Erythrozyten (rote Blutkörperchen)

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sind runde scheibenförmige Gebilde ohne Zellkern, die in der Mitte eine Delle aufweisen. Sie machen den größten Anteil an den zellulären Blutbestandteilen aus.

Die Vorstufe der reifen Erythrozyten sind die Normoblasten, die einen Zellkern haben, und die kernlosen Retikulozyten, die etwa ein Prozent der roten Blutkörperchen ausmachen.

Die Bildung der roten Blutzellen erfolgt beim Embryo in Leber und Milz, bei Kindern und Erwachsenen im Knochenmark von Brustbein, den großen Röhrenknochen und den Hüftknochen. Sie werden aus Stammzellen gebildet.

Ihre Aufgabe ist der Transport von Sauerstoff aus der Lunge zu den Geweben und Organen und der Abtransport von Kohlendioxid zur Lunge, wo dieses Gas abgeatmet wird. Die Erythrozyten bewerkstelligen diese Aufgabe mit ihrem wichtigsten funktionellen Bestandteil – dem roten Blutfarbstoff (Hämoglobin).

Bei einem gesunden erwachsenen Mann zirkulieren ungefähr 30 Billionen roter Blutkörperchen im Kreislauf. Die Lebensdauer eines Erythrozyten beträgt circa 120 Tage. Die alternden Blutzellen werden von der Milz zurückgehalten, von deren Makrophagen abgebaut und vom Knochenmark wieder ersetzt.

Was kann der Anlass zur Untersuchung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sein?

Die Werte werden zur Diagnose sowie Verlaufs- und Therapiekontrolle von Anämien („Blutarmut“) und Polyglobulien (Vermehrung der roten Blutkörperchen) eingesetzt.

Was sind die Referenz-/Normalwerte von Erythrozyten?

Die Bestimmung der Werte erfolgt aus dem Vollblut der Venen oder dem Kapillarblut aus der Fingerbeere.

Die Anzahl der Blutzellen beträgt bei:

Frauen:          4,1 – 5,1 Mio. Erythrozyten/μl         oder    4,1 – 5,1X1012 Erythrozyten/l

Männer:          4,5 – 5,9 Mio. Erythrozyten/μl         oder    4,5 – 5,9X1012 Erythrozyten/l

Was kann eine zu niedrige Anzahl an roten Blutkörperchen bedeuten?

Finden sich zu wenige rote Blutkörperchen, so bezeichnet man dies als Blutarmut (Anämie). Sie kann durch Folgendes verursacht werden:

  • chronischen Blutverlust (häufige oder zu starke Menstruationsblutungen, Magengeschwür, Hämorrhoiden, Darmtumoren, Blasenkarzinom);
  • gestörte oder mangelhafte Erythrozytenproduktion;
  • verschiedene Vitaminmangelerscheinungen (Folsäure; Vitamin B12);
  • Eisenmangel;
  • Nierenerkrankungen;
  • Leukämie;
  • gesteigerte Hämolyse (vermehrter Abbau der roten Blutkörperchen), bei Erbkrankheiten (Sichelzellanämie), Infektionen (Malaria), künstlichen Herzklappen, Vergiftungen und Arzneimitteln (Arsen, Sulfonamiden) sowie Autoimmunkrankheiten.

Was kann eine zu hohe Anzahl an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) bedeuten?

Finden sich im Körper zu viele rote Blutkörperchen, so spricht man von Polyglobulie. Dies ist beispielsweise der Fall bei:

  • verringertem Sauerstoffgehalt im Blut, zum Beispiel bei Lungen- und Herzerkrankungen;
  • einigen Nierenerkrankungen (Zystennieren);
  • hormonell bedingten Erkrankungen, wie dem Cushing-Syndrom, das zu einer krankhaft erhöhten Bildung von Cortisol in einer oder beiden Nebennieren führt;
  • Polycythaemia vera: Bluterkrankung (autonom vermehrte Produktion der Blutkörperchen im Rückenmark).

Was beeinflusst die Werte?

Zu hohe Werte finden sich bei:

  • kurzzeitigem Aufenthalt in großer Höhe;
  • Therapie mit Androgenen (männlichen Hormonen);
  • starkem Flüssigkeitsmangel (durch Erbrechen, Durchfall, harntreibende Medikamente, sogenannten Diuretika);
  • Fettsucht und regelmäßigem Nikotin– und Alkoholkonsum.

Zu niedrige Werte deuten auf eine Überwässerung hin.

Andere krankhafte Veränderungen der roten Blutkörperchen

Die roten Blutkörperchen können nicht nur aufgrund ihrer Anzahl von ihrer Norm abweichen, sondern auch in Bezug auf die Größe, Form, ihrem Gehalt an Hämoglobin (wird im MCH-Wert ->Erythrozytenindizes angegeben) und ihrer Färbbarkeit.

Größenabweichungen der roten Blutkörperchen

Zu große Erythrozyten treten beispielsweise bei Alkoholismus auf. Die roten Blutkörperchen haben einen größeren Durchmesser (> 10 μm) und ein erhöhtes Volumen, aber eine normale Form. Man spricht von sogenannten Makrozyten. Vergrößerte, ovale Erythrozyten – sogenannte Megalozyten – finden sich bei Vitamin B12- und Folsäuremangel. Im Durchmesser verkleinerte Erythrozyten (< 7 μm) mit einem erniedrigten Volumen, aber normaler Form sind typisch für Eisenmangel und Thalassämie. Eine ungleiche Größe der Erythrozyten („keine Zelle gleicht der anderen“) tritt bei allen Formen von Anämien auf.

Formabweichungen der roten Blutkörperchen

Bei vielen Formen von Anämien (bsp. Sichelzellanämie) finden sich Abweichungen in der Form. Eine Ringform bei der Eisenmangelanämie, Keulen-,  Mantel- oder Birnenform bei jeder schweren Anämie oder die typische Sichelform bei einer Sichelzellanämie. Zerrissene Erythrozyten, sogenannte Schistozyten, sind beispielsweise typisch für Patienten mit einer künstlichen Herzklappe, nach Knochenmarktransplantationen oder Verbrennungen. Diese Formveränderungen bedingen, dass die Erythrozyten nicht mehr so elastisch sind und nicht so leicht durch enge und gekrümmt Gefäße gelangen. Sie werden daher von der Milz verstärkt abgebaut.

Veränderte Färbbarkeit der roten Blutkörperchen

Die roten Blutkörperchen besitzen nach einer Färbung des Blutausstrichs nach Pappenheim eine rosa Farbe mit zentralen Aufhellungen. Bei einer Bleivergiftung oder Thalassämie (genetisch bedingte Anämie) lässt sich eine basophile, blaue Tüpfelung erkennen.

Quelle: Thomas, Labor und Diagnose
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 02.01.2009