Infektionserreger und Impfungen

Man kennt derzeit sechs verschiedene „Arten“ von Infektionserregern, die Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanze hervorrufen können. Es handelt sich um Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen (tierische Einzeller), Prionen und Würmer. Wünschenswert wären Impfungen gegen aggressive Vertreter aus allen „Kategorien“. Warum dies derzeit nicht immer möglich ist, wird im Folgenden erläutert.

Viren

Viren sind im eigentlichen Sinne gar keine eigenständigen Organismen, da sie über keinen eigenen Stoffwechsel verfügen und sich erst vermehren, wenn sie in einen Wirtsorganismus, das heißt, in seine Zellen, eindringen können. Dabei zwingen sie die Wirtszelle, die viruseigenen Enzyme zu bilden und das Virus zu vermehren. Folgen der Infektion kann die Überschwemmung des Organismus mit Giftstoffen (Eiweißen) sein sowie der Tod der Wirtszelle.

Neben diesen stoffwechselbedingten Unterschieden zu anderen Organismen zeichnen sich Viren auch durch ihre geringe Größe aus. Ihr Durchmesser beträgt ungefähr 10 bis 300 Nanometer. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter oder ein Millionstel Millimeter.

Ein gesunder Organismus reagiert auf den Befall mit Viren mit der Bildung von Antikörpern. Diese Eiweiße sind in der Lage, die Schlüsseleiweiße des Virus – er verfügt meist nur über zwei oder drei – unschädlich zu machen. Oft besteht die so erzeugte Immunität ein Leben lang. Beispiele dafür sind eine Röteln- oder Maserninfektion. Immer, wenn diese Viren wieder in den Organismus gelangen, läuft mithilfe der sogenannten Gedächtniszellen die Antikörperproduktion gegen den Eindringling sehr schnell wieder an und die Infektion wird vermieden. Genau diesen Effekt versucht man mit Hilfe von Impfungen nachzuahmen (siehe auch Kapitel Impfstoffherstellung).

Leider gibt es auch Viren, die diese Immunität sehr effektiv unterlaufen können. Ein klassisches Beispiel dafür sind die Influenza-Viren (= Grippeviren), die sich nahezu jährlich derart verändern, dass die bereits gebildeten Antikörper nicht helfen.

Viren selbst sind aufgrund ihres Lebenszyklus (in der Wirtszelle, kein eigener Stoffwechsel) – außer durch die richtigen Antikörper und die entsprechenden Impfungen – nur sehr schwer behandelbar. Auf medikamentöser Ebene muss es beispielsweise gelingen, sie an der Vermehrung ihrer Erbinformation zu hindern oder das Andocken an die Wirtszelle zu unterbinden.

Daneben gibt es Inteferone, körpereigene Botenstoffe des Immunsystems, welche einer Virusvermehrung entgegenwirken können. Im Falle von Hepatitis C oder den AIDS-Viren kann sich eine Behandlung mit diesen Stoffen positiv auswirken. Bei anderen Viruserkrankungen – wie bsp. FSME – kennt die Medizin derzeit nur den präventiven Weg der Behandlung, also eine Impfung.

Krankheiten, die durch Viren hervorgerufen werden, sind: AIDS, Hepatitis A, B, C, D, E, Masern, Mumps, Röteln, Virusgrippe (Influenza), Windpocken, Gelbfieber und Ebolafieber.

Bakterien

Bakterien sind im Vergleich zu Viren Organismen mit einem eigenen Stoffwechsel. Sie können sich auch durch Zellteilung bei entsprechender Nährstoffumgebung selbst vermehren. Die Mikroorganismen brauchen keine Wirtszelle für ihre Fortpflanzung, sondern ihre Vermehrung im Wirtsorganismus (Mensch) geschieht autark. Sie sind auch wesentlich größer als Viren (500 bis 5 000 Nanometer).
Gegen Bakterien gibt es Medikamente (Chemotherapeutika), die das Wachstum der Bakterien verhindern oder die Keime abtöten. Am populärsten ist das Antibiotikum Penicillin, das die Vermehrung der Bakterien unterbindet.

Jedoch sind die Antibiotika kein Allheilmittel, da die bakteriellen Organismen immer wieder Wege finden, die Wirksamkeit dieser Medikamente zu unterlaufen. Verfügen sie beispielsweise über die Fähigkeit das Enzym Penicillinase zu bilden, so können sie das Penicillin enzymatisch spalten und unschädlich machen. Die Erbinformation zur Bildung eines solchen Enzyms kann von Bakterium zu Bakterium – oft auch über Artgrenzen hinaus – weitergegeben werden. Es handelt sich dabei um sogenannte parasexuelle Prozesse (Konjugation, Transformation).

Unterlaufen die Bakterienstämme die Wirksamkeit der Chemotherapeutika, beispielsweis durch eine entsprechende Enzymausstattung, so haben sie eine Resistenz entwickelt. Aufgrund der Resistenzen und der nicht immer vorhandenen Verfügbarkeit der Chemotherapeutika (bsp. auf Reisen) gibt es auch Impfungen gegen bestimmte Bakterien oder ihre Toxine (Gifte). Dies ist beispielsweise der Fall bei Keuchhusten, Diphtherie oder Wundstarrkrampf.

Bakterien-Antikörper sind meist nicht so wirksam wie die gegen virale Keime. Bakterien sind weitaus differenzierte Organismen, die über eine Vielzahl von Eiweißen verfügen, gegen die sich die Antikörper richten müssten. Antikörper gegen ein bestimmtes Eiweiß sind daher nicht unbedingt in der Lage, den ganzen bakteriellen Organismus auszuschalten.

Eine Impfung ist dennoch erstrebenswert, da einige schädliche Bakterien nicht durch sich selbst, sondern durch von ihnen produzierte Giftstoffe (Toxine) dem menschlichen Körper Schaden zufügen. Gegen diese Toxine helfen keine Antibiotika, aber in einigen Fällen ist es gelungen, Impfstoffe zu entwickeln, mit deren Hilfe die gefährlichen giftigen Toxine ausgeschaltet werden können.

Da sich Bakterien im Gegensatz zu Viren oft nicht durch eine einzige Antikörperart ausschalten lassen, kann man an einer bestimmten Bakterienart durchaus mehrmals im Leben erkranken. Paradebeispiele sind der Keuchhusten, Durchfallerkrankungen, die durch Salmonellen verursacht werden, und Lungenentzündungen, deren Ursachen Pneumokokken sind.

Krankheiten, die durch Bakterien hervorgerufen werden, sind : Cholera, Keuchhusten, Bakterienruhr (Shigellose), Syphilis, Gonorrhoe (Tripper), Pest, bakterielle Pneumonie (Lungenentzündung) und bakterielle Meningitis (Hirnhautentzündung).

Pilze

Pilze sind vielzellig organisierte Organismen, die neben den Tieren und Pflanzen ein eigenes Reich darstellen. Pilze sind noch größer als Bakterien und umfassen sehr viele Arten. Impfungen sind daher bis jetzt noch nicht realisiert. Pilze befallen den Menschen fast ausschließlich bei allgemeiner oder örtlicher Vorschädigung oder Abwehrschwäche. Es handelt sich um sogenannte Nosoparasiten. Gegen die Pilze gibt es eine Reihe sehr gut wirksamer Medikamente (Nystatin, Imidazoderivate und Amphotericin B).

Protozoen

Protozoen sind tierische Einzeller und Erreger der Malaria, der Toxoplasmose und der Schlafkrankheit. Auch diese Organismen sind sehr viel größer als Bakterien und in ihrer Zellorganisation so hoch entwickelt (eigene Organellen usw.), dass es fast unmöglich scheint, gegen sie eine wirksame Impfung zu entwickeln.

Sogar die Bekämpfung mit Medikamenten (Chloroquin, Metronidazol, Pyrimethamin) gestaltet sich oft schwierig.

Prionen

Prionen sind Eiweiße, die kleiner als Viren sind, in der belebten Umwelt vorkommen und weder DNA noch RNA enthalten. Die Infektionserreger wurden erst vor einigen Jahrzehnten entdeckt und verursachen schwerwiegende Erkrankungen des Nervensystems mit einer schwammartigen Zersetzung des Gehirns. Sie bewirken dies durch eine Strukturänderung eines körpereigenen Proteins, das vornehmlich im Gehirn und Rückenmark vorkommt. Durch Prionen hervorgerufene Erkrankungen sind der Rinderwahn BSE, die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJD) und Scrapie (Schafs-Traberkrankheit). Die Entwicklung einer Impfung gegen den Erreger ist derzeit nicht geplant.

Würmer

Würmer sind noch größer als Protozoen, wodurch eine Impfung als Bekämpfungsmethode ebenfalls ausscheidet. Erkrankungen, die durch sie verursacht werden, sind die Bilharziose, Fuchs- und Hundebandwurmerkrankungen (Echinokokkose) und die Trichinose (Erkrankung durch Trichinen). Oft gestaltet sich die Behandlung mit Medikamenten oder auch eine chirurgische Entfernung (bsp. Fuchsbandwurm) sehr schwierig. Das Augenmerk liegt daher auf einer Vermeidung der Infektion.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009