Aminosäuren

Aminosäuren sind organische Verbindungen, die chemisch gesehen über eine Carboxygruppe (-COOH) und eine Aminogruppe (-NH2) verfügen. Für den menschlichen Körper sind sie unverzichtbar, vornehmlich deshalb, weil sie die Bausteine der Proteine (Eiweiße) sind.

Gebunden in Proteinen oder auch als nicht-proteinogene Aminosäuren (nicht in Eiweiße eingebaut) sind Aminosäuren Bestandteile von vielen biologischen Strukturen und Molekülen. Dazu zählen:

  • Enzyme, die Biokatalysatoren des Organismus,
  • Antikörper (Immunglobuline),
  • Muskeln (Aktin- und Myosinfilamenten),
  • Hormone (Insulin, Schilddrüsenhormone, Hormone der Hirnanhangdrüse)
  • Kollagen und Elastin (Bindegewebe),
  • Transportproteine im Blut,
  • Fibrinogen und Thrombin (essenziell für die Blutgerinnung),
  • Neurotransmitter (Nervenbotenstoffe, bsp. GABA).

Einteilung der Aminosäuren

Es gibt unterschiedliche Kriterien Aminosäuren einzuteilen:

Werden sie in Proteine und Peptide (kürzere Aminosäureketten) eingebaut, so spricht man von proteinogenen Aminosäuren. Im engeren Sinne handelt es sich dabei um die 20 Standardaminosäuren. Sie heißen: Glycin, L-Alanin, L-Serin, L-Threonin, L-Valin, L-Leucin, L-Isoleucin, L-Asparaginsäure, L-Asparagin, L-Glutaminsäure, L-Glutamin, L-Arginin, L-Lysin, L-Cystein, L-Methionin, L-Tyrosin, L-Phenylalanin, L-Tryptophan, L-Histidin und L-Prolin.

Daneben gibt es noch viele nicht-proteinogene Aminosäuren, die aber ebenfalls wichtige biologische Funktionen haben. Zu nennen sind hier Thyroxin, eine Alpha-Aminosäure, welche die Funktion eines Schilddrüsenhormons hat sowie GABA (Gamma-Amino-Buttersäure), die einen Nervenbotenstoff darstellt oder ß-Alanin, ein Baustein des Coenzyms A.

Weitere Einteilungskriterien sind zum Beispiel die chemische Struktur (aliphatisch, aromatisch, heterocyclisch, schwefelhaltig), bestimmte chemische Eigenschaften (sauere und basische Aminosäuren) und die Endprodukte, die entstehen, wenn die Aminosäuren abgebaut werden. Dabei unterscheidet man glukoplastische (Endprodukt Glukose) und ketoplastische Aminosäuren (Endprodukt Ketonkörper). Daraus ist auch ersichtlich, dass Aminosäuren auch für die Energiegewinnung herangezogen werden können, da aus ihnen – in Hungerzeiten, Fasten – Glukose (Traubenzucker) hergestellt wird, die weiter Energie bringend verstoffwechselt wird.

Man unterscheidet zudem noch in essenzielle und nicht essenzielle Aminosäuren. Letztere kann der Körper selbst herstellen. Die essenziellen Aminosäuren müssen – ähnlich den Vitaminen – mit der Nahrung aufgenommen werden. Bei einer Unterversorgung mit Proteinen und Aminosäuren kann es leicht zu Protein-Energie-Mangel-Krankheiten kommen. Diese Erkrankungen stellen in tropischen Entwicklungsländern ein verbreitetes Problem dar, weil dort selten proteinreiche Nahrung zur Verfügung steht.

Aminosäurestoffwechsel

Der Aminosäurestoffwechsel umfasst alle biochemischen Prozesse, die zu einem Aufbau oder Abbau von Aminosäuren im Körper führen.

Die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine werden im Verdauungstrakt gespalten und ihre Bestandteile – die Aminosäuren gelangen als freie Aminosäuren ins Blut.

In den Körperzellen werden aus dem Aminosäuren die Proteine für die wichtigen Körperstrukturen nach einem bestimmten Bauplan zusammengesetzt (Proteinbiosynthese). Das sind zum Beispiel Leberproteine oder Plasmaproteine.

Manche Aminosäuren werden auch einfach nur zur Energiegewinnung abgebaut oder dienen der Synthese der Glukose (Traubenzucker) und damit auch der Energiegewinnung. Bestimmte Aminosäuren durchlaufen auch eine Umwandlung in andere Produkte wie die Porphyrine (roter Blutfarbstoff, Katalase – Wasserstoffperoxidvergiftung) oder Purine (wichtiger Bestandteil der Nukleinsäuren ->Speicher der Erbinformation).

Störungen im Aminosäurestoffwechsel

Es gibt unterschiedliche Störungen des Aminosäurestoffwechsels, von denen viele auf einem angeborenen Enzymdefekt beruhen (Ahornsirupkrankheit, Homocysteinurie, Phenylketonurie).

Da sich bereits früh im Leben – bei solch einem genetischen Defekt – Symptome zeigen, werden Neugeborene bei der ersten Früherkennungsuntersuchung routinemäßig auf die meist verbreiteten Störungen untersucht.

Eine Störung, die den Aminosäurestoffwechsel betrifft und auf die routinemäßig im Neugeborenenscreening getestet wird, ist die Phenylketonurie (PKU). Bei dieser angeborenen (genetischen) Erkrankung kann die essenzielle Aminosäure Phenylalanin durch einen Enzymmangel (Phenylalaninhydroxylase) nicht abgebaut werden.

Phenylalanin ist natürlicher Bestandteil von Proteinen, deren Ursprung Fleisch, Fisch, Milch, Milchprodukte und Soja ist. Ein stoffwechselgesunder Mensch baut die Aminosäure mithilfe des Enzyms Phenylalaninhydroxylase zur Aminosäure Tyrosin um. Aus ihr werden lebenswichtige Substanzen, wie Dopamin (Nervenbotenstoff), Thyroxin (Hormon der Schilddrüse) sowie Adrenalin und Noradrenalin gebildet. Zudem stellt Tyrosin einen Vorläufer des Farbstoffs Melanin dar, der die Augen und die Haut dunkel färbt.

Bei der PKU finden sich im Körper nach eiweißreichen Speisen hohe Konzentrationen an Phenylalanin. Diese schädigen auf Dauer die Nerven und das Gehirn und führen zu geistiger Behinderung. Ist der Enzymmangel jedoch rechtzeitig bekannt (Guthrie-Test, direkte Bestimmungsmethoden für Aminosäuren), können diese Schäden durch eine lebenslange phenylalaninreduzierte Diät vermieden werden.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 21.02.2009