Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Unter dem Begriff Diabetes mellitus wird eine Gruppe von Stoffwechselkrankheiten zusammengefasst, die auf einer Störung des Glukosestoffwechsels beruhen. Das gemeinsame Kennzeichen der Erkrankungen ist eine dauerhafte Erhöhung der Glukosekonzentration im Blut (Hyperglykämie).
Die Krankheit wird durch die verminderte Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse oder durch die eingeschränkte Fähigkeit des Körpers, sich das Insulin nutzbar zu machen, verursacht.
In den westlichen Industrienationen zählt der Diabetes mit zu den Haupttodesursachen und hat sich zu einer Massenerkrankung entwickelt. Weltweit wird die Zahl der Diabeteskranken auf 180 Millionen geschätzt. In Deutschland leiden ca. 6,3 Millionen Menschen daran. Die Zahl der Erkrankungsfälle steigt laufend. Der Altersgipfel des Diabetes liegt zwischen 40 und 59 Jahren. Frauen sind häufiger (10%) betroffen als Männer.
Wissenswertes über den Zuckerstoffwechsel
Der wichtigste Zell-Nährstoff im Blut ist Glukose (Traubenzucker). Muskelzellen, Fettzellen und vor allem das Gehirn sind auf den Einfachzucker angewiesen. Im menschlichen Blut findet sich immer ein bestimmter Glucose-Vorrat. Der optimale Blutzuckerspiegel liegt zwischen 80 und 100mg/dl.
Bei der Verdauung wird Glukose ins Blut freigesetzt. Dadurch werden die Beta-Zellen (Inselzellen oder Langerhans’schen Inseln) der Bauchspeicheldrüse angeregt, Insulin ins Blut freizusetzen. Das Insulin hilft bei Transport und Speicherung von Glukose in die Körperzellen. Von dort kann der Einfachzucker bei Bedarf wieder in das Blut abgegeben werden. Wenn die Bauchspeicheldrüse eine zu geringe Menge Insulin produziert oder der Glukosetransport in die Zellen nicht funktioniert (Insulinresistenz), führt dies zum Diabetes.
Welche Formen und Ursachen des Diabetes gibt es?
Typ-1-Diabetes, auch insulinpflichtiger Diabetes genannt, wird durch die unzureichende Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse verursacht. Meist tritt diese Form bei Menschen unter 25 Jahren auf. Die Entstehung diese Diabetestyps wird durch mehrere Faktoren bedingt, die dazu führen, dass der Körper in einem autoimmunologischen (= durch das eigene Immunsystem verursacht) Prozess die insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse selbst zerstört. Die Ursachen für diesen Zerstörungsprozess sind u. a. genetische Prädisposition und diabetogene Viren (Rötelinfektion im Mutterleib, Herpesviren, Echoviren usw.).
Typ-2-Diabetes, auch nicht insulinpflichtiger Diabetes oder Altersdiabetes, macht ungefähr 90% aller Diabeteserkrankungen aus. Er tritt meist bei Menschen über 40 Jahren auf und wird durch eine Insulinresistenz verursacht. Diese Diabetesform beginnt langsam durch eine verminderte Insulinempfindlichkeit der insulinabhängigen Körperzellen. Eine Ursache ist genetische Veranlagung. Beteiligt sind vermutlich viele Gene, die zu unterschiedlichen Ausprägungsformen des Diabetes führen. Zum Ausbruch der Erkrankung tragen aber Übergewicht und Fettsucht entscheidend bei. Neben diesen Hauptformen des Diabetes gibt es noch seltenere Diabetes- Sonderformen und den Schwangerschaftsdiabetes. Es existieren auch sehr differenzierte Einteilungsschemata des Diabetes nach ätiologischen (= die Ursachen betreffenden) Gesichtspunkten.
Welche Symptome treten bei Diabetes mellitus auf?
Viele Typ-2-Diabetiker haben über viele Jahre keine Symptome. Der Diabetes wird oft zufällig festgestellt. Auch bei Typ-1-Diabetikern treten die ersten Krankheitszeichen erst Monate nach Beginn der Erkrankung auf. Allerdings verläuft der Krankheitsausbruch dann meist sehr heftig (bsp. Diabetisches Koma).
Die Überzuckerung des Blutes führt zu folgenden Symptomen:
- übermäßiger Durst,
- häufiges Wasserlassen
- Heißhunger
- Müdigkeit, Antriebsarmut und Kraftlosigkeit,
- Sehstörungen,
- Juckreiz, Entzündungen der Haut und schlecht heilende Wunden,
- Infektanfälligkeit,
- Gewichtsverlust.
Bei Diabetes verändert sich auch der Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel. In der Leber werden Fettsäuren aus dem Gewebe des ganzen Körpers in so genannte Ketone umgewandelt, die ins Blut gelangen und dieses gefährlich übersäuern. Die Ketone verursachen bei den Patienten einen fruchtigen Mundgeruch. Die Ketoazidose kann zu einem medizinischen Notfall werden, der unbehandelt zum Tod führen kann.
Wie erfolgt die ärztliche Diagnose?
Die ärztliche Diagnose erfolgt über Zuckertests aus dem Urin und dem Blut, (früher durch sensorische Prüfung des Urins -> schmeckt süß). Durch einen Test auf Glukosetoleranz kann festgestellt werden, ob der Körper den aufgenommen Zucker ausreichend verarbeiten und speichern kann. Dazu wird der Blutzuckerspiegel bis zu sechs Stunden nach Einnahme einer Glukoselösung gemessen. Für die Einschätzung des Zuckerstoffwechsels über einen längeren Zeitraum wird der HbA1c-Wert ermittelt. Er gibt den Prozentanteil des mit Glukose verbundenen roten Blutfarbstoffs an.
Wie wird der Blutzuckerspiegel eingestellt?
Typ1-Diabetiker brauchen tägliche Insulininjektionen. Das Hormon kann nicht oral, also über den Mund, eingenommen werden. Daher spritzen sich die meisten Diabetiker das Hormon ein- bis viermal täglich selbst unter die Haut (subkutan). In der Erprobung sind auch inhalative (= Aufnahme des Insulins über die Lunge) Insulinpräparate. Manche Diabetiker benutzen auch eine tragbare Insulinpumpe, die das Insulin über eine implantierte Kanüle direkt in den Körper pumpt. Wichtig für die optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels ist eine hohe Ernährungsdisziplin und die sorgfältige Planung des Tagesablaufs. Der Blutzuckerspiegel sollte vom Patienten und dem Arzt ständig überwacht werden, um die korrekte Insulindosis zu verabreichen.
Typ-2-Diabetes ist meist einfacher einzustellen als Typ 1. Es gelingt oft über die Ernährung den Diabetes zu kontrollieren. Gelegentlich müssen die Patienten orale Antidiabetika einnehmen, selten muss Insulin verabreicht werden. Entscheidend bei der Behandlung sind die Normalisierung des Körpergewichts und regelmäßige sportliche Betätigung.
Was passiert bei einem Ungleichgewicht zwischen Insulin und Glukose?
Zu viel Insulin oder zu wenig Glukose verursachen einen Unterzucker“ (Hypoglykämie) oder einen Insulinschock. Die Anzeichen eines Unterzuckers sind Blässe, Heißhunger, Schweißausbrüche, Zittrigkeit, Herzklopfen und Schwindel, gefolgt von Bewusstlosigkeit und Koma. Ein Diabetiker kann der Hypoglykämie entgegenwirken, indem er etwas Süßes isst oder Glukagon injiziert, ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel anhebt.
Diabetiker sollten mit den Anzeichen eines zu hohen und zu niedrigen Blutzuckerspiegels vertraut sein, damit sie sich schnell selbst behandeln oder rasch Hilfe verständigen können, bevor sie ins diabetische Koma fallen. Ursachen des Komas sind meist Infekte, Diätfehler oder eine falsche Dosierung des Insulins. Für alle Fälle sollten die Diabetiker eine Karte, eine Kette oder Armband mit ihrem Namen und der Erkrankung tragen.
Was sind die Langzeitkomplikationen?
Es gibt zahlreiche Langzeitschäden bei Diabetes mellitus. Sie nehmen mit fortschreitender Erkrankungsdauer zu. Folgende Spätschäden sind u.a. zu beobachten:
- Arterienverkalkung (Arteriosklerose): Die Schädigung betrifft kleine und größere Blutgefäße. Werden die kleinen Blutgefäße in der Netzhaut geschädigt, so führt dies zu Blutungen und Netzhautinfarkten, die einen schleichenden Sehkraftverlust verursachen (diabetische Retinopathie). Auch die kleinen Nierengefäße werden geschädigt, was auf die Dauer zu einer erhöhten Proteinausscheidung, Ödemen und zu Nierenversagen führen kann (diabetische Nephropathie). Da der Diabetes die Arterienverkalkung fördert, ist er auch ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Schlaganfall, Angina pectoris und Herzinfarkt.
- Degeneration der Nerven: Im peripheren Nervensystem kommt es zu einer verminderten Empfindungsfähigkeit (diabetische Neuropathie).
- Diabetischer Fuß: Wegen der Schäden an den kleinen und großen Blutgefäßen, den Nerven und der Infektanfälligkeit treten Fußprobleme auf. Es besteht das Risiko von tiefen lochförmigen Hautgeschwüren. Eine gute Fußpflege, bequemes Schuhwerk und tägliche Kontrolle auf bläuliche Flecke und Verletzungen sind unerlässlich.