Blutgerinnung

Der menschliche Körper hat die Fähigkeit, Blutungen nach Verletzungen innerhalb kurzer Zeit zum Stillstand zu bringen (Blutstillung – Blutgerinnung). Ohne diese Fähigkeit des Organismus wären wir nicht in der Lage zu überleben, da ständig die Gefahr des Verblutens – auch bei kleinen unbemerkten Verletzungen – bestünde. Zudem muss dafür gesorgt werden, dass das geronnene Blut ein Gefäß nicht verstopft und zu einer Embolie oder Thrombose führt.

Für die Aufgabe der Blutstillung (Blutgerinnung) ist ein komplexes Blutgerinnungssystem verantwortlich. Es benutzt drei Hauptmechanismen:

  • Die Fähigkeit der Blutgefäße, sich nach einer Verletzung zusammenzuziehen (Vasokonstriktion). Sie führt zu einer Drosselung der Blutzufuhr und wird durch Verletzungen der Gefäßwand und bestimmte Stoffe, welche die Blutplättchen abgeben (Mediatoren, wie Serotonin, ADP oder Thromboxan A), ausgelöst.
  • Die Blutplättchen oder Thrombozyten setzen sich an den verletzten Blutgefäßen fest, klumpen zusammen und bilden in Sekundenschnelle einen (weißen) Blutpfropf, der das Gefäßleck provisorisch abdichtet.
  • Bei Verletzungen werden auch die Gerinnungsfaktoren, vornehmlich verschiedene Eiweißstoffe, aktiviert. Es kommt zum Ablauf der Blutgerinnungskaskade bei der an die 30 Faktoren beteiligt sind. Letztendlich entsteht Fibrin, das die Blutplättchen netzartig verknüpft. Das provisorisch reparierte Gefäßleck wird nun endgültig verschlossen. Der Fibrin stabilisierende Faktor XIII schützt einige Zeit, so dass dieses Netz nicht vorzeitig aufgelöst wird (hemmt die Thrombolyse).

Eine Überaktivität der Gerinnungsfaktoren kann zu Blutgerinnseln (Folge -> Thrombose) führen. Damit diese überschießende Reaktion nicht eintritt, verfügt der Körper über bestimmte Schutzsysteme. Zum einen kann er die Blutgerinnung an mehreren Stellen abschwächen. „Bremssubstanzen“ (Inhibitoren) sind Antithrombin und die Vitamin- K-abhängigen Proteine C und S. Fällt einer dieser Inhibitoren aus, so besteht ein erhöhtes Thromboserisiko.

Zudem baut das Fibrinolysesystem einen Wundverschluss, der seinen Zweck erfüllt hat, wieder ab. Die Gefäßdurchlässigkeit ist somit gewährleistet.

Warnzeichen einer Blutgerinnungsstörung

Eine Blutgerinnungsstörung kann in folgenden Fällen vorliegen, wenn:

  • Wunden oder Verletzungen lange nachbluten,
  • häufiger spontane Haut- und Schleimhautblutungen auftreten (Nasenbluten),
  • blaue Flecken häufig sind,
  • lange und starke Menstruationsblutungen auftreten,
  • winzige Blutpünktchen auf der Haut, vor allem an den Beinen, in Erscheinung treten.

Erkrankungen mit Blutgerinnungsstörungen

Da die Blutgerinnung von sehr vielen Faktoren abhängig ist, bestehen auch vielfältige Störmöglichkeiten. Es gibt angeborene Gerinnungsdefekte und erworbene. Letztere treten häufiger auf. Vor allem Funktionsstörungen der Leber führen zu Gerinnungsstörungen, da die meisten Blutgerinnungsfaktoren dort gebildet werden. Auch ein Vitamin-K-Mangel oder blutverdünnende Medikamente können Blutgerinnungsstörungen verursachen.

Beispiele für angeborene Blutgerinnungsstörungen sind:

  • Hämophilie A (Bluterkrankheit), bei der der Gerinnungsfaktor VIII (antihämophiler Faktor) in zu geringem Maße gebildet wird.
  • Hämophilie B (Bluterkrankheit): Hier kommt es zu einem Mangel an Faktor IX (Christmas-Faktor).
  • Von Willebrand-Syndrom: Der Willebrand-Faktor (bestimmtes Eiweiß) ist betroffen. Er sorgt dafür, dass sich nach einer Verletzung die Blutplättchen an der Gefäßwand anheften, und schützt den Gerinnungsfaktor VIII vor einem vorzeitigen Abbau.

Beeinflussung des Gerinnungssystems mit Medikamenten

Bei drohender Thrombosegefahr lässt sich das Blutgerinnungssystem durch Medikamente zielgerecht beeinflussen. Dies sind beispielsweise:

  • Heparin: bindet an Antithrombin III; inaktiviert so die Gerinnungskaskade;
  • Cumarine (Vitamin-K-Antagonisten): Hemmen indirekt die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X sowie die Proteine C und S in der Leber.
  • Acetylsalicylsäure: hemmt die Thrombozytenaggregation (= Zusammenballung der Blutplättchen.
  • Clopidogrel: hemmt auch die Thrombozytenaggregation.

Laborwerte zur Überprüfung der Blutgerinnung

Mit folgenden Laborwerten lässt sich die Blutgerinnung kontrollieren:

Die Referenz-/Normalwerte und ihre Interpretation werden in separaten Artikeln behandelt.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 02.01.2009