Schlafstörungen (engl. sleep disorder)
Schlafstörungen sind Abweichungen vom normalen Schlafverhalten. Meist handelt es sich nur um vorübergehende Beeinträchtigungen. Dauern die Schlafstörungen jedoch über einen längeren Zeitraum an, so können sie zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und Leistungsminderung führen. Die genaue Ursache muss dann ermittelt werden, da Schlafstörungen auch ein Symptom von körperlichen oder psychischen Erkrankungen sein können.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Arten von Schlafstörungen. Sie werden in zwei Kategorien eingeteilt:
- Beeinträchtigungen des Schlafes in Bezug auf Dauer, Qualität und zeitlicher Abfolge. Hierunter fallen: Schwierigkeiten beim Einschlafen, Durchschlafstörungen, vorzeitiges Erwachen aus dem Schlaf, Schlaflosigkeit (Insomnie), ein gesteigertes Schlafbedürfnis mit erhöhter Einschlafneigung (Hypersomie) und Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus (Dysrhythmie).
- Schlafstörungen, die im Zusammenhang mit bestimmten Schlafstadien oder beim Übergang zwischen Schlaf und Wachsein auftreten. Hierzu gehören das Schlafwandeln (Somnambolismus), die Nachtangst (Pavor nocturnus), das Zähneknirschen (Bruxismus) und Alpträume.
Wie viel Schlaf ein Mensch braucht ist individuell verschieden und auch von der Lebensphase und der körperlichen Aktivität am Tage abhängig. So geht man davon aus, dass Babys circa 16 Stunden Schlaf brauchen, Kinder und Jugendliche zwischen neun und zwölf Stunden und Erwachsene im Durchschnitt acht Stunden. Ältere Menschen kommen häufig mit weniger Schlaf aus (6 Stunden).
Wissenswertes über die Vorgänge während des Schlafens
Der Schlaf hat viele Aufgaben bei der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Eine „biologische Uhr“ im Gehirn ist verantwortlich für den Tag-Nacht-Rhythmus, den so genannten zirkadianen Rhythmus. Während des Schlafes können bei Erwachsenen vier Schlafphasen unterschieden werden.
Die erste Phase ist der Übergang vom Wachsein über die Ermüdung bis zum richtigen Schlaf. In der 2. Phase schläft man richtig, jedoch kann man leicht geweckt werden. Die Phasen 3 und 4 sind Tiefschlafphasen. Die Hirnaktivität ist verlangsamt. In Phase 4 ist die tiefste Schlafphase. Der Schlafende kann nur schwer geweckt werden.
Erwachsene schlafen nachts ungefähr in 90-Minuten-Zyklen. Jeder Zyklus fängt mit leichtem Schlaf an (etwa 50% des Schlafes), dann folgt Tiefschlaf (circa 20% des Schlafes), darauf schließt sich wieder leichter Schlaf mit Träumen (circa 30% des Schlafes) an. Zudem wird unterschieden in einen REM-Schlaf (engl. rapid eye movement) oder Traumstadium mit raschen Augenbewegungen und in einen Non-REM-Schlaf (NREM). Bei letzterem werden nur noch die Vitalfunktionen des Körpers aufrechterhalten. Beim Non-Rem-Schlaf macht man die Schlafphasen 1 bis 4 durch, dann schließt sich eine REM-Phase an, die immer mit zunehmender Schlafdauer immer länger wird.
Säuglinge haben ein anderes Schlafmuster als Erwachsene. Sie schlafen bei Lärm oft besser als bei Stille. Ihr Schlaf ist auch unruhiger und durch eine wechselnde Gesichtsmimik kennzeichnet. Ein Tag-Nacht-Rhythmus besteht zunächst nicht. Die REM- und NREM-Phasen sind bei Neugeborenen fast gleich. Die meisten Neugeborenen schlafen zwischen drei bis vier Stunden am Stück und sind dann wach. Erst mit drei oder vier Monaten fällt ein Baby in Tiefschlaf. Er dauert jedoch nur halb so lang wie bei Erwachsenen. Es wird daher als normal angesehen, wenn Babys nachts drei- bis viermal aufwachen. Erst mit etwa einem Jahr entspricht das Schlafmuster eines Kindes ungefähr dem eines Erwachsenen. Jedoch wachen 25 bis 30% der Kinder auch nach ihrem 1. Geburtstag nachts regelmäßig auf.
Bei anhaltenden Wachphasen in der Nacht bis ins Kindergartenalter hinein, helfen oft verhaltenstherapeutische Maßnahmen, um einen durchgehenden Nachtschlaf zu erreichen. Auch Jugendliche haben noch ein anderes Schlafverhalten als Erwachsene. Lässt man sie solange schlafen, bis sie von alleine aufwachen, so schlafen sie zehn bis elf Stunden. Sie leiden meist aufgrund ihres Lebensstils an Schlafmangel. Schlaflosigkeit hat bei ihnen häufig psychische und soziale Ursachen. Auch der übermäßige Genuss von aufputschenden Substanzen, wie Koffein oder Nikotin, führt zu Schlafstörungen. Hier führen eine Überprüfung des Lebensstils und die Umstellung der Lebensgewohnheiten zu erholsamen Schlaf.
Kennzeichen und mögliche Ursachen der Schlaflosigkeit (Insomnie)
Es handelt sich um eine längere Zeit andauernde Schlafstörung (> 1 Monat). Dabei können drei Ursachen für die Schlaflosigkeit verantwortlich sein: Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder vorzeitiges Erwachen.
Bei Einschlafstörungen brauchen die Betroffenen mehr als eine halbe Stunde, bis sie einschlafen. Die Ursachen sind primär in Erkrankungen der Schlafzentren zu suchen oder treten auf bei:
- Einwirkung von Lärm und Licht,
- nach der Einnahme von Drogen, wie Ecstasy oder Amphetaminen,
- bei Schmerzen,
- bei Stress, Angst, Sorgen und Schuldgefühle,
- bei zuviel Schlaf während des Tages oder in den frühen Abendstunden.
Bei Durchschlafstörungen ist der Schlaf oberflächlich und „zerhackt“. Die Betroffenen wachen ohne körperliche Bedürfnisse, wie zum Beispiel Harndrang oder Durst, immer wieder auf. Diese Form der Schlafstörung tritt zumeist bei älteren Menschen oder bei sehr hohem Fieber auf. Auslöser können auch Lärm und eine schlechte Wohnqualität sein. Auch ein überheizter oder zu kalter Raum sowie schlechte Luft können Durchschlafstörungen bewirken. Ein Schlafkiller können auch größere Mengen an Alkohol sein. Bei Konsum von viel Alkohol schläft man zwar schnell ein, jedoch belastet der Alkohol das Nervensystem und die Organe. Die Betroffenen wachen jedoch schnell wieder auf. Der REM-Schlaf wird unterdrückt und das Schlafprofil ändert sich.
Morgendliches Früherwachen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen viel zu früh aufwachen und dann nicht mehr einschlafen können. Dieses vorzeitige Erwachen entwickelt sich zum Beispiel in Lebensphasen mit belastenden Ereignissen. Jedoch kann diese Schlafstörung auch organische Ursachen, wie eine Gehirnentzündung, das Schlafapnoe Syndrom, eine Herzinsuffizienz oder eine Schilddrüsenüberfunktion haben. Möglich sind auch psychische Gründe, wie Depressionen, Psychosen oder Demenz. Weitere organische Ursachen für Insomnie können auch Erkrankungen der Lunge (Asthma), der Nieren oder des Magen-Darm-Trakts sein.
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus (Dysrhythmie)
Hiermit sind länger andauernde und starke Verschiebungen der Schlaf- und Wachphasen gemeint. Der Tagesablauf und das Arbeitvermögen leiden darunter. Die Ursachen für diese Störung können Flugreisen über mehrere Zeitzonen hinweg sein (Jet lag) oder Nacht- und Schichtarbeit.
Hypersomie
Diese Form der Schlafstörung zeichnet sich durch ein erhöhtes Schlafbedürfnis mit verstärkter Einschlafneigung aus. Die Betroffenen schlafen eigentlich genug, sind aber trotzdem tagsüber müde. Die primäre Form der Hypersomie ist gekennzeichnet von Zuständen von Schläfrigkeit, die zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit führen. Dieser Zustand tritt fast täglich oder immer wieder über einen längeren Zeitraum auf. Physische oder psychische Ursachen können diese Form der Hypersomie nicht erklären. Die sekundäre Hypersomie lässt sich auf organische Ursachen zurückführen. Gründe können Vergiftungen oder das Schlafapnoe-Syndrom sein.
Schlafwandeln (Somnambulismus) oder Mondsüchtigkeit
Diese Form der Schlafstörung tritt gehäuft bei Kindern und Jugendlichen auf. Die Betroffenen führen im Schlaf komplexe Handlungen aus, ohne sich dessen bewusst zu sein. Eine Episode dauert meist nicht länger als 15 Minuten. Sie findet im ersten Drittel der Schlafperiode statt. Schlafwandler stehen auf und bewegen sich langsam und automatisch. Sie können sich an ihre Handlungen nicht mehr erinnern, wenn sie aufwachen. Zu den auslösenden Faktoren zählen Stress, Schlafmangel, Geräusche, Medikamente oder eine volle Harnblase. Die wichtigste Maßnahme besteht darin, die Betroffenen vor Unfällen zu beschützen.
Nachtangst (Pavor nocturnus)
Diese Form der Schlafstörung tritt im ersten Drittel des Nachtschlafes auf und kommt hauptsächlich bei Klein- und Schulkindern vor. Die Kinder schrecken aus dem Schlaf auf und schreien panikartig. Meist sind sie nicht ansprechbar und lassen sich nicht trösten. Die Episode kann 1 bis 10 Minuten andauen. Am nächsten Morgen können sich die Kinder nicht mehr daran erinnern. Es wird angenommen, dass es sich bei der Nachtangst um eine Reifungsstörung der Abfolgeregulation von Schlafstadien handelt. Eine Behandlung wird in Erwägung gezogen, bei häufigem Auftreten und wenn weitere Gründe zur Besorgnis bestehen. Mittel der Wahl können tricyclische Antidepressiva sein.
Zähneknirschen (Bruxismus)
Das nächtliche Zähneknirschen ist nicht typisch für eine bestimmte Schlafphase und hat keinen Einfluss auf die Schlafqualität. Jedoch führt es zu einer verstärkten Belastung und Abnutzung der Zähne und ist aufgrund des erhöhten Geräuschpegels hauptsächlich für den Mitschläfer unangenehm. Der Auslöser für das Zähneknirschen ist meist Stress. Das Zähneknirschen kann mit Entspannungsübungen und einer Bissschiene behandelt werden.
Albträume
Albträume sind aufwühlende, Angst machende Traumerlebnisse. Sie treten im letzten Drittel der Schlafperiode auf. Die Betroffenen können sich meist an die Alpträume erinnern. Manche Alpträume kehren immer wieder und lösen einen gewissen Leidensdruck aus. Meist sind bevorstehende belastende Ereignisse oder traumatische Erlebnisse der Grund für die Alpträume. Dies können Prüfungen, Unfälle oder schwere Krankheiten sein. Auch Alkohol- und Drogenkonsum kann verantwortlich für Albträume sein.
Mögliche Auswirkungen von Schlafstörungen
Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch Übermüdung am Arbeitplatz oder im Straßenverkehr hervorgerufen wird, ist auf mehrere Milliarden Euro zu beziffern. Anhaltender Schlafmangel wirkt sich auf viele Körperfunktionen aus. Er verändert die Wahrnehmung, beeinträchtigt die Sinne und schwächt das Immunsystem. Chronischer Schlafmangel kann auch zu Depressionen, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Magen-Darm-Erkrankungen führen. Dauernder Schlafmittelgebrauch bewirkt eventuell eine Medikamenten-Abhängigkeit. Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus können zu Unkonzentriertheit, Müdigkeit, Reizbarkeit und schließlich Unfällen am Arbeitsplatz oder beim Autofahren führen.
Behandlung von Schlafstörungen
Bei organisch bedingten Schlafstörungen müssen die zugrunde liegenden Erkrankungen therapiert werden. Nicht organisch verursachte Schlafstörungen werden mit Schlafmitteln und Entspannungstherapien behandelt. Schlafmittel sollten dabei immer nur auf ärztlichen Rat und für einen befristeten Zeitraum eingenommen werden. Sie bergen ein großes psychisches und physisches Suchtpotential. Wichtig ist es auch, Verhaltensweisen aufzudecken und zu verändern, die die Schlaflosigkeit begünstigen (bsp. übermäßiger Koffein- und Alkoholgenuss, zu viel Schlaf während des Tages). Eine Psychotherapie oder Gesprächstherapie kann hilfreich sein, wenn die Schlaflosigkeit durch emotionalen Stress ausgelöst wird. Man kann auch Entspannungstechniken, wie Yoga oder Autogenes Training, ausprobieren.
Alternativtherapien können eventuell zu einer Minderung der Symptome der Schlaflosigkeit führen. Hier zu nennen sind Akupunktur und Shiatsu und die Traditionelle Chinesische Medizin. Die Pflanzenheilkunde hilft mit Kräutern, die beruhigend auf das Nervensystem wirken. Dazu zählen Linde, Kamille, Hopfen, Baldrian oder Passionsblume. Sie werden meist als Tee zubereitet. In der Aromatherapie setzt man auf entspannende Massagen mit Sandelholz oder Lavendel.
Die Naturheilkunde empfiehlt regelmäßige Bewegung, feste Schlafenszeiten, eine eiweißarme Mahlzeit mindestens drei Stunden vor der Bettruhe und entspannende Bäder mit Bittersalz oder Melissen- bzw- Lavendelöl vor dem Schlafengehen. Eine Lichttherapie kann den gestörten Schlafrhythmus von Schichtarbeitern wieder ins Lot bringen. Manchmal bringen auch einfache Hausmittel, wie ein Glas Milch vor dem Zubettgehen oder Magnesium (Brausetablette), den gewünschten Erfolg.