Die Enzyme des menschlichen Körpers können nur innerhalb eines bestimmten pH-Wertes („Säurewertes“, H+-Ionen-Konzentration) optimal arbeiten. Der Organismus hat eine Reihe von regulativen Mechanismen entwickelt, um wechselnden Säure- und Basenbelastungen entgegenzutreten und den pH-Wert in der extrazellulären (= außerhalb der Zellen) Flüssigkeit konstant zwischen 7,35 und 7,45 zu halten. Wechselnde Belastungen des pH-Wertes entstehen durch Stoffwechselvorgänge, wie bsp. den oxidativen Abbau von Fetten und Kohlenhydraten oder die anaerobe Glykolyse, bei der eine Reihe von Säuren (freie Fettsäuren, Laktat, Azetoazetat usw.) anfallen.
Die Regulation des Säure-Basen-Haushaltes erfolgt über die Ausscheidung von Säure- und Basenäquivalenten sowie über Puffersysteme. Puffer sind Mischungen aus schwachen Säuren bzw. Basen und ihren Salzen, die sowohl Säuren (H+-Ionen) als auch Basen (OH–Ionen) binden können und somit schädliche Säure-Basen-Schwankungen abfangen.
Eines der wichtigsten Puffersysteme im menschlichen Organismus ist der Bicarbonat-Kohlendioxid-Puffer. Er steht in enger Verbindung zu den Regulationsmechanismen der Nieren und der Lunge.
Wie funktioniert der Kohlendioxid – Bicarbonat – Puffer?
Die Reaktionsgleichung, nach der die einzelnen beteiligten Elemente ineinander überführt werden, lautet:
Bicarbonat + Wasserstoffionen <-> Karbonsäure <-> Wasser + Kohlendioxid -oder-
HCO3 – + H+ <-> H2CO3 <-> H2O + CO2
Die einzelnen Verbindungen des Puffers liegen im Blut in einem Gleichgewicht vor. Fällt eine Substanz in erhöhtem Maße an, so läuft die Reaktion so lange in die entgegengesetzte Richtung, bis das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist.
Liegen beispielsweise vermehrt Wasserstoffionen (Säuren) vor, was mit metabolischer Azidose bezeichnet wird, so wird vermehrt Karbonsäure und Kohlendioxid gebildet. Das Kohlendioxid kann in erhöhtem Maße über die Lungen abgeatmet werden. Bei einem Mangel an Wasserstoffionen – einer Alkalose – wird über eine verlangsamte Atmung Kohlendioxid im Blut zurückgehalten und vermehrt Bicarbonat gebildet, das über die Nieren ausgeschieden werden kann.
Welche Werte werden bestimmt?
Um sich einen Eindruck über den Zustand des Säure-Basen-Haushaltes zu machen, werden folgende Werte bestimmt:
- das Bicarbonat (HCO3 -): hier wird das Standardbikarbonat ermittelt, das die Bicarbonatkonzentration bei standardisierter Kohlendioxidkonzentration angibt;
- der Kohlendioxid-Partialdruck (pCO2): Er ist ein Maß dafür, wie viel Kohlendioxid im Blut gelöst ist;
- Basenüberschuss (BE): Dieser Wert gibt an, ob zu viele oder wenige Pufferbasen im Blut zirkulieren, er bezeichnet also Abweichungen der Pufferbasen vom Normalwert.
Zusätzlich werden noch der pH-Wert und der Sauerstoffpartialdruck (pO2) gemessen.
Wann werden die Werte Kohlendioxid – Bicarbonat bestimmt?
Im Rahmen einer Blutgasuntersuchung werden die Werte bestimmt. Gründe für die Untersuchung können folgende sein:
- Lungenfunktionsstörungen, Störungen der Atmung;
- schwere Kreislaufstörungen, Schock;
- Stoffwechselentgleisungen, bsp. im Rahmen eines Diabetes mellitus;
- chronische Niereninsuffizienz;
- Störungen des Säure-Basen-Haushaltes durch Erbrechen und Durchfall.
Was sind die Referenz- Normal – Werte von Kohlendioxid – Bicarbonat?
Die Bestimmung erfolgt aus dem arteriellen Blut. Folgende Werte liegen im Normbereich:
pCO2: Männer: 35 – 46 mmHg (4,7 – 6,1 kPa)
Frauen: 32 – 43 mmHg (4,3 – 5,7 kPa);
pO2: 71 – 104 mmHg (9,5 – 13,9 kPa);
Sauerstoffsättigung: 95 – 98,5%;
Standardbicarbonat: 21 – 26 mmol/l; Basenüberschuss: -2 bis +3 mmol/l; pH-Wert: 7,37 – 7,45.
Was können veränderte Werte von Kohlendioxid Bicarbonat bedeuten?
- erniedrigter pO2-Wert: Diese Konstellation liegt vor, wenn die Sauerstoffaufnahme ins Blut reduziert ist. Dies ist der Fall bei einer Lungenentzündung, Asthma, schwerer chronischer Bronchitis, Vergiftungen, einer Lungenembolie und vielen anderem.
- erhöhter pO2-Wert. Hyperventilation oder Sauerstoffbeatmung;
- erniedrigter pCO2-Wert: zu tiefe und zu schnelle Atmung;
- erhöhter pCO2-Wert. verringerte Atmung oder Störung des Gasaustausches in der Lunge.
- verringerter Bicarbonat-Wert: Funktionsstörungen der Nieren oder anhaltende Durchfälle, Folge eines gesunkenen pCO2-Wertes.
- erhöhter Bicarbonat-Wert: Funktionsstörungen der Niere; Folge eines erhöhten pCO2-Wertes.
- erniedrigter pH-Wert (Azidose = Übersäuerung): Eine stoffwechselbedingte (= metabolische) Azidose entsteht durch vermehrte Bildung oder Aufnahme von Säuren, Verlust von Basen oder eine verminderte Ausscheidung von Säuren über die Nieren. Eine durch die Atmung bedingte Azidose (respiratorische Azidose) liegt begründet in einem reduzierten Gasaustausch in den Lungen.
- erhöhter pH-Wert (Alkalose = vermehrter Anfall von Basen): Eine stoffwechselbedingte Alkalose entsteht durch Säureverlust bei Erbrechen oder durch eine vermehrte Bicarbonatzufuhr (Infusionen). Eine respiratorische Alkalose ist die Folge einer zu schnellen Atmung, die bsp. aufgrund psychischer Erregung erfolgt.
Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 07.02.2009