Impfung gegen Windpocken und Gürtelrose – Varizellen-Impfung

Was löst die Windpocken oder die Gürtelrose aus? Wie kann man sich anstecken?

Die Windpocken (Varizellen) und die Gürtelrose (Zoster) werden von einem Erreger ausgelöst. Es handelt sich um das Varicella-Zoster-Virus (VZV). Das Virus gehört zur Familie der Herpesviren.

Weitere prominente Vertreter dieser Virenfamilie sind die Herpes-Simplex-Viren, der Verursacher der Lippen- und Genitalbläschen, und der Erreger des Dreitagefiebers – das Humane Herpesvirus 6 – sowie das Epstein-Barr-Virus, welches das Pfeiffersche Drüsenfieber verursacht.

Herpesviren haben die Fähigkeit, nach überstandener Erstinfektion in bestimmten Körperzellen zu persistieren. Sie verfallen dort in einen Art Winterschlaf und werden nicht vom Immunsystem angegriffen.

Das Varicella-Zoster-Virus zieht sich nach einer Infektion und/oder Windpockenerkrankung in diverse Nervenzellen zurück. Wird das Immunsystem des Betroffenen geschwächt (bsp. Krebserkrankung, HIV), so kommt es zur Reaktivierung des Virus und das Krankheitsbild der Gürtelrose oder der Gesichtsrose (= Infektionserscheinung im Gesicht) treten auf.

Die Übertragung der Viren erfolgt durch eine Tröpfchen- und Kontaktinfektion (aufgeplatzte Bläschen). Das Virus kann aber auch über mehrere Meter hinweg über die Luft (aerogen), quasi mit dem Wind (Name!), übertragen werden. Eher selten erfolgt die Infektion über verunreinigte Gegenstände. Eine Infektion des Ungeborenen im Mutterleib ist möglich.

Wie sehen die Krankheitsbilder aus? Was sind die Komplikationen?

Die Inkubationszeit für Windpocken beträgt durchschnittlich 14 Tage. Bereits zwei Tage vor Auftreten des typischen Ausschlags fühlt sich der Betroffene nicht wohl, leidet unter Appetitlosigkeit und klagt über Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen. Der Ausschlag tritt an der Haut und den Schleimhäuten auf und beginnt eher im Rumpfbereich. Er ist rot; zuerst entwickeln sich Papeln (= Knötchen), dann Bläschen, die mit einer virushaltigen klaren Flüssigkeit gefüllt sind. Der Ausschlag juckt mäßig bis sehr stark. Die Bläschen verkrusten zu Borken, die schließlich nach 14 Tagen abfallen. Typisch ist, dass alle Stadien des Ausschlags nebeneinander auftreten (Papel, Bläschen, Borke).

Wenn alle Borken ausgetrocknet sind, ist die Krankheit überstanden. Die Viren wandern dann entlang den Nervenbahnen ins Rückenmark, wo sie stumm in bestimmten Nervenzellen überdauern.

Am häufigsten werden Komplikationen bei Windpocken durch bakterielle Superinfektionen hervorgerufen (Häufigkeit 6,1 Prozent). Auf die Virusinfektion pfropft sich eine bakterielle Infektion auf. Krankheitsbilder können dann Abszesse, Gelenkentzündungen, Knochenmarkentzündungen, Mittelohrentzündungen und Lungenentzündungen sein. In seltenen Fällen (1 : 40 000) tritt eine Hirnentzündung mit sehr schlechter Prognose auf. Tödlich endet die Virusinfektion bei einem von 100.000 Kindern und 25 von 100.000 Erwachsenen. Typisch ist, dass bei Erwachsenen die Erkrankung für gewöhnlich schwerer verläuft als bei Kindern.

Gefürchtet ist vor allem auch die Infektion der werdenden Mutter mit Windpocken; besonders fatal ist dies innerhalb der ersten 5 Schwangerschaftsmonate. Neben dem Absterben der Leibesfrucht können folgende Erkrankungen beim Kind auftreten: narbige Hautveränderungen, Augenerkrankungen, neurologische Defekte und unzureichendes Knochenwachstum. Erfolgt die Infektion gegen Ende der Schwangerschaft, so kann es zu schweren Krankheitsverläufen beim Neugeborenen kommen.

Die Gürtelrose (im Gesicht Gesichtsrose) deutet sich circa zwei bis fünf Tage vor Ausbruch der Hauterscheinungen durch Abgeschlagenheit, Müdigkeit und leichtes Fieber an. Es folgen dann brennende Schmerzen im Hals-, Schulter- und Rumpfbereich. Zudem tritt ein halbseitiger, gürtelförmiger Ausschlag in Form flüssigkeitsgefüllter Bläschen auf. Die betroffenen Hautstellen schwellen an, röten sich und sind berührungsempfindlich. Die Bläschen bilden sich innerhalb von fünf Tagen bis zwei Wochen zurückbilden. Meist hört der Schmerz mit der Rückbildung des Ausschlags auf.

Die Komplikationen der Gürtelrose können sich an vielen Organen manifestieren:

  • Haut: Sie kann geschwürig zerfallen oder wird aufgrund einer bakteriellen Infektion geschädigt. Außerdem kann Pigmentverlust auftreten.
  • Nervensystem: Hier sind eine Hirnentzündung (Enzephalitis) oder eine Hirnhautentzündung (Meningitis) möglich.
  • Augen: Typisch sind eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) oder eine Hornhautentzündung (Keratitis).
  • innere Organe: Meist kommt es im Bereich des Darms, der Lunge, der Speiseröhre oder der Leber zu Entzündungen.

Eine besonders gefürchtete Komplikation ist die Zosterneuralgie. Das sind unerträgliche Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose. Sie treten bei über der Hälfte der Senioren auf, die an der Gürtelrose erkranken.

Wie wird behandelt?

Bei leichten Krankheitsverläufen werden austrocknende Salben oder Schüttelmixturen auf die Bläschen aufgetragen. Bei Infektion der Bläschen mit Bakterien kommen Antibiotika zum Einsatz.

Bei Komplikationen kann eine umfassende Schmerztherapie (NSAR, Metamizol, Opioide, Sympatikusblockade, Periduralanästhesie) nötig sein – vor allem in der Zosterbehandlung. Zudem wird eine antivirale Therapie – bsp. mit Aciclovir -eingeleitet. Dieses Mittel verhindert direkt die Virusvermehrung (kann bei Windpocken und Gürtelrose eingesetzt werden).

Verbreitung und Ansteckungsfähigkeit

Die Varicella-Zoster-Viren sind weltweit verbreitet. Eine Infektion erfolgt bei Menschen ohne Antikörper meist bereits im Kindesalter. Jedoch zeichnet sich auch die Tendenz ab, dass sich das Erkrankungsalter immer weiter in die Jugendjahre und jungen Erwachsenenjahre verschiebt.

Etwa 20 bis 30 Prozent aller Erwachsenen erkranken irgendwann in ihrem Leben an einer Gürtelrose (Zoster).

Ansteckungsfähig sind die Infizierten zwei Tage vor bis fünf Tage nach Auftreten der typischen Hauterscheinungen. Je nach Quelle wird dieser Zeitraum jedoch auch weiter angesetzt, bsp. bis zum Abfallen der Krusten.

Alles „rund“ um die Windpocken-Impfung (= Varizellen-Impfung)

Impfempfehlung: Die STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institiuts) empfiehlt die Varizellen-Impfung allen Kindern und Jugendlichen.

Erwachsene, welche die Krankheit nicht hatten (ohne Antikörper), sollten sich in folgenden Fällen impfen lassen:

  • Frauen mit  Kinderwunsch,
  • Personen, die im Gesundheitsdienst arbeiten,
  • Personen mit Krebserkrankungen vor der Behandlung nach genauer Indikationsstellung;
  • HIV-Positive ohne AIDS,
  • Patienten mit Neurodermitis und vor Organtransplantationen.

Empfohlen wird die Impfung auch ungeimpften Personen ohne frühere Varizellen-Erkrankung innerhalb von fünf Tagen nach Kontakt. Ebenfalls empfohlen wird die Impfung innerhalb von drei Tagen nach Auftreten des Hautausschlags.

Impfstoff: Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, der abgeschwächte Erreger enthält, welche die Infektion nicht mehr auslösen können. Es gibt Kombinationsimpfstoffe, die sich zusätzlich gegen Masern, Mumps und Röteln richten (MMR-V-Impfstoff).

Impfhäufigkeit: Die erste Impfung erfolgt in der Regel zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat. Je nach Impfstoff eine Zweite zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat.

Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren, die nicht geimpft wurden und die Krankheit nicht durchgemacht haben, sollten sich auch impfen lassen. Ab dem 13. Lebensjahr erfolgt die Impfung zweimalig.

Angedacht ist eine Impfung für Senioren mit höherem Wirkstoffgehalt, um die Zoster-Erkrankungen zu reduzieren.

Impfreaktionen: An der Impfstelle können Rötungen, Schwellungen und Schmerzen auftreten. Selten kommt es zu Temperaturerhöhung, Mattigkeit und Gliederschmerzen. Bei ein bis drei Prozent der Impflinge treten ein bis vier Wochen leichte pustelartige Hauterscheinungen auf, die vorübergehender Natur sind.

Kontraindikationen: Bei akuten Erkrankungen sollte keine Impfung vorgenommen werden. Bei bestimmten Krebsarten oder einer HIV-Infektion wird nur nach strenger Indikationsstellung geimpft. Ebenso gilt die Überempfindlichkeit gegen Framycetin (= Antibiotikum) als Kontraindikation.

Sonstiges: Bei Kontakt mit den Varizellen in der Schwangerschaft oder bei sehr immungeschwächten Personen kann ein Varizellen-Immunglobulin gegeben werden bzw. Aciclovir verabreicht werden (Arzt!).

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009