Berufswahl und Diabetes

Ein Diabetiker kann – mit wenigen Einschränkungen – fast alle Berufe ausüben. Die moderne Diabetes-Therapie ermöglicht es, genauso leistungsfähig zu sein, wie die Arbeitskollegen. Bereits in der Schule sollte sich die Diabetestherapie nach dem Schulalltag richten und nicht umgekehrt. Hier kann der Diabetiker bereits viele Erfahrungen mit seiner Erkrankung sammeln, die ihm später bei einer problemlosen Integration in den Arbeitsalltag nützlich sein können. Spätestens in den letzten Klassen sollte die Stoffwechseleinstellung so stabil sein, dass der Schüler die gleichen schulischen Leistungen erzielt wie seine Klassenkamaraden. Auch sollte er mit einem flexiblen Stundenplan zurechtkommen, am Sportunterricht teilnehmen und auch bei den altersüblichen Freizeitaktivitäten nicht zurückstecken.

Welche Vorüberlegungen gibt es bei der Berufswahl als Diabetiker?

Wie bei Nichtdiabetikern gilt natürlich, dass man seine eigenen Interessen, Neigungen und Fähigkeiten herausfindet und sich dann einen geeigneten Beruf aussucht. Als Diabetiker sollte man in seine Überlegungen jedoch auch noch die Frage stellen, wie es mit dem Diabetes in weiterer Zukunft aussieht. Erlauben es eventuell später auftretende Folgeerkrankungen den Beruf auszuüben? Um die genauen Arbeitsbedingungen eines möglichen Berufes herauszufinden, ist es sinnvoll eine Schnupperlehre oder ein Praktikum zu machen.

Welche Einschränkungen bei der Berufswahl gibt es?

Als problematisch werden Berufe angesehen, bei denen durch eine plötzliche Unterzuckerung eine Gefährdung der eigenen Person oder von anderen Personen möglich ist.

Dazu zählen:

  • Arbeiten bei denen Absturzgefahr besteht, zum Beispiel Kaminkehrer, Dachdecker oder Bauarbeiter auf Hochbauten;
  • Berufe mit offizieller Personenbeförderung, wie beispielsweise Pilot, Lokführer, Bus- oder Trambahnfahrer;
  • Berufe mit Schusswaffenumgang, wie Soldat, Polizist oder Tätigkeiten mit Überwachungscharakter;
  • Tätigkeiten, bei denen gefährliche Industriemaschinen bedient werden.

Schichtarbeiten werden nicht mehr als Hinderungsgrund für die Ausübung eines Berufes angesehen. Allerdings muss gewährleistet sein, dass man so gut geschult ist, dass man die Insulintherapie problemlos den Schichtbedingungen anpassen kann.

Welche Berufe werden als „problemlos“ angesehen?

Das Spektrum umfasst alle anderen Tätigkeiten und ist somit riesengroß. Dabei stellen auch körperliche Aktivitäten kein Hindernis bei der Berufswahl dar. Hier einige Beispiele:

  • alle Büroberufe: „Kaufleute“
  • handwerkliche Berufe: Elektriker, Schreiner, Maler, Koch und Bäcker (mit Einschränkungen – wegen des Probierens der Speisen);
  • pädagogische Berufe: Lehrer, Erzieher/in, Sozialpädagoge;
  • Berufe die draußen ausgeübt werden: Gärtner, Landwirt;
  • modernere Berufe, wie Mechatroniker , IT-Spezialist,
  • Tätigkeiten im Verkauf, usw.

Diabetiker besitzen meist fundierte Vorkenntnisse, die bei Berufen des Gesundheitswesens und bei Arbeitsfeldern, die sich mit Ernährungsfragen beschäftigen, wichtig sind. Diese Fähigkeiten und Kenntnisse können bei Bewerbungen in diesen Tätigkeitsfeldern gezielt eingesetzt werden. Mögliche Tätigkeiten finden sich in der Pflege, im Labor oder in der Ernährungsberatung.

Auf was sollte man am künftigen Arbeitsplatz achten?

Um die künftige Tätigkeit genauer beurteilen zu können, ist es auf jeden Fall sinnvoll, im angestrebten Beruf ein Praktikum oder eine Schnupperlehre zu machen. Dabei

kann man gleich folgende Fragen überprüfen:

Gibt es regelmäßige Arbeitspausen?

Kann eine Blutzuckermessung oder Insulininjektion jederzeit erfolgen?

Ist die Arbeitsbelastung abschätzbar?

Können Notfallutensilien (Traubenzucker, Saft, Glukagon-Notfall-Set) am Arbeitsplatz verstaut werden?

Gibt es Arbeitskollegen, die über die Unterzuckersymptome informiert werden können, damit im Notfall die richtige Hilfe geleistet wird?

Natürlich sollte man diese Fragen und eine zufrieden stellende Beantwortung bei jedem Arbeitsplatz abchecken.

Muss der Diabetes bei der Bewerbung erwähnt werden?

Grundsätzlich gilt, dass in einem Bewerbungsgespräch Fragen zum Thema „Gesundheitszustand“ nicht beantwortet werden müssen. Es muss jedoch wahrheitsgemäß geantwortet werden, wenn gesundheitliche Einschränkungen in Bezug auf die geplante Tätigkeit bestehen (bsp. Sehprobleme). Auch bei Berufen, bei denen man sich oder andere durch eine plötzlich auftretende Unterzuckerung gefährdet (siehe oben), sollte der Diabetes Thema sein. Verschwiegen werden sollte die Erkrankung auch nicht, wenn der Bewerber einen Schwerbehindertenausweis besitzt. Er hat dadurch einen erweiterten Kündigungsschutz und Anrecht auf mehr Urlaub. Ein Verschweigen des Ausweises bei der Bewerbung kann zu einer Kündigung führen.

Bei der Suche nach einer Arbeitsstelle kann sich ein Schwerbehindertenausweis als nachteilig erweisen. Viele Betriebe (vor allem Kleinbetriebe) können beispielsweise den Sonderurlaub nur schwer durch andere Arbeitskräfte überbrücken. Es besteht jedoch die Möglichkeit den Grad der Behinderung beim zuständigen Versorgungsamt mindern zu lassen. Voraussetzung dafür ist eine Bestätigung eines Diabetologen, dass sich der Gesundheitszustand deutlich gebessert und stabilisiert hat. Der Ausweis muss bei niedrigem Grad der Behinderung in einem Bewerbungsgespräch nicht mehr angegeben werden, jedoch entfallen viele weitere Vergünstigungen (bsp. Steuervorteile).

Was ist, wenn der erlernte Beruf aufgrund des Diabetes nicht mehr ausgeübt werden kann?

Diese Problematik stellt sich vor allem Typ-2-Diabetikern, die erst im Laufe ihres Berufslebens an Diabetes erkranken. In diesem Fall kann der Diabetiker beim Arbeitsamt eine Umschulung beantragen. Vor diesem Schritt sollten jedoch alle Hilfestellungen und individuellen Beratungen ausgeschöpft werden.