Impfstoffe: Arten, Herstellung, Immunität, Adjuvantien

Idealerweise sollte ein Impfstoff (= Vakzine) eine lebenslange Immunität gegen einen Erreger bieten, und dass bei nur einmaliger Gabe des Vakzins. In der Realität gelingt das nur selten.

Gründe dafür sind, dass es sehr schwierig ist, einen vermehrungsfähigen Erreger zu finden, der frei von krankmachenden Eigenschaften ist und noch dazu das Immunsystem dauerhaft aktiviert.

Bisweilen gestaltet es sich auch sehr schwierig, den Keim überhaupt anzuzüchten.

Unterschieden werden drei Arten von Impfstoffen, die hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen und der Immunitätsdauer Vor- und Nachteile aufweisen:

  • Lebendimpfstoffe: Der Erreger ist noch vermehrungsfähig, aber seiner krankmachenden Eigenschaften beraubt.
  • Todimpfstoffe: Sie enthalten die abgetöteten Erreger oder nur noch Bestandteile der Erreger (meist Eiweiße oder Zucker).
  • Toxoidimpfstoffe: Die Immunität zielt nicht primär auf den Erreger selbst ab, sondern auf seine von ihm gebildeten Giftstoffe (= Toxine).

Schließlich gibt es auch noch Kombinationsimpfstoffe, welche die immunisierenden Komponenten gegen gleich mehrere Erkrankungen beinhalten.

Lebendimpfstoffe

Herstellung

Bei der Gewinnung von Lebendimpfstoffen greift man auf Erreger zurück, die auf bestimmten Zelltypen gezüchtet werden, oder man arbeitet mit genetisch veränderten Erregern oder Mutanten. Sie haben zum Beispiel durch ein spontanes Ereignis (bestimmte Umwelteinflüsse) eine gewünschte Änderung im Erbgut erfahren.

Bei der Züchtung passieren die Erreger mehrere sogenannte Selektionspassagen, bei denen sie ihre krankmachenden Eigenschaften verlieren. Zunächst werden die Erreger dazu in Zellkulturen (bsp. Bindegewebszellen oder Affennierenzellen) gezüchtet. Im Laufe der Vermehrung verändert sich ihr Erbgut, da sie sich den neuen Umweltbedingungen anpassen. Für eine zweite Passage werden sie abgeerntet und in ein neues Zellkulturmedium gegeben. Diese Vorgehensweise wird so oft wiederholt, bis die Erreger sich noch vermehren können, aber ihre krankmachenden Eigenschaften verlieren.

Unter Umständen dauert dieser Prozess Jahre und es können bis zu dreißig Passagen notwendig sein.

Anwendung

Impfstoffe, welche auf diese oder ähnliche Weise hergestellt werden, richten sich gegen folgende Erkrankungen:

Kinderlähmung (Schluckimpfstoff), Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Tuberkulose und Gelbfieber.

Vor- und Nachteile

Der Vorteil der Lebendimpfstoffe liegt in der lokalen Nachahmung der Infektion. Da auch viele Antigene verabreicht werden, bildet sich zumeist eine dauerhafte Immunität aus.

Der Schutz kann über zehn Jahre anhalten, wie dies bei Gelbfieber und der Kinderlähmung (Schluckimpfstoff) der Fall ist. Wahrscheinlich lebenslang hält der Schutz bei der Röteln-Masern-Mumps-Impfung.

Der eindeutige Nachteil bei Lebendimpfstoffen besteht in der möglichen Gefahr der Rückwandlung in den sogenannten krankmachenden Wildtyp.

Beim Schluckimpfstoff gegen Kinderlähmung traten Lähmungserscheinungen bei einem von drei Millionen Geimpften auf. Heutzutage wird daher Spritzimpfstoff (Totimpfung) verwendet.

Totimpfstoffe

Herstellung

Bei Totimpfstoffen werden die Keime durch physikalische oder chemische Substanzen abgetötet. Sie werden also beispielsweise mit Erwärmung, Ultraschalleinwirkung oder Formaldehyd behandelt.

Impfstoffe, die auf diese Weise gewonnen werden, richten sich gegen folgende Erkrankungen: Kinderlähmung (Spritzimpfstoff), FSME, Pest, Tollwut, Fleckfieber, Influenza (Virusgrippe) und Hepatitis A.

Einen besonderen Fall stellt die Herstellung des Impfstoffes gegen die Hepatitis A dar. Zunächst behandelte man Blut von chronisch Infizierten mit verschiedenen chemisch-physikalischen Methoden. Ziel der Bemühungen war die Gewinnung eines bestimmten Oberflächeneiweißes des Keims, des HBs-Antigens. Genau dieses Antigen kann die Bildung der schützenden Antikörper in die Wege leiten.

Heutzutage wendet man gentechnologische Methoden an, um das HBs-Antigen massenhaft zu produzieren und einen von infektiösen Viruspartikeln freien Impfstoff herzustellen. Klonierungsvehikel sind dabei das Darmbakterium E. coli und die Bäckerhefe.

Bei einigen Impfungen werden auch nur gereinigte Eiweiße oder Zucker aus der Erregeroberfläche verimpft, welche die Bildung von Antikörpern anregen. Auf diese Weise verfährt man bei Pneumokokken und Meningokokken. Beide sind Erreger von gefährlichen Lungen- und Hirnhautentzündungen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Kapselsubstanz der Bakterien gekoppelt mit einem Trägereiweiß als Impfstoff zu verwenden. Diese Methode wählt man bei einem Impfstoff, der vor dem Bakterium Hämophilus influenzae b (Hib) schützen soll. Dieses kann ebenfalls Hirnhautentzündungen auslösen.

Vor- und Nachteile

Klarer Vorteil ist, dass eine Rückentwicklung zum Wildtyp nicht erfolgen kann. Der wichtigste Nachteil der Totimpfstoffe ist der Zwang zur häufigeren Nachimpfung, denn die Antikörperspiegel im Blut fallen relativ schnell ab.

Meist muss an eine Grundimmunisierung, die schon aus drei bis vier Impfungen besteht, eine erneute Impfung erfolgen. Letztere wird in bestimmten Zeitabständen oder in Abhängigkeit von der Immunitätslage durchgeführt.

Toxoidimpfstoffe

Es gibt Erkrankungen, bei denen die Vermehrung der Erreger im menschlichen Organismus nicht das eigentliche Problem ist. Extrem schädigend wirkt sich lediglich die Giftstoffproduktion (= Toxinbildung) der Krankheitskeime aus.

Dies ist der Fall bei den Erkrankungen Diphtherie und Tetanus.

Herstellung

Bei der Impfstoffentwicklung werden nun die Toxine (= Giftstoffe) so verändert, dass sie nicht mehr giftig sind, aber die Antikörperbildung gegen den Giftstoff anregen können. Die Veränderung zum sogenannten Toxoid erfolgt beispielweise durch Formaldehyd.

Vorteile und Nachteile

Einer der Hauptnachteile ist natürlich, dass in regelmäßigen Abständen eine Auffrischung erfolgen muss, da sich der Immunisierungsstatus in ähnlicher Weise verhält, wie bei einer Totimpfung.

Ein weiterer möglicher Nachteil ist, dass geimpfte Personen nicht erkranken, da sie ja das schädigende Toxin schnell bekämpfen können, aber durchaus in der Lage sind, den Krankheitserreger weiterzugeben und ungeschützte Personen zu infizieren (Gefahr vor allem bei Diphtherie!).

Was sind Adjuvantien?

Es gibt chemische Substanzen, die in der Lage sind, Abwehrzellen anzulocken. Dazu gehört zum Beispiel Aluminiumhydroxid. Gibt man solche Mittel zu einem Impfstoff hinzu, wird der Impferfolg (Immunantwort) gesteigert. Man bezeichnet die Stoffe als Adjuvantien. Dieser Begriff leitet sich aus dem Lateinischen ab, von adiuvare = helfen.

Mit bloßem Auge erkennt man einen Impfstoff, der Aluminiumhydroxid enthält, an seiner weißlich-trüben Farbe.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 30.10.2009