Speiseröhrendivertikel – Ösophagusdivertikel – Ursachen Diagnose Behandlung

         

Speiseröhrendivertikel – Ösophagusdivertikel (engl. esophageal diverticulum) Speiseröhrendivertikel sind Wandaussackungen der Speiseröhre. Sie entstehen, wenn von innen auf die Speiseröhrenwand Druck ausgeübt wird und gleichzeitig eine „Schwachstelle“ nachgibt oder wenn Zug von außen auf diese Struktur einwirkt. Die Divertikel bilden sich an typischen Stellen der Speiseröhre. Oft merken die Betroffenen von den Divertikeln gar nichts und die Ausstülpungen stellen nur einen Zufallsbefund bei einer Röntgenuntersuchung dar. Bereiten die Speiseröhrendivertikel Beschwerden, so beginnen diese schleichend und können mit Fremdkörpergefühl beim Schlucken, üblem Mundgeruch oder Schluckstörungen einhergehen. Mögliche Komplikationen der Divertikel sind Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut, die sich durch Sodbrennen oder Erbrechen äußern, Lungenabszesse oder eine Lungenentzündung.

Speiseröhrendivertikel treten selten auf und kommen vor allem bei älteren Männern vor.

Typen von Speiseröhrendivertikeln

Je nach Entstehungsmechanismus oder Lokalisation werden verschiedene Divertikeltypen unterschieden, die unterschiedliche Beschwerden verursachen können. Entstehen die Divertikel durch Druck von innen, etwa durch die Ansammlung größerer Mengen Speisebreis, so spricht man von sogenannten Pulsionsdivertikeln. Die Schleimhaut und die Submukosa (= Bindegewebsschicht der Speiseröhre) stülpen sich durch eine Muskellücke aus. Die Traktionsdivertikel (= echte Divertikel) entstehen durch Zug von außen, wobei sich die gesamte Ösophaguswand (= Speiseröhrenwand) nach außen stülpt (genauer siehe unten).

Pulsionsdivertikel kommen im oberen Teil der Speiseröhre – unter dem Kehlkopf – vor. Sie sind die häufigste Divertikelform und werden als Zenker-Divertikel oder zervikale Divertikel bezeichnet. Bilden sich die Pulsionsdivertikel in der Nähe des Zwerchfells, so handelt es sich um epiphrenische Divertikel. Diese treten oft in Kombination mit einer Refluxstörung oder Hiatushernie (Zwerchfellbruch) auf.

Die Traktionsdivertikel entwickeln sich durch den Zug, beispielsweise wenn entzündlich veränderte Lymphknoten mit Narbenzug schrumpfen. Sie finden sich in der Mitte der Speiseröhre im Bereich der sogenannten Bifurkation (Gabelung der Luftröhre in die beiden Hauptbronchialäste). Die Narben bewirken, dass die Speiseröhrenwand trichterförmig nach außen gezogen wird.

Ursachen

Die Gründe für die Entstehung von Speiseröhrendivertikel können unterschiedlich sein. Die Pulsationsdivertikel entstehen als Folge eines chronischen oder immer wiederkehrenden erhöhten Drucks in der Speiseröhre. Dieser veränderten Drucksituation im Ösophagus liegt wahrscheinlich eine Störung beim Schluckakt (= Störung der neuromuskulären Koordination) zugrunde. Bei der häufigsten Form (70 %) des Pulsationsdivertikels – dem Zenker-Divertikel – kommt noch hinzu, dass an seinem Entstehungsort eine Muskellücke besteht, in die sich Teile der Speiseröhrenwand stülpen können. Dieses Divertikel bildet sich an der Rückseite der Speiseröhre beim Übergang von der Rachenmuskulatur zur Speiseröhrenmuskulatur. Aufgrund der unterschiedlichen Verlaufsrichtung der Muskelfasern entsteht hier ein „muskelschwaches Dreieck“, das sogenannte Killiansche Dreieck. Im Laufe der Erkrankung vergrößert sich das Divertikel und drückt die Speiseröhre nach vorn und verdrängt anderes Gewebe.

Epiphrenale Divertikel, also Pulsationsdivertikel, die im unteren Teil der Speiseröhre in der Nähe des Zwerchfells liegen, entstehen wahrscheinlich aufgrund einer Koordinationsstörung zwischen Speiseröhrenmuskulatur und dem unteren Schließmuskel der Speiseröhre. Die Folge ist ein Rückstau der Nahrung in der Speiseröhre. Es kommt zu erhöhtem Druck. Diese Divertikel können sehr groß werden.

Traktionsdivertikel, die auch Bifurkationsdivertikel oder echte Divertikel genannt werden, entstehen beispielsweise durch Gewebsbrücken, die zwischen der Speiseröhre und der Luftröhre bestehen. Die Gewebsbrücken werden in der Embryonalentwicklung (= Entwicklung im Mutterleib) angelegt und bleiben bisweilen auch nach der Geburt erhalten. Die Luftröhre und die Speiseröhre haben sich nicht völlig getrennt, die Gewebsbrücken können einen Zug von außen erzeugen. Eine frühere Entstehungshypothese geht davon aus, dass entzündlich veränderte, die Speiseröhre umgebende Lymphknoten durch Schrumpfung einen Narbenzug ausüben und die Speiseröhrenwand mitziehen. Die Traktionsdivertikel sind meist im Bereich der sogenannten Bifurkation lokalisiert, der Gabelung der Luftröhre. Meist bleiben die Divertikel sehr klein und stellen einen Zufallsbefund dar.

Symptome

Je nach Größe und Ort des Auftretens können Divertikel unterschiedliche Symptome verursachen.

Die Beschwerden beim Zenker-Divertikel entwickeln sich allmählich über einen längeren Zeitraum. Zu Beginn der Erkrankung leiden die Betroffenen an einem rauen Rachen, müssen sich häufig räuspern und klagen über Fremdkörpergefühl. Später treten Schluckbeschwerden bei der Aufnahme von festen Speisen auf; beim Trinken ist ein gurgelndes Geräusch zu hören. Aufgrund der unverdauten Nahrungsreste, die in den Divertikeln hängen geblieben sind, haben die Patienten einen unangenehmen Mundgeruch. Vor allem nachts werden die Speisereste aufgestoßen und gelangen in den Mund. Bisweilen finden sie sich dann morgens auf dem Kopfkissen. Heftige Hustenanfälle deuten darauf hin, dass die Nahrungsreste aus Versehen eingeatmet wurden.

Epiphrenale Divertikel führen zu eher untypischen Symptomen. Sie bereiten Oberbauchschmerzen, Druckschmerz hinter dem Brustbein, der vor allem nachts auftritt, und Schluckbeschwerden. Bei sehr großen Divertikel können die Speisereste bis in den Mund zurückgelangen, was vor allem nachts der Fall ist. Die Traktionsdivertikel sind meist klein und bereiten selten Beschwerden. Entzünden sie sich, treten Husten und Schluckbeschwerden auf.

Diagnose

Die Diagnose stützt sich auf drei Untersuchungsmethoden, mit den auch gleichzeitig andere Störungen ausgeschlossen werden und die genaue Lage der Divertikel ermittelt werden:

  • Röntgenkontrastmitteluntersuchung (sogenannter „Breischluck“);
  • Manometrie (Messung des Druckverlaufs in der Speiseröhre);
  • evtl. Endoskopie (Spiegelung der Speiseröhre), die wegen der Perforationsgefahr (= Durchstoßungsgefahr) sehr schonend durchgeführt werden muss.

Therapie

Traktionsdivertikel erfordern für gewöhnlich keine Therapie. Machen Pulsationsdivertikel Beschwerden oder haben sich Fisteln, also unnatürliche Verbindungen zu anderen Organen gebildet, so werden die Divertikel chirurgisch in Vollnarkose entfernt (operative Resektion). Der Zugang wird vom Hals her oder über die Mundhöhle gewählt. Bisweilen kann es erforderlich sein, die Muskultur der Speiseröhre einzuscheiden, um Bewegungsstörungen nach der Operation zu verhindern (endoskopische Myotomie). Die Erfolgsquote bei der operativen Behandlung liegt beim Zenker-Divertikel sehr hoch (95 %), bei anderen Speiseröhrendivertikeln ist sie etwas niedriger.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 11.04.2008