Sjögren-Syndrom (abgekürzt: SS) – Ursachen Diagnose Behandlung

         

Sjögren-Syndrom (abgekürzt: SS)

Das Sjögren-Syndrom ist eine chronisch fortschreitende Autoimmunerkrankung, die durch Trockenheit der Augen und des Mundes charakterisiert ist (= Sicca-Syndrom). Grund dafür sind Funktionsstörungen der Tränen- und Speicheldrüsen. Aus ungeklärter Ursache werden diese Drüsen vom körpereigenen Immunsystem angegriffen (=> Autoimmunkrankheit). Tritt das Sjögren-Syndrom als eigenständige Erkrankung auf, so handelt es sich um die primäre Form. Beim sekundären Sjögren-Syndrom kommt die Erkrankung jedoch in Kombination mit anderen Kollagenosen, wie der rheumatoiden Arthritis, der Sklerodermie oder dem systemischen Lupus erythematodes, vor. Bei dieser Gruppe von Autoimmunerkrankungen werden vor allem das Bindegewebe und die Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen. Das Sjögren-Syndrom ist eine sehr häufige Autoimmunerkrankung (Inzidenz 3 – 4 %), an der vorwiegend Frauen mittleren Alters erkranken (Verhältnis Frauen: Männern = 8:1).

Ursachen

Die genauen Gründe, die zur Entstehung des Sjögren-Syndroms führen, sind weitestgehend unbekannt. Eine genetische Disposition (HLA-Antigenen) und hormonelle Faktoren (Frauen sind häufiger betroffen) scheinen die Krankheitsentstehung zu begünstigen. Als Auslöser der Immunerkrankung werden auch Viren (Epstein-Barr und Retroviren) diskutiert.

Symptome

Die Krankheitszeichen können zwei verschiedenen Gruppen zugeordnet werden. Die sogenannten glandulären Symptome betreffen die Drüsen, bei den Extraglandulären handelt es sich um Symptome, die an anderen Organen auftreten können.

Leitsymptom des Sjögren-Syndroms sind trockene Augen und ein trockener Mund. Die Betroffenen leiden unter Lichtempfindlichkeit, Rötung, Brennen und Sandgefühl in den Augen. Sei haben das Gefühl, „etwas im Auge zu haben“. Die Mundtrockenheit äußert sich in Schwierigkeiten beim Schlucken, Störungen des Geschmackssinns oder Mundgeruch. Auch die Entstehung von Karies und Mundgeschwüren wird durch den Speichelmangel begünstigt. Es können grundsätzlich alle Schleimhäute betroffen sein: Genitalschleimhäute, Atemwege und Verdauungstrakt. Die Folgen können daher beispielsweise Sexualfunktionsstörungen oder Hustenreiz und Heiserkeit sein. Die Ohrspeicheldrüsen und die unter dem Kiefer liegenden Speicheldrüsen können geschwollen und druckempfindlich sein.

Die extraglandulären (= nicht die Drüsen betreffenden) Symptome äußern sich in allgemeinen Krankheitszeichen, wie übermäßiger Müdigkeit, Schmerzen in den Gelenken und im Raynaud-Syndrom, einer Durchblutungsstörung in den Fingern und Zehen.

Selten lassen sich Entzündungen in inneren Organen (Niere, Lunge, Muskeln, Schilddrüse oder Gefäße) beobachten. Sind die Nerven betroffen, so können Missempfindungen, Gefühlsstörungen und Lähmungserscheinungen auftreten. In sehr seltenen Fällen kann es zur Entstehung von Lymphdrüsenkrebs (Non-Hodgkin-Lymphom) kommen.

Diagnose

Zur Diagnose der Erkrankung wurden Kriterien entwickelt, die sich auf die Symptome und technische Untersuchungen stützen.

Technische Untersuchungen

Mithilfe des Schirmer-Tests lässt sich die Trockenheit des Auges messen. Dazu wird ein Löschpapierstreifen ins Unterlid eingelegt und dessen Befeuchtung durch die Tränenflüssigkeit nach fünf Minuten beurteilt. Bei einer Unterlippenbiopsie mit anschließender feingeweblicher Untersuchung zeigen sich typische Veränderungen der Mundschleimhautdrüsen (lymphozytäre Infiltration). Zur Beurteilung der Speicheldrüsenfunktion kann auch eine Speicheldrüsenszintigraphie durchgeführt werden. Außerdem müssen auch die Lymphknoten untersucht und beobachtet werden. Die Entstehung von Lymphknotenkrebs kann so rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Im Labor fallen eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BKS) und erhöhte ?-Globuline auf (->verstärkte Produktion von Antikörpern). Zudem können Auto-Antikörper nachgewiesen werden (ANA, SS-A, SS-B und RF (Rheumafaktor).

Für die exakte Diagnose werden die Diagnosekriterien des Sjögren-Syndroms herangezogen. Dabei müssen vier der sechs Hauptkriterien zutreffen:

  • trockene Augen (= Xerophthalmie) länger als drei Monate,
  • trockener Mund (= Xerostomie), Schwellung der Ohrspeicheldrüsen,
  • krankhafter Schirmer-Test,
  • im Gewebe der Unterlippenbiopsie finden sich lymphozytäre Infiltrationen (= Entzündungszeichen),
  • krankheitstypische Speicheldrüsenszintigraphie,
  • Auto-Antikörper (ANA, ENA, wie SS-A, SS-B und RF).

Therapie

Die Therapie zielt auf die Linderung der Symptome ab:

  • Die mangelnde Tränenflüssigkeit kann durch künstliche Tränen ersetzt werden. Mukolytika (Bromhexin und Pilocarpin) machen die Sekrete der Drüsen weniger viskos (= weniger zäh).
  • Empfohlen wird eine reichliche Flüssigkeitszufuhr, wegen der erhöhten Karieszufuhr sollten regelmäßige zahnärztliche Kontrollen stattfinden.
  • Bei Gelenkschmerzen werden NSAR (schmerz- und entzündungshemmende Mittel) verordnet.
  • Treten eine Gelenkentzündung oder extraglanduläre Symptome auf, wird mit Chloroquin oder eventuell mit Glukokortikoiden (Kortison) therapiert. Bei schweren Verläufen mit einem immunsuppressiven Medikament, wie Azathioprin.

Prognose

Trotz der häufig auftretenden extraglandulären Organbeteiligungen ist die Prognose gut, da diese Symptome meist milde sind und nicht fortschreiten. Entwickelt sich ein Lymphdrüsenkrebs, so verschlechtert sich die Prognose.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 11.04.2008