Sarkoidose – Morbus Besnier-Boeck-Schaumann (engl. sarcoidosis)

         

Sarkoidose – Morbus Besnier-Boeck-Schaumann (engl. sarcoidosis) Die Sarkoidose ist eine häufig auftretende entzündliche Allgemeinerkrankung. Im Körper bilden sich krankhafte, knotenartige Ansammlungen von Entzündungszellen (= Granulome). Typischerweise sind die Lunge und die Lymphknoten im Bereich des Brustkorbs (Hiluslymphknoten) betroffen. Die Granulome können sich aber auch in der Leber, den Augen sowie in der Haut bilden. Weniger häufig werden die Milz, die Knochen, Gelenke, Skelettmuskeln, Nieren, Herz und die Nerven in Mitleidenschaft gezogen. Viele Menschen nehmen keine Symptome wahr. Bei den anderen kann sich die Erkrankung auf vielfältigste Weise äußern, je nachdem welche Organfunktion gestört ist. Die knötchenartigen Gewebeneubildungen können sich von selbst wieder zurückbilden oder sie werden in Narbengewebe umgebaut.

Die Sarkoidose tritt meist bei jungen Erwachsenen auf. Die Anzahl der Erkrankten wird auf 10 – 40 pro 100 000 Einwohner geschätzt, wobei regionale Unterschiede bestehen (Nordeuropa häufiger, Mittelmeerländer oder Afrika sehr selten). Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren. Frauen sind etwas häufiger betroffen.

Ursachen

Die Granulome werden durch eine Aktivierung des Immunsystems hervorgerufen. Bei fast allen Patienten liegt eine Störung der sogenannten T-Zellfunktion vor. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von weißen Blutkörperchen, die zum Abwehrsystem gehören.

Warum es zu dieser Störung kommt, ist nicht geklärt. Es werden genetische und umweltbedingte Faktoren angenommen. Auf eine erbliche Ursache lässt schließen, dass etwa 5 % der Sarkoidoseerkrankungen familiär gehäuft auftreten. Dagegen haben Raucher ein geringeres Risiko, an Sarkoidose zu erkranken.

Symptome

Es werden zwei Verlaufsformen unterschieden:Die Sarkoidose kann akut (30 % der Fälle) oder chronisch (70 % der Erkrankungen) auftreten.

Der akute Form ist durch Allgemeinsymptome, wie Fieber, Müdigkeit und einem allgemeinen Leistungsknick, gekennzeichnet. Dazu kommen Gelenkbeschwerden und eine Knotenrose (= Erythema nodosum). Sie äußert sich in erhabenen empfindlichen roten Beulen oder Flecken, die für gewöhnlich an den Schienbeinen auftreten. Begleitet ist diese Form auch von trockenem Husten und Atembeschwerden bei Belastung. Sonstige Symptome haben ihren Ursprung in den unterschiedlichen Organmanifestationen (siehe unten).

Die Prognose dieser Verlaufsform ist sehr gut. Bei über 95 % der Fälle bildet sich die Erkrankung innerhalb von wenigen Monaten spontan zurück. Nur bei einem kleinen Teil der Patienten kann sich eine fortschreitende Lungenfibrose entwickeln. Dabei wird funktionstüchtiges Lungengewebe aufgrund entzündlicher Prozesse in Bindegewebe umgebaut. Zunehmende Atembeschwerden (vor allem beim Einatmen) sind das Leitsymptom.

Die chronische Sarkoidose verläuft über Monate und zeigt sich in zunehmenden Atembeschwerden bei Belastung. Zudem besteht Reizhusten. Viele Betroffene haben auch keine Beschwerden und die Erkrankung wird zufällig anhand einer Röntgenuntersuchung des Brustkorbs entdeckt. Je nach weiterem Befall anderer Organe können sich weitere Symptome zeigen (siehe unten). Bei der Hälfte der Erkrankten bleiben (meist leichte) Dauerschäden zurück, welche vornehmlich die Lunge betreffen, weil die Erkrankung aufgrund der geringen Symptome oft lange nicht erkannt und behandelt wird.

Weitere Organmanifestationen

Haut: Dieses Organ wird häufig bei einer Sarkoidose angegriffen. Zu Beginn der Erkrankung zeigen sich erhabene, druckschmerzhafte, rote Knoten, die kirsch- bis pflaumengroß werden können. Sie treten für gewöhnlich an den Schienbeinen auf. Man bezeichnet diese Hauterscheinungen als Erythema nodosum oder Knotenrose. Dauert die Sarkoidose länger an, so können sich plane oder erhabene Flecken oder Beulen unmittelbar unter der Haut bilden. Nase, Wangen, Lippen und Ohren verfärben sich rotblau (= Lupus pernio).

Augen: Bei vielen Menschen mit Sarkoidose zeigen sich Symptome an den Augen. Auffällig sind trockene, entzündete oder rote Augen, die sich auf einen Mangel an Tränenflüssigkeit zurückführen lassen, da die Tränendrüsen verstopft sind. Weiterhin kann auch der innere Bereich des Auges, die sogenannte Uvea, also die Iris (=Regenbogenhaut), der Strahlenkörper und die Aderhaut entzündlich verändert sein. Die Augen sind rot, es bestehen stechende Augenschmerzen und das Sehvermögen ist beeinträchtigt.

Leber und Milz: Ein großer Teil der Erkrankten hat Granulome in der Leber. Sie bereiten für gewöhnlich keine Beschwerden. Nur bei 10 % der Betroffenen ist eine Lebervergrößerung feststellbar. Nur selten tritt eine Gelbsucht auf. Die Milz kann sich ebenfalls vergrößern.

Herz: Granulome, die sich am Herzen bilden, können zu Brustschmerzen (Angina Pectoris) oder Herzschwäche führen. Ist das Reizleitungssystem in Mitleidenschaft gezogen, so kann das zu tödlichen Herzrhythmusstörungen führen. Dies ist die häufigste Ursache für plötzliche Todesfälle bei einer Sarkoidose.

Gelenke und Knochen: Entzündungen können Schmerzen in allen Gelenken hervorrufen. Besonders häufig betroffen sind jedoch die Hand- und Fußgelenke. In den Knochen können sich Zysten bilden, die zu einem Anschwellen naher Gelenke führen können und diese druckempfindlich machen.

Nerven: Auch eine Schädigung der Gehirnnerven ist möglich. Dies kann zu Doppelsehen führen und in seltenen Fällen auch zu einer Lähmung im Gesicht (= Facialisparese). Ist auch die Hirnanhangdrüse betroffen, so kann sich ein sogenannter Diabetes insipidus entwickeln. Hierbei wird extrem viel Urin ausgeschieden, da die Produktion eines Hormons (Vasopressin) der Hirnanhangdrüse fehlt. Dieses Vasopressin wird benötigt, um den Urin zu konzentrieren.

Nieren: Bei der Sarkoidose kann der Kalziumspiegel im Blut und Urin erhöht sein. Dies ist auf eine erhöhte Kalziumaufnahme aus dem Darm zurückzuführen. Die verstärkte Resorption ist durch eine gesteigerte Produktion von Vitamin D bedingt, dessen Bildung durch die Granulome angeregt wird. Die hohen Kalziumspiegel können – wenn sie länger bestehen – zu Nierensteinen oder Kalziumablagerungen in den Nieren und mit der Zeit zu einem Nierenversagen führen.

Sonderformen der Sarkoidose

Löfgren-Syndrom: Hierbei handelt es sich um eine Sonderform der akuten Sarkoidose, die bevorzugt bei jungen Frauen auftritt. Es kommt zu einer typischen Symptomkonstellation, die sich durch eine Entzündung des Sprunggelenks, einer Knotenrose (Erythema nodosum) und einer Lymphknotenschwellung im Bereich beider Lungen auszeichnet.

Heerfordt-Syndrom: Bei dieser Sarkoidoseform treten neben Fieber Entzündungen bestimmter Augenbereiche (Iris und Ziliarmuskel) und der Ohrspeicheldrüse (Parotitis) auf. Zudem kommt es zu Gesichtslähmungen (Facialisparese).

Diagnose

Veränderungen an der Lunge und den Lymphknoten können mit einer Röntgenuntersuchung des Brustkorbs und einer Computertomografie festgestellt werden. Zudem gibt die Lungenfunktionsuntersuchung (-> restriktive Ventilationsstörung) weitere Hinweise. Zur Bestätigung der Diagnose wird eine spezielle Lungenspiegelung (bronchoalveolärer Lavage und transbronchiale Biopsie) durchgeführt. Dabei wird Spülflüssigkeit aus dem Bereich der Lungenbläschen gewonnen, die ungewöhnlich viele Lymphozyten enthält, und Lungengewebe entnommen und untersucht. Gewebeproben aus der Haut, des Lungengewebes oder Bindegewebes zeigen unter dem Mikroskop die typischen Veränderungen (Granulome). Zudem sind bestimmte Blutwerte verändert. Besonderer Bedeutung kommt dem Anstieg des Enzyms Angiotensin Converting Enzyme (ACE) zu, das auch bei der Verlaufskontrolle eine wichtige Rolle spielt.

Therapie

Kortison (Glukokortikoide) hilft bei einer Sarkoidose meistens. Da aber die Erkrankung ohne Therapie oft von selbst abheilt und Kortison häufiger Nebenwirkungen aufweist, orientiert sich die Behandlung an der Ausprägung der Erkrankung. So wird Kortison auf jeden Fall eingesetzt, wenn die Augen, die Nerven oder das Herz betroffen sind, zudem bei einem zu hohen Kalziumspiegel (Hyperkalzämie) oder bei zunehmenden Einschränkungen der Lungenfunktion. Wird mit Kortison behandelt, so ist darauf zu achten, dass die Präparate lange genug und in hoher Dosierung genommen werden. Patienten, die keine Beschwerden haben, müssen nicht mit Kortison behandelt werden, wichtig ist aber eine regelmäßige Kontrolle!

Bei einer Hautsarkoidose helfen Allopurinol oder Hydroxychloroquin. Bei leichten Beschwerden, wie Fieber oder Schmerzen, werden fiebersenkende, schmerzstillende und entzündungshemmende Präparate eingesetzt (bsp. Aspirin).

Der Behandlungserfolg lässt sich durch folgende Untersuchungen feststellen: Röntgenaufnahmen der Brust, CT, Lungenfunktionsprüfungen sowie Messungen des Kalziumspiegels oder der Angiotensin-Converting-Enzyme.

Prognose

Die Prognose ist meist sehr günstig. Bei 20 – 30 % der Erkrankten kommt es zu Einschränkungen der Lungenfunktion, in 10 % der Fälle zu einem Voranschreiten der Lungenfibrose (= bindegewebige Umbau der Lunge). Nur bei weniger als 5 % treten tödliche Komplikationen, wie ein plötzlicher Herztod oder eine schwere Lungenfibrose, ein.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.03.2008