Alkoholkrankheit – Ursache Therapie und Auswirkungen

Alkoholkrankheit (engl. alcoholism, alcohol disease)

Unter Alkoholkrankheit (veraltet auch Alkoholismus) versteht man den Missbrauch oder die Abhängigkeit von Alkohol mit körperlichen, psychischen und sozialen Folgeschäden. Die krankheitsverursachende Substanz ist Alkohol, genauer gesagt Ethanol (Ethylalkohol).

Es wird geschätzt, dass in Deutschland ungefähr 4,3 Millionen alkoholabhängige Personen leben, darunter 30% Frauen. Weitere 5 Millionen konsumieren die Substanz in suchtgefährdender Weise. 2004 starben 40.000 Menschen an der Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. Hinzu kommen jährlich ungefähr 2.200 Kinder, die wegen des Alkoholmissbrauchs ihrer Mütter in der Schwangerschaft geschädigt zur Welt kommen.

Was sind die Ursachen der Alkoholkrankheit?

Es wird von einer multifaktoriellen (durch viele Faktoren bedingten) Entstehung der Krankheit ausgegangen. Diskutiert werden genetische Faktoren, wie ein Defekt der Alkoholdehydrogenase und ein veränderter Neurotransmitterstoffwechsel im Gehirn. Entscheidend scheinen das soziale Umfeld und der Umgang des Einzelnen mit Krisensituationen zu sein.

Welche Symptome treten unter Alkoholkonsum auf?

Alkohol hat eine beruhigende Wirkung auf das Gehirn. Kleinere Mengen Alkohol wirken leicht enthemmend. Größere Mengen können jedoch zum Kontrollverlust und zu gesellschaftlich unannehmbaren Verhalten führen. Fortgesetztes Trinken kann die Koordinationsfähigkeit und die Muskelfunktionen beeinträchtigen.

Symptome sind Lallen, Torkeln, Konzentrationsverlust und Ohnmacht. Völliger vorübergehender Gedächtnisverlust – ein so genanntes Black-out – ist möglich.

Wie entwickelt sich die Alkoholabhängigkeit?

1. Die symptomatische oder voralkoholische Phase: Die Konsumierung der alkoholischen Getränke ist immer sozial begründet. Der spätere Alkoholabhängige empfindet durch den Alkoholkonsum eine befriedigende Erleichterung, seelische Belastungen fallen von ihm ab. Im Laufe der Zeit (Monate bis Jahre) sucht er praktisch täglich Zuflucht im Alkohol, um mit seinen Problemen fertig zu werden. Nach außen hin erscheint er jedoch nicht betrunken. Mit der Zeit erhöht sich seine Alkoholtoleranz und er benötigt immer größere Mengen, um Erleichterung zu verspüren. Nach einiger Zeit entwickelt sich gelegentliches Trinken zum dauernden Erleichterungs- /Entlastungstrinken.

2. Für die Vorläufer-Phase der Sucht sind plötzlich auftretende Erinnerungslücken charakteristisch. Sie können ohne Anzeichen von Trunkenheit auftreten. Die Betroffenen können Arbeiten und normale Tätigkeiten ausführen, können sich aber am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern. Die alkoholischen Getränke werden als Medizin benötigt. Alles Denken der Betroffenen kreist um den Alkohol. Sie beginnen heimlich zu trinken und legen sich größere Vorräte an alkoholischen Getränken an. Als Folge der Abhängigkeit von der Droge trinken die Alkoholabhängigen die ersten Gläser oder Schlucke gierig hinunter. Durch das tägliche Trinken verändern sich Nerven- und Stoffwechselvorgänge.

3. Mit der kritischen Phase beginnt die Alkoholsucht. Charakteristisch sind Kontrollverluste. Selbst der Konsum kleinster Mengen Alkohol weckt ein Verlangen nach mehr, welches erst aufhört, wenn der Alkoholabhängige zu betrunken oder krank ist, um mehr zu trinken. Ein Rest von Kontrolle bleibt jedoch noch bestehen. Typisch für diese Phase ist der Rückzug von Freunden, häufig wird der Arbeitsplatz oder der Wohnort gewechselt. Das Familienleben leidet zusehends. Die Familie verbirgt und verschweigt die Alkoholsucht des trinkenden Familienmitglieds (Koalkoholismus, Koabhängigkeit) und zieht sich gesellschaftlich zurück oder flüchtet vor der häuslichen Situation in verstärkte Aktivitäten. Die körperlichen Folgen der Alkoholsucht sind Händezittern, Schweißausbrüche, sexuelle Störungen und Wutausbrüche. Die Nahrung wird durch den Alkohol ersetzt, es kommt zum morgendlichen Trinken.

4. Die chronische Phase endet mit der Zerstörung des Abhängigen. Die Räusche werden länger, bei einigen Betroffenen treten alkoholbedingte Psychosen auf. Ist kein Alkohol vorhanden, so wird auch vergällter Alkohol, wie Brennspiritus oder Nagellack verkonsumiert. Die Alkoholabhängigen vertragen weniger. Es treten undefinierbare Ängste, Zittern am ganzen Körper, hoher Puls, Verwirrtheit, Schlaflosigkeit und Fieber auf. Die Entzugserscheinungen werden mit exzessivem Alkoholkonsum überdeckt. In den Alkoholdeliren treten Psychosen mit Stimmenhören, Halluzinationen und Desorientierung auf. Eine lebensgefährliche Form ist das Delirium tremens, das bei plötzlichem Alkoholentzug auftreten kann und dessen begleitende Symptome zum Tod führen können. In dieser Phase ist der Kranke bereit, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Welche Typen von Alkoholabhängigen werden unterschieden?

Nach den Trinkgewohnheiten können fünf Erscheinungsformen der Alkoholkrankheit unterschieden werden. Alkoholiker vom Alpha-Typ sind Personen, die trinken, um Konflikte und innere Spannungen zu beseitigen. Es besteht vor allem die Gefahr der psychischen Abhängigkeit.

Der Beta-Typ ist Gelegenheitstrinker und trinkt gelegentlich aus sozialem Anlass große Mengen Alkohol. Sein Trinken verursacht körperliche Schäden (bsp. Bauchspeicheldrüsenentzündung). Eine Form von Abhängigkeit besteht nicht, dieser Personenkreis ist aber gefährdet.

Alkoholiker vom Epsilon-Typ werden auch oft als Quartalssäufer oder Dipsomanen bezeichnet. Sie trinken oft tage- und wochenlang nichts. Wenn sie anfangen zu trinken verlieren sie aber die Kontrolle und können nicht mehr aufhören. Die Zeiten des exzessiven Alkoholkonsums können Wochen und Monate dauern. Schreitet die Krankheit voran, so werden die Abstände zwischen den Zeiten exzessiven Trinkens immer kürzer. Epsilon-Trinker sind alkoholkrank.

Der Gamma-Typ (Rauschtrinker) hat längere abstinente Phasen, die sich mit Zeiten starker Berauschung abwechseln. Charakteristisch ist der Kontrollverlust. Der Delta-Typ (Spiegeltrinker) ist nicht erkennbar betrunken. Es besteht aber eine körperliche Abhängigkeit, da ständig Alkohol konsumiert werden muss, um die Entzugserscheinungen zu kompensieren. Deltatrinker sind alkoholkrank.

Was sind die körperlichen Auswirkungen des chronischen Alkoholmissbrauchs?

In kleinen oder geringen Mengen schadet Alkohol dem erwachsenen Körper nicht. Wird er jedoch über einen längeren Zeitraum und in größeren Mengen getrunken, so schädigt er viele Organe.

Die Folgen des übermäßigen Konsums sind:

  • Bauchspeicheldrüsenentzündung: Die Anzeichen sind heftige gürtelförmige Dauerschmerzen unterhalb des Brustkorbs. Der Herzschlag ist beschleunigt, der Atem flach. Ein Schock kann ausgelöst werden (Notfallbehandlung!).
  • Leberschäden: Sie treten meist erst in späten Stadien der Alkoholkrankheit auf. Sie umfassen eine Leberverfettung (Fettleber) ohne Symptome oder leichter Druckschmerzhaftigkeit, eine Leberentzündung (Hepatitis) mit Schmerzen, Fieber und Gelbsucht, sowie eine Leberzirrhose bei der das Gewebe zerstört und narbig umgebaut wird.
  • Alkoholische Polyneuropathie: Es handelt sich dabei um eine Entzündung der peripheren Nerven. Muskelschwäche und Sensibilitätsverlust vor allem an den Händen und Füßen sind charakteristisch.
  • Gehirnschäden: Es gibt eine alkoholbedingte Demenz, die durch den Verlust des Gedächtnis und des Denkvermögens gekennzeichnet ist. Zudem treten Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit auf. Eine weitere Erkrankung des Gehirns ist das Korsakow-Syndrom (Langzeitgedächtnis ist erhalten, sonst komplette örtliche und zeitliche Desorientierung). Die Wernicke-Enzephalopathie ist eine dauerhafte Gehirnschädigung aufgrund einer Fehlernährung (Vitamin B1-Mangel) mit Verwirrtheit, Gedächtnisverlust, Schläfrigkeit, Augenmuskellähmungen und Koordinationsstörungen.
  • Kardiomyopathien: Der Alkohol schwächt und zerstört die Muskelzellen in den Herzwänden. Herzvergrößerung und Rhythmusstörungen sind die Folge.

Wie wird behandelt?

Die Therapie der Alkoholkrankheit erfolgt mehrstufig. Der wichtigste Schritt ist, dass der Alkoholabhängige sich seine Krankheit eingesteht (Verleugnung ist charakteristisch für die Erkrankung.) und den ärztlichen Rat sucht.

Der zweite Schritt kann dann in der Einweisung in den stationären Entzug bestehen. Nach dem körperlichen Entzug folgt das Erlernen einer alkoholfreien Lebensführung. Es stehen dazu mehrere Einrichtungen zur Verfügung.

Alkoholiker haben eine größere Chance auf langfristige Gesundung, wenn die psychologische Betreuung weitergeführt wird und der regelmäßige Besuch von Gruppensitzungen bei Selbsthilfegruppen, wie den Anonymen Alkoholikern, erfolgt.

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