Sepsis – Blutvergiftung (Synonym: Septikämie)

Sepsis – Blutvergiftung (Synonym: Septikämi)

Eine Blutvergiftung oder Sepsis stellt eine lebensbedrohliche Infektion des ganzen Körpers dar. Ausgangspunkt der Sepsis ist immer eine chronische oder akute Infektion, die lokal (= örtlich) begrenzt ist.

Dies können beispielsweise eine Lungenentzündung oder Infektionen der Harnwege oder Bauchorgane sein. Breiten sich die Erreger über die Blutbahn von diesem Infektionsherd im ganzen Organismus aus, so werden durch die Erreger und ihre Toxine (Gifte) in allen Organen des Körpers Entzündungsreaktionen ausgelöst.

Innerhalb weniger Stunden sind alle Organe betroffen und drohen zu versagen. Je nach Schwere und Ausprägung der Erkrankung wird in eine Sepsis oder in ein Sepsis-Syndrom (= schwere Sepsis) unterschieden. Bei der Sepsis kommt es zu Körperreaktionen, wie Fieber, Blutdruckabfall, beschleunigter Atmung und beschleunigtem Herzschlag.

Beim Sepsis-Syndrom versagen zusätzlich mindestens zwei vitale Organsysteme (bsp. Kreislauf -> Schock bzw. Nieren-, Lungen- oder Leberversagen). Nur eine rechtzeitige, schnelle, adäquate Behandlung (jede Minute zählt!) mit Antibiotika und intensivmedizinischen Maßnahmen kann lebensrettend sein.

Die Häufigkeit und Bedrohlichkeit der Erkrankung lässt sich aus folgender statistischer Erhebungen ablesen: Mit etwa 60 000 Todesfällen pro Jahr allein in Deutschland stellen septische Erkrankungen nach Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache dar. Circa 30 % des Budgets für Intensivmedizin werden in die Behandlung von Sepsispatienten investiert.

Ursachen, Infektionsherde einer Blutvergiftung

Die Sepsis entwickelt sich aufgrund einer Infektion mit Mikroorganismen. Die Verursacher der Allgemeininfektion können also Bakterien, Viren, Pilze (spielen vor allem eine Rolle bei immunsupprimierten Personen) und Parasiten sein.

Im Vordergrund stehen bakterielle Infektionen. Häufige bakterielle Keime sind E. coli (der typische Darmbewohner), Pseudomonas aeruginosa (Erreger von Lungen- und Wundinfektionen), Staphylococcus aureus (Eitererreger) und Streptococcus pneumoniae (Erreger von Lungenentzündungen) sowie andere Streptokokken.

Ist der Organismus zum Beispiel aufgrund einer herabgesetzten Immunabwehr nicht in der Lage den Krankheitserreger an seinem Ursprungsort zu bekämpfen, so kann er sich über die Blutbahn im ganzen Körper ausbereiten.

Die Infektionsherde können dabei recht unterschiedlich sein:

  • Lunge: Lungenentzündung;
  • Harn- und Geschlechtsorgane: Harnwegsinfektionen und Infektionen nach der Geburt;
  • Haut: Wund- und Weichteilinfektionen;
  • Katheterinfektionen;
  • Infektionen nach chirurgischen Eingriffen;
  • HNO-Bereich: Mandel-, Nasennebenhöhlen- oder Mittelohrentzündungen;
  • Magen-Darm-Trakt: Bauchfellentzündung oder Entzündungen der Gallenblase oder Gallengänge;
  • Nabel bei Neugeborenen.

Begünstigende Faktoren

Faktoren, die eine Entstehung der Sepsis begünstigen, sind:

  • eine Therapie mit Immunsuppressiva oder Zytostatika (bsp. Krebstherapie),
  • vorausgegangene Operationen,
  • Implantate oder Verweilkatheter (z. B. in der Harnblase oder Vene),
  • Zuckerkrankheit,
  • Leberzirrhose,
  • Krebserkrankungen.

Die Sepsis Symptome

Die frühen Symptome einer Sepsis sind sehr spezifisch, können aber auch auf andere Erkrankungen zutreffen:

  • deutlich beeinträchtigtes Allgemeinbefinden bis hin zur Verwirrtheit,
  • Blutdruckabfall,
  • beschleunigte Atmung (> 25 pro Minute, Tachypnoe),
  • beschleunigter Herzschlag (> 100 pro Minute, Tachykardie),
  • Schüttelfrost und hohes Fieber, das in Schüben auftritt.

Bei Kleinkindern können auch Fieberkrämpfe auftreten, bei Säuglingen und alten geschwächten Patienten kommen auch Verläufe ohne Fieber vor. Ebenso kann es zu einer Hypothermie, einer Körpertemperatur von <= 35,5 ?C, kommen.

Die Hautfarbe ist häufig grau-blass. Im Verlauf der Erkrankung kann es auch zu punktförmige Hautblutungen (= Petechien) oder Hautausschlägen kommen, die typisch für bestimmte Erreger sein können (bsp. Petechien in der Anfangsphase der Meningokokkensepsis, flächige Hautrötung bei toxischem Schock-Syndrom durch die Toxine von Staphylokokken oder Streptokokken).

Im weiteren Verlauf sind eine Milz- und Lebervergrößerung feststellbar, sowie Schädigungen an inneren Organen.

Diagnose einer Sepsis

Zu Beginn der Diagnose werden – wenn möglich vor der Antibiotikatherapie – mehrere Blut- und Urinkulturen angelegt und bei speziellem Verdacht auch Proben von Speichel, Stuhl oder Wundsekreten abgenommen. Aufgrund von Blut- und Urinproben kann der behandelnde Arzt weitere Zeichen einer Sepsis feststellen.

Im Blutbild zeigen sich typische Veränderungen (Leukozytose und Leukopenie = Erhöhung oder Verminderung der Leukozyten, Thrombopenie = Verminderung der Thrombozytenzahl oder ein Fibrinogenabfall, erhöhte BKS). Bisweilen können auch Endotoxine oder sogenannte Entzündungsmediatoren (= Zytokine) nachgewiesen werden. Zudem muss auf Anzeichen einer Organfunktionsstörung geachtet werden.

Die messbaren Anzeichen sind das Auftreten von Bewusstseinstörungen, Rückgang der Harnausscheidungen, Blutdruckabfall, Schock, ein herabgesetzter Sauerstoffgehalt des Blutes und eine (respiratorische) Alkalose (= Verschiebung des Blut-pH-Wertes in den alkalischen Bereich).

Die genaue Diagnose „Sepsis“, „schwere Sepsis“ oder „septischer Schock“ wird anhand eines genau definierten Kriterienkatalogs der geschilderten Krankheitszeichen gestellt. Dabei wird zwischen obligaten und fakultativen Zeichen (= bsp. positive Blutkulturen, Endotoxinnachweise) der Sepsis unterschieden.

Zu den obligaten Krankheitszeichen zählen:

Infektionsquelle, Fieber oder Untertemperatur, beschleunigte Atmung und fallender Kohlendioxidgehalt des Blutes, erhöhter Herzschlag, Erhöhung oder Verminderung der Leukozytenzahl und Organfunktionsstörungszeichen.

Therapie der Blutvergiftung

Der Therapieerfolg ist vor allem von einem frühzeitigen Therapiebeginn abhängig! Es wird – auch wenn nur ein Verdacht auf eine Sepsis besteht oder die Blutkultur negativ war – mit der antibiotischen Behandlung begonnen (z. B. in der niedergelassenen Praxis). Die Wahl des Antibiotikums richtet sich bei einem noch unbekannten Erreger nach der zu erwartenden Erregerhäufigkeit, bei bekanntem bakteriologischem Ergebnis nach dem sogenannten Antibiogramm. Dieses zeigt die Empfindlichkeit des speziellen Erregers gegen einzelne Antibiotika an.

Außerdem können noch weitere intensivmedizinische Maßnahmen nötig sein:

  • künstliche Beatmung,
  • Nierenersatzverfahren (Dialyse, Hämofiltration),
  • differenzierte Schockbehandlung,
  • künstliche Ernährung und Insulintherapie,
  • Ersatz von Blutzellen und -stoffen.

Bisweilen werden auch spezielle Medikamente eingesetzt, um die Immunantwort des Sepsis-Patienten auf die eindringen Keime zu verbessern (aktiviertes Protein C, niedrig dosiertes Hydrocortison usw.). Der Infektionsherd muss unter Umständen chirurgisch entfernt werden.

Verlauf

Trotz intensivmedizinischer Maßnahmen verläuft die Erkrankung bei bis zu 50 % der Patienten tödlich. Ungünstig auf den Krankheitsverlauf wirken sich ein später Therapiebeginn oder ein nicht lokalisierbarer Infektionsherd sowie bestimmte Grunderkrankungen (bsp. Krebs) aus.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 11.04.2008