Pseudologia phantastica Die Pseudologia phantastica zeichnet sich dadurch aus, dass die Betroffenen ausgedachte Erlebnisse als wahre Begebenheiten erzählen. Sie nehmen den unwahren Gehalt ihrer Geschichten in der Regel nicht mehr wahr, sondern glauben selbst daran. Es handelt sich also um eine nicht beabsichtigte Lüge. Die Motivationen für diese Verhaltensweise sind die Abwehr oder Kompensation eines schlechten Selbstwertgefühls, ein starkes Geltungsbedürfnis, Hysterie oder übertriebene Phantasie.
Bei den Betroffenen ist der Drang zur Selbstdarstellung extrem übersteigert. Ist diese Eigenschaft noch nicht sehr ausgeprägt, können die Pseudologen von ihren Mitmenschen als unterhaltsam erlebt werden. Durch das Erzählen der übertriebenen Geschichten, in denen die Betroffenen die Hauptrolle spielen, wollen sie sich immer in den Mittelpunkt setzten und suchen Anerkennung. Werden die Geschichten immer übertriebener und unglaubwürdiger, stellt die Umgebung des Pseudologen den Wahrheitsgehalt seiner Geschichten und Äußerungen immer mehr in Frage. Ausgrenzung und soziale Isolation kann die Folge sein. Das unabdingbare Bestreben des Betroffenen nach Anerkennung wird dadurch nicht mehr befriedigt. In der Folge kann er psychosomatische Begleiterscheinungen, wie Schwindel, Herzschmerzen oder Lähmungsgefühle entwickeln. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollte er sich in ärztliche Behandlung begeben.
In seltenen Extremfällen täuschen die Betroffenen Erkrankungen vor, schädigen sich sogar selbst, oder verstärken Krankheitszeichen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie nehmen auch langwierige Therapien und Operationen in Kauf. Mit ihren manipulierten oder vorgetäuschten Krankheitssymptomen versuchen sie sogar die stationäre Aufnahme in Krankenhäusern zu erzwingen. Bei dieser neurotischen Fehlhaltung handelt es sich um eine psychische Erkrankung. Man spricht vom so genannten Münchhausen-Syndrom. Es ist nach einem bekannten Pseudologen – dem Freiherrn von Münchhausen (1720 -1797) – benannt. Vorgetäuscht werden alle möglichen Erkrankungen: Schmerzzustände, beispielsweise bei Herz-Kreislauferkrankungen (Herzinfarkt, Thrombosen, Angina pectoris), Magen-Darm-Beschwerden, neurologische Erkrankungen (Kopfschmerzen), dermatologische Krankheitsbilder, die sich gut manipulativ erzeugen lassen (unklare Wundheilungsstörungen, Abszesse, usw.), gynäkologische Beschwerden, usw. Eine Abwandlung dieses Syndroms ist das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, bei dem im Allgemeinen Eltern bei ihren Kindern Krankheitssymptome erzeugen. Dies kann beispielsweise durch Manipulation von Urinwerten durch Zugabe von Zucker oder Blut geschehen, oder durch die Gabe von Abführmitteln und Medikamenten. Die Betroffenen stellen ihre Kinder mit diesen Symptomen dem Arzt vor. Hierbei handelt es sich um eine Form von Kindesmisshandlung, die – unerkannt – sogar mit dem Tod des Kindes enden kann.