Was sind Pneumokokken? Wie kann man sich anstecken?
Pneumokokken sind kugelige Bakterien, die in Ketten angeordnet sind. Sie zählen zu den sogenannten Streptokokken (Streptokokkus pneumoniae), zu denen auch die Scharlacherreger gehören. Der Wortstamm „Pneumo“ leitet sich daher ab, dass sie unter anderem eine Lungenentzündung (= Pneumonie) hervorrufen können. Es sind bislang eine Vielzahl von Serotypen dieser Bakterien beschrieben worden.
Das Tückische an den Pneumokokken ist, dass sie völlig unbemerkt den Nasen-Rachen-Raum einer Vielzahl von Menschen besiedeln. Bis zu 60 Prozent der Vorschulkinder und bis zu 35 Prozent der Grundschüler beherbergen diese Keime. Mann nimmt an, dass etwa bis zu einem Drittel der Bevölkerung Träger von Pneumokokken ist.
Gefährlich wird es, wenn die Erreger die Schleimhautbarriere durchbrechen und eine Infektion hervorrufen. Dies kann in der kalten Jahreszeit der Fall sein, wenn die Schleimhäute austrocknen oder wenn bsp. eine Grunderkrankung der Atemwege vorliegt (Asthma). Auch eine Schwächung des Organismus durch einen anderen Keim kann zu einem Aufflackern einer Pneumokokken-Infektion führen.
Eine Weiterverbreitung erfolgt durch Tröpfcheninfektion oder verunreinigte Gegenstände. Das größte Krankheitspotenzial stellt aber eine Reaktivierung der eigenen Pneumokokken dar.
Wie verbreitet sind Pneumokokken und wie häufig ist die Erkrankung?
Pneumokokken sind weltweit verbreitet. In Deutschland tritt ca. eine lebensbedrohliche Pneumokokkenerkrankung pro 5.000 Kleinkindern auf. Bei Sechjährigen nur noch eine Erkrankung pro 30 000.
Bei Senioren steigt dann die Sterblichkeitsrate aufgrund dieser Keime wieder an. Laut verschiedener Studien beträgt die Sterblichkeit bei über 60-jährigen zwischen 17 und 63 Prozent.
Wie sieht das Krankheitsbild einer Pneumokokken-Infektion aus? Welche Komplikationen treten auf?
Pneumokokken verursachen eine Vielzahl von Erkrankungen. Dazu zählen die Lungenentzündung (Pneumonie), Hirnhautentzündung (Meningitis) und die Mittelohrentzündung (Otitis media). Weiterhin können diese Keime zu Nasennebenhöhlenentzündungen (Sinusitis), Gelenkentzündungen (Arthritis) und Augenbindehautentzündungen (Konjunktivitis) führen.
Gefürchtet ist aufgrund ihrer hohen Sterblichkeitsrate die Meningitis. Im Kindesalter liegt die Rate bei 9,8 Prozent. Bei älteren Patienten beträgt sie 17 bis 63 Prozent. Etwa 70 Prozent aller bakteriellen Hirnhautentzündungen, die tödlich enden, werden durch Pneumokokken verursacht.
Außerordentlich häufig ist die Pneumokokken-Pneumonie. Man geht von 4,8 Millionen Todesfällen weltweit bei Kindern durch die Lungenerkrankung aus.
Aufgrund ihrer Häufigkeit wird hier auf die Pneumokokken-Pneumomie eingegangen. Die Erkrankung beginnt meist aus völliger Gesundheit heraus mit hohem Fieber. Dazu kommen Schüttelfrost, Atemnot und Schmerzen in der Brust. Bei über 70 Prozent der Infizierten entwickelt sich ein Husten mit rotbraunem Auswurf. Zudem tritt eine Beschleunigung des Pulses ein und die Lunge kann vereitern.
Überschwemmen die Bakterien das Blut, kommt es zu einer Sepsis. Dann beträgt die Sterblichkeit 20 Prozent, da schwerwiegenden Komplikationen, wie einer Schädigung des Herzens oder einem Abszess an der Lunge oder dem Gehirn, sogar mit intensivmedizinischen Maßnahmen nicht mehr beizukommen ist.
Wie wird behandelt?
Die Erkrankung wird bei bloßem Verdacht mit hoch dosiertem Penicillin behandelt. Eventuell werden auch andere Antibiotika eingesetzt. Bei Mittelohrentzündungen können unter Umständen operative Maßnahmen nötig sein, um den Ausbruch einer Meningitis zu verhindern.
Alles „rund“ um die Impfung
Impfempfehlung: Seit Sommer 2006 empfiehlt die STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut) die Impfung für alle Kinder. Sie ist ab dem 2. Lebensmonat möglich.
Hat im Kindesalter keine Grundimmunisierung stattgefunden, so wird folgenden Personenkreisen ebenfalls eine Impfung angeraten:
- allen Personen über 60 Jahren;
- allen Personen, die unter folgenden Gesundheitseinschränkungen leiden: Menschen ohne Milz oder Milzfunktion, bei Blutkrebserkrankungen, chronischen Leber- und Nierenerkrankungen, HIV-Infektion, schweren Atemwegserkrankungen (bsp. Asthma, Bronchitis) sowie Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus – Zuckerkrankheit). Zudem bei Patienten vor Beginn einer Behandlung, die in die Funktion des Immunsystems eingreift (bsp. vor einer Organtransplantation).
Impfstoff: Es handelt sich um einen Totimpfstoff. Er besteht aus Teilen der Hülle der Bakterien. Erhältlich sind ein sogenannter Konjugatimpfstoff und ein Polysaccharidimpfstoff. Ersterer richtet sich gegen die auf der Zellwand der Bakterien sitzenden großen Zuckermoleküle. Zudem sind Trägereiweiße im Impfstoff enthalten (7-valenter Pneumokokken-Konjugatimpstoff). Beim Polysaccharidimpfstoff fehlen die Trägereiweiße (23-valenter Polysaccharidimpfstoff). Vorteil des Konjugatimpstoffes ist, dass er vor allem bei sehr jungen Patienten eine bessere Immunantwort auslöst. Der Polysaccharidimpfstoff deckt mehr Serotypen der Bakterien ab und ist günstiger.
Impfhäufigkeit: Eine Grundimmunisierung mit vier Impfungen findet ab dem 2. Lebensmonat statt.
Bei Senioren ab dem 60. Lebensjahr oder Personen mit erhöhtem Risiko wird einmal geimpft und circa alle sechs Jahre aufgefrischt.
Impfreaktionen: Es können Schmerzen, Rötungen und Schwellungen an der Impstelle auftreten. Selten kommt es auch zu Temperaturerhöhungen, Mattigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen.
Selten treten bei beiden Impfstoffen Überempfindlichkeitsreaktionen auf, sehr selten allergische Reaktionen vom Soforttyp.
Kontraindikationen: Beim Konjugatimpstoff sind Anfallsleiden oder Fieberkrämpfe in der Vorgeschichte Gegenanzeigen, beim Polysaccharidimpfstoff können eine schwere Pneumokokkenerkrankung weniger als sechs Jahre vor der Impfung heftige (lokale) Reaktionen auslösen.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009