Krankheitsbild Medikamentenkopfschmerz

80% der Betroffenen haben jeden Tag Kopfschmerzen, die vom Aufstehen bis zum Zu-Bett-Gehen bestehen. Die übrigen Patienten sind an mehr als 20 Tagen pro Monat von Kopfschmerzen betroffen.

 

Der Schmerzcharakter wird bei über der Hälfte der Betroffenen als dumpf-drückend beschrieben, die anderen Patienten empfinden den Kopfschmerz als pulsierend, oder er wird sowohl dumpf als auch pulsierend wahrgenommen.

 

Begleitsymptome des Schmerzes sind bei über 80% der Patienten Übelkeit und Erbrechen sowie Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Weitere Krankheitsmerkmale können Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Schwindel, Müdigkeit, Kältegefühl, Verstimmungen und Schlafstörungen sein.

 

Ein beträchtlicher Teil der Patienten leidet zudem unter starken psychosozialen Problemen im familiären oder beruflichen Bereich. Über die Hälfte der Patienten fühlen sich durch die Dauerkopfschmerzen sehr stark in ihrer Lebensführung beeinträchtigt. Viele Patienten geben neben den medikamenteninduzierten Kopfschmerzen auch noch weitere Erkrankungen an, die vor allem im Bereich des Bewegungsapparates und der Psyche anzusiedeln sind. Kombinationspräparate, also Medikamente mit zwei und mehr Inhaltsstoffen, werden täglich von 88% der Betroffenen eingenommen.

 

Es gibt auch Verhaltensauffälligkeiten. Den hohen Schmerzmittelkonsum versuchen die Betroffenen zu verbergen. So gehen sie an mehreren Tagen in der Woche in verschiedene Apotheken, um sich mit ihren Schmerzmitteln einzudecken oder sie ordern gleich Groß- oder Klinikpackungen. Menschen (Apotheker, Bekannte, Freunde, Angehörige), denen der ungewöhnlich hohe Schmerzmittelkonsum auffällt und die zu einem Arztbesuch raten, werden gemieden, beschimpft oder müssen sonstige Abwehrreaktionen des Patienten ertragen.

 

Neben den Schmerzmitteln werden häufig auch noch Schlaf-, Abführ- und Beruhigungsmittel sowie andere Medikamente konsumiert. Bei der ärztlichen Untersuchung treten bei vielen Patienten bereits die Auswirkungen des Arzneimittelmissbrauchs zu Tage. Dies sind beispielsweise Mangenschleimhautentzündungen (siehe Gastritis), Magengeschwüre, Blutarmut, Polyneuropathien und Nierenschäden.

 

Viele Patienten kommen erst nach einem langen Leidensweg (10 bis 15 Jahren) zu der Erkenntnis grundlegend etwas ändern zu müssen. Aufbauend auf der Einsicht „aufgrund der Schmerzmittel bin ich so krank“, kann erst eine vernünftige Therapie beginnen.

 

Die Ursache des fortlaufenden Medikamentenmissbrauchs ist der Entzugskopfschmerz. Er setzt immer beim Nachlassen der Schmerzmittelwirkung ein. Von den Patienten wird der Schmerz als mittlerer bis starker Schmerz angegeben. Er wird begleitet von Übelkeit, Erbrechen, Angst und Unruhe, Kreislaufstörungen, Schwindel und bisweilen sogar Fieber. Die Einnahme von ein bis zwei Tabletten hebt diesen Entzugsschmerz kurzfristig auf, bewirkt aber langfristig eine Schmerzverstärkung.

 

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 08.05.2007