Enzymtherapie

Im menschlichen Organismus gibt es Tausende von Enzymen. Die Eiweißmoleküle bekleiden die Funktion von Biokatalysatoren und sind an vielfältigsten Stoffwechselprozessen beteiligt.

In der Enzymtherapie macht man sich die Wirkung pflanzlicher (Bromelain, Papain) oder tierischer Enzyme (Trypsin) zunutze. Sie werden mit der Nahrung oder in Form von hochkonzentrierten Präparaten zugeführt. Über die Darmschleimhaut gelangen sie direkt ins Blut und zu den Geweben. Dort sollen sie ihre Wirkung entfalten.

Vornehmlich wird die Enzymtherapie zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen eingesetzt.

Geschichte

Erste Erkenntnisse über die Heilwirkung von Enzymen gewann der schottische Arzt und Naturwissenschaftler John Beard (1857 – 1924) bei der Suche nach einer geeigneten Krebstherapie.

In den 1950er Jahren fand der Arzt Max Wolf in Zusammenarbeit mit der Zellbiologin Helen Benitez einen Weg, um aus den Früchten Ananas und Papaya Enzyme zu gewinnen. Kombiniert mit tierischen Enzymen aus der Bauchspeicheldrüse wurde das Gemisch zur Behandlung von Krebspatienten eingesetzt. Die Enzymkombination ist unter der Bezeichnung „WoBe“ bekannt.

Auch die heutige Schulmedizin setzt die katalytisch aktiven Eiweißstoffe ein. So wird beispielsweise das Enzym Streptokinase zum Auflösen von Blutgerinnseln (= Lysetherapie) nach einem Herzinfarkt oder nach einer schweren Thrombose verwendet. Dieses Enzym ist bakteriellen Ursprungs und wird von ß-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A ausgeschieden.

Die Schulmedizin werden Enzyme zudem zu Substitutionszwecken angewendet, wenn der menschliche Organismus nur noch unzureichende Mengen dieser Biokatalysatoren bilden kann. Eine Ersatztherapie kommt vorwiegend bei Störungen der Verdauung, der Blutgerinnung oder bei Stoffwechselstörungen zum Tragen.

Grundsätzliches und Wirkungsweise

Die Eiweiß spaltende Wirkung der Enzyme soll zur Auflösung von sogenannten Immunkomplexen, großmolekularen Stoffen und Gerinnungsprodukten führen. Daraus leitet sich die Wirkung der Enzyme auf entzündliche Prozesse, das Gerinnungssystem und das Immunsystem ab.

In der Krebstherapie sollen die Enzyme die Aktivität der weißen Blutkörperchen erhöhen und somit die Ausbreitung der Krebserkrankung hemmend entgegenwirken.

Behandlung

Die Enzympräparate werden für gewöhnlich vom Arzt oder Heilpraktiker nach einem ausführlichen Anamnesegespräch (Beschwerden, Grunderkrankungen, Allergien, sonstige Medikamente) verordnet.

Zum Einsatz kommen meist hochdosierte Kombinationspräparate in Form von Tabletten, Kapseln oder Dragees.

Die Einnahme sollte in der Regel eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten mit viel Wasser erfolgen, meist zwei- bis dreimal täglich.

Die Dauer der Therapie richtet sich nach der Grunderkrankung und den Beschwerden. Bei entzündlichen Prozessen setzt man durchaus drei bis vier Wochen Therapiedauer an.

Anwendungsbereiche

Die vornehmlichen Anwendungsgebiete sind:

  • Entzündungen (bsp. Nasennebenhöhlen und Bronchien);
  • Gefäßerkrankungen (arteriell, venös oder lymphatisch bedingt);
  • rheumatische Erkrankungen;
  • Leiden, bei denen die Wundheilung unterstützt werden soll.

Eine Wirkung wird auch bei folgenden Erkrankungen angenommen:

  • Verdauungsstörungen;
  • Ödemen (= Wasseransammlungen im Körper);
  • stumpfen Verletzungen (oft in der Sportmedizin, Prellungen, Verstauchungen usw.);
  • Autoimmunerkrankungen.

Begleitend zur konventionellen Behandlung wird die Enzymtherapie auch bei Krebserkrankungen und HIV bzw. AIDS eingesetzt.

Die wissenschaftlichen Wirkungsnachweise der Enzymtherapie sind nur sehr spärlich gesät. Einige kleinere Studien zeigen positive Effekte in der begleitenden Tumortherapie (Linderung von strahlen- oder chemotherapiebedingten Beschwerden) und bei Schwellungszuständen im Nasenbereich nach traumatischen Ereignissen.

Gegenanzeigen – (Wann sollte man keine Enzymtherapie durchführen!)

Menschen, die unter Blutgerinnungsstörungen, Eiweißallergien, Leberfunktionsstörungen oder einer eingeschränkten Nierenfunktion leiden, sollten diese Therapieform nicht wählen. Während der Stillzeit und Schwangerschaft ist die übliche Risiko-Nutzen-Abwägung durchzuführen.

Risiken

Als seltene Nebenwirkungen kann es zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommen. Zudem sind allergische Reaktionen möglich. Sehr selten treten auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009