Infektionen mit dem weltweit verbreiteten Norwalk-Virus führen zu plötzlichen, kurz dauernden Durchfällen und schwallartigem Erbrechen. Die Virusinfektion ist eine der häufigsten Ursachen von Diarrhöen, wobei der Erreger epidemisch auftreten kann. Besonders gefährdet sind daher Menschen aller Altersgruppen, die sich in Gemeinschaftseinrichtungen, wie beispielsweise Alten- und Pflegeheimen, Kasernen, Krankenhäusern oder Kindergärten aufhalten. Ein massenweises Auftreten des Virus wurde auch schon auf Kreuzfahrtschiffen, in Hotels oder nach großen Partyveranstaltungen beobachtet. Prinzipiell tritt das Virus zu jeder Jahreszeit auf, jedoch ist eine Häufung der Infektionen in den Wintermonaten zu beobachten.
Erreger
Das Virus ist nach einer USA-Ortschaft benannt (Norwalk, Ohio), in der es 1968 zu einem gehäuften Auftreten von Magen-Darm-Erkrankungen kam. Das Virus wurde dann aus Stuhlproben dieses Ausbruchs 1972 mithilfe der Immunelektronenmikroskopie erstmals nachgewiesen. Der infektiöse Keim ist 28 nm groß und gehört zur Familie der Caliciviridae. Er stellt den Prototyp der Gattung Norovirus (ehemals Norwalk-like-Viren) dar, die sich durch eine ausgeprägte genetische Vielfalt auszeichnen.
Übertragungswege
Die Übertragung der Viren erfolgt auf fäkal-oralem Weg (= Kot -> Mund), nachdem sie über den Stuhl ausgeschieden wurden. Weitere Infektionsquellen sind kontaminierte Lebensmittel, insbesondere Fisch oder Meeresfrüchte, sowie Wasser. Auch keimbelastete Gegenstände können über Schmierinfektionen zur Erkrankung führen, ebenso wie Aerosole, die beim Erbrechen entstehen.
Die Viren werden als hoch infektiös eingestuft. Folgende Faktoren spielen dabei eine Rolle:
- hohe Viruskonzentrationen im Stuhl und Erbrochenen,
- hohe Umweltstabilität,
- eine niedrige Infektionsdosis (bereits die Aufnahme von 10-100 Viren genügt, um die Krankheit auszulösen),
- das Ausbleiben einer längerfristigen Immunität.
Zudem werden die Keime noch Wochen nach Abklingen der Symptome von den Betroffenen im Stuhl ausgeschieden. Eine Ansteckung kann also nicht nur an den akut infizierten Personen erfolgen, sondern auch noch später.
Symptome
Nach einer Inkubationszeit von 10 Stunden bis zu drei Tagen beginnt die Erkrankung ganz plötzlich aus völliger Gesundheit heraus mit starken Durchfällen und schwallartigem Erbrechen. Innerhalb weniger Stunden kommt es zu einem starken Flüssigkeitsverlust, der zu Mattigkeit und einem starken Krankheitsgefühl führt. Außerdem leiden die Patienten unter starken Bauchschmerzen und häufig auch unter Kopf- und Gliederschmerzen. Die Temperatur kann etwas erhöht sein, Fieber tritt jedoch meist nicht auf. Die Symptome klingen für gewöhnlich nach 12 bis 72 Stunden wieder von alleine ab. Die Ausprägung der Symptomatik kann recht unterschiedlich sein und hängt vom allgemeinen Gesundheitszustand des Erkrankten vor der Infektion ab. Es sind daher auch fast symptomlose Verläufe möglich.
Diagnose
Erste Hinweise auf die Diagnose ergeben sich aus dem Arzt-Patienten-Gespräch und der klinischen Untersuchung. Vornehmlich bei Auftreten von gehäuften Magen-Darm-Infektionen unbekannter Ursache in Gemeinschaftseinrichtungen wird der Erreger direkt in Speziallaboratorien nachgewiesen. Als diagnostische Methoden stehen dabei die Nachweise der viralen Nukleinsäure (PCR) und des viralen Antigens (Antigenimmunoassay – EIA) zur Verfügung. Zudem besteht die Möglichkeit der Elektronenmikroskopie.
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach der Heftigkeit der Symptome. Bisweilen kann es nötig sein, die Betroffenen im Krankenhaus zu behandeln. Das Hauptaugenmerk der Therapie richtet sich auf den Ausgleich der Flüssigkeits- und Elektrolytverluste. Den Patienten wird Bettruhe empfohlen. Präparate gegen Norwalk-Viren gibt es nicht, virale Infekte sprechen nicht auf Antibiotika an. Gegen das starke Erbrechen können sogenannte Antiemetika (= Antibrechmittel) verordnet werden.
Vorbeugung
Allgemeine hygienische Regeln können helfen, dass es nicht zur Ausbreitung der Infektion kommt. Dazu zählen sowohl das Händewaschen nach jedem Toilettengang und vor jeder Mahlzeit sowie eine saubere Toilette, als auch das Durchgaren von Speisen.
In Gemeinschaftseinrichtungen sollten spezielle hygienische Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören u. a. das Tragen von Handschuhen und eine intensive Handdesinfektion beim Pflegepersonal und zusätzliches Reinigen von Toiletten. Infizierte Patienten sollten ihren Aktionsradius auf das Notwendigste beschränken.
Betroffene Kinder dürfen Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 5.11.2007