Hormone

Hormone sind körpereigene Botenstoffe. Sie werden in der Regel von Drüsen gebildet, in die Blutbahn abgegeben und entfalten ihre Wirkung an bestimmten, weiter entfernten Organen. Dazu müssen sie an Hormonrezeptoren („Andockstellen“) binden, die sich auf der Zelloberfläche oder innerhalb der Zellen der Zielorgane befinden. Ein typisches Beispiel für diese chemische Signalübertragung stellen die Hormone der Schilddrüse dar. Hormone wirken aber auch lokal auf ihre Umgebungsstrukturen, wie beispielsweise das Gastrin des Magens.

Bereits in geringsten Konzentrationen sind Hormone wirksam, brauchen aber eine gewisse Zeit (Minuten, Stunden) bis sie wirken. Die Nachweismethoden müssen dementsprechend empfindlich sein (bsp. Immunoassay).

Der medizinische Fachbereich, der sich mit Erkrankungen des Hormonsystems beschäftigt, ist die Endokrinologie, ein Teilgebiet der Inneren Medizin.

Welche Funktionen haben Hormone?

Hormone regeln wichtige Stoffwechselvorgänge, wie den Blutdruck, den Blutzuckerspiegel oder den Wasser- und Elektrolythaushalt. Zudem spielen sie eine entscheidende Rolle beim Wachstum und der Fortpflanzung.

Auch an der körperlichen Reaktion in bestimmten Lebenssituationen sind Hormone beteiligt, wie der Antwort auf Stress, Hunger oder Durst.

Zudem beeinflussen sie die Psyche und Stimmungen. Ein Ausfall von Hormonen kann aus dem Betroffenen einen ganz „anderen Menschen“ machen.

Welchen Regulationsmechanismen unterliegen Hormone?

Die Bildung von Hormonen unterliegt vielfältigen Kontroll- und Regulationsmechanismen.

  • Negatives und positives Feedback: Übergeordnete Zentren, wie der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) und die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) schütten Hormone aus, welche bsp. die Schilddrüse veranlassen, ihre Stoffwechselhormone in die Blutbahn abzugeben. Die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut wird von beiden übergeordneten Zentren gemessen. Bei erhöhten Konzentration erfolgt eine Drosselung der Abgabe der schilddrüsenstimulierenden Hormone (negatives Feedback).
    Ein positives Feedback spielt im Menstruationszyklus der Frau eine Rolle. Ansteigende Hormonkonzentrationen von Östrogenen führen zu einer erhöhten Ausschüttung von GnRH, einem stimulierenden Hormon des Hypothalamus.
  • Beeinflussung über das Nervensystem: Der Hypothalamus – Teil des zentralen Nervensystems – ist eine Schaltstelle zwischen Außen- und Innenwelt. Hier werden unter anderem Durst, Hunger und Körpertemperatur reguliert, aber auch Effekte von Stress, Emotionen oder körperlicher Bewegung. Das so genannte autonome Nervensystem beeinflusst bsp. die Ausschüttung der Stresshormone.
  • Veränderungen an den Hormonrezeptoren: Durch längere Wirkung erhöhter Hormonkonzentrationen kommt es bei manchen Hormonen (bsp. Insulin) zu einer Reduzierung oder erniedrigten Sensitivität der Hormonrezeptoren an den Zielgeweben. Andererseits kann eine Erhöhung der Rezeptoranzahl oder – sensitivität eine verstärkte periphere Hormonwirkung hervorrufen.

Wie werden die Hormone eingeteilt?

Die Bezeichnung der verschiedenen Hormone leitet sich aus dem Bildungs- und Wirkort und ihrer chemischen Struktur ab.

Aufgrund der biochemischen Struktur unterscheidet man drei Klassen.

  • Peptidhormone: Sie bestehen aus Ketten von Aminosäuren – den Peptiden. Wichtige Vertreter sind Insulin, Kalzitonin, Parathormon und die Hypophysen- und Hypothalamushormone. Da diese Hormone im Verdauungstrakt aufgespalten werden, können sie bei verminderter körpereigener Produktion nicht in Tablettenform aufgenommen werden, sondern müssen direkt in die Blutbahn gespritzt werden.
  • Steroidhormone: Ihr biochemisches Grundgerüst leitet sich von Fetten (Sterolring) ab. Zu ihnen zählen die Hormone der Nebennierenrinde (Aldosteron und Kortisol) sowie die Geschlechtshormone Östrogen, Progesteron und Testosteron.
  • Amine: Diese Hormone lassen sich auf eine einzige Aminosäure zurückführen und werden auch als Aminosäurenabkömmlinge bezeichnet. Die Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin sowie Hormone aus der Nebenniere (Adrenalin und Noradrenalin) gehören zu ihnen.

Bildungsorte von Hormonen

Hormone werden an verschiedensten Stellen im menschlichen Körper gebildet. Hier ein kurzer Überblick:

Hypothalamus: CRF, TRH, GHRH, GnRH, Dopamin, Somatostatin;

Hypophyse:

  • Vorderlappen: ACTH, LH, FSH, Prolaktin, GH, TSH
  • Hinterlappen: Oxytozin, ADH;

Schilddrüse: Thyroxin, Kalzitonin;

Nebenschilddrüse: PTH

Bauchspeicheldrüse (Pankreas): Insulin, Glukagon;

Nebennieren:

Rinde: Kortisol, Aldosteron, Androgene

Mark: Adrenalin, Noradrenalin;

Eierstöcke: Östrogene, Progesteron, Androgene, Inhibin;

Hoden: Testosteron, Inhibin.

Was können die Ursachen von hormonell bedingten Erkrankungen sein?

Sowohl eine gesteigerte als auch eine reduzierte Hormonausschüttung oder Defekte an den Hormonrezeptoren können zu endokrinologischen Erkrankungen führen. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Schäden am hormonbildenden Organ, einem übergeordneten Zentrum (Hypothalamus, Hypophyse) oder am Zielorgan;
  • Störungen bei den Transporteiweißen; mit Hilfe von Transportproteinen (Albumin, spezielle Globuline) werden die Hormone im Blut transportiert.
  • Tumoren: Es können Tumoren entstehen, die selbst Hormone produzieren oder durch ihr Wachstum hormonproduzierendes Gewebe verdrängen.
  • Autoimmunologische Prozesse: Fast jede Drüse kann von autoimmunologischen Prozessen befallen sein. Dabei bildet der Organismus bsp. sogenannte Autoantikörper gegen das entsprechende Organ. Eine Hormonüberproduktion oder Unterfunktion durch Gewebeschädigung kann der Fall sein. Ein klassisches Beispiel für diese Mechanismen ist der Morbus Basedow, der zu einer Überfunktion der Schilddrüse führt.
  • Enzymdefekte: Die Bildung vieler Hormone geschieht über eine Reihe von Zwischenschritten, die von Enzymen katalysiert werden. Ist eines dieser Enzyme defekt oder wird nur unzureichend gebildet, so resultiert daraus ein Mangel des zu bildenden Hormons.
  • Rezeptordefekte: Ein Grund für eine fehlende Hormonwirkung ist die Resistenz von Hormonrezeptoren. In diesem Fall kann ein Hormon trotz normaler oder sogar erhöhter Spiegel keine biologische Wirkung erzielen. Beispiele dafür sind der Typ-2-Diabetes und die familiäre Schilddrüsenhormonresistenz.

Was muss bei der Beurteilung von Hormonwerten beachtet werden?

Obwohl Hormone in äußerst geringen Mengen im Blut vorkommen, gibt es empfindliche Labortests, um ihre Konzentration zu bestimmen. Jedoch ist bei der Interpretation der Werte einiges zu beachten.

Die Ermittlung der proteingebundenen Hormone kann irreführend sein, da die Konzentrationen der Plasmaproteine im Krankheitsfall schwanken können. Besser ist die Ermittlung der freien Hormone.

Daneben gibt es eine Reihe von natürlich vorkommenden Schwankungen der Hormonspiegel, die in eine Interpretation der Werte mit einfließen müssen: Der Kortisolspiegel ist tageszeitabhängig, der Östrogenspiegel hängt vom Menstruationszyklus ab und die Konzentration von Insulin von der Nahrungsaufnahme.

Die Werte sogenannter Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin, Prolaktin, GH, ACTH und Kortisol) können zudem noch durch externe Stressfaktoren beeinflusst werden.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 07.02.2009