Jugendlichen nützlich, sondern auch für sein neugeborenes Geschwisterkind, denn es besteht bei Keuchhusten kein Nestschutz. Ein sexuell aktiver Mann, der sich gegen Hepatitis A impfen lässt, schützt nicht nur sich vor dieser gefährlichen Lebererkrankung, sondern auch seine Sexualpartner/in. Ein gesundes, kräftiges Kind von 10 -12 Jahren, das an Masern erkrankt, überwindet die Krankheit vielleicht selbst sehr gut. Aber was ist mit dem 10 Monate alten Kind, das er versehentlich in der Kinderarztpraxis ansteckt und dessen Immunsystem nicht so robust ist wie seines?

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009