Ohrgeräusche (engl. ear noises)
Mit dem Begriff „Ohrgeräusche“ wird das Krankheitssyndrom Tinnitus oder Tinnitus aurium (Ohrensausen) bezeichnet. Dabei handelt es sich um Höreindrücke in einem oder beiden Ohren, die bei geräuschfreier Umgebung auftreten und nur vom Patienten gehört werden. Von diesem so genannten subjektiven Tinnitus wird der objektive Tinnitus unterschieden. Er ist selten und kann von den Betroffenen und anderen Personen gehört werden kann. Seine Schallquelle sitzt im Körperinneren. Es handelt sich um Geräusche aus den Kopfgelenken, dem Blutgefäßsystem oder den Mittelohrmuskeln. Der Tinnitus beruht auf einer Störung der Hörfunktion, die im Ohr oder Gehirn lokalisiert sein kann. Die subjektiv wahrgenommenen Geräusche oder Töne sind von Patient zu Patient unterschiedlich und sehr variantenreich. Die akustischen Eindrücke umfassen Brumm- und Pfeiftöne, Rauschen, Klingen, Zischen, Zwitschern oder Stimmengewirr. Manchmal entsprechen sie auch keinem realen Geräusch. Die subjektiv wahrgenommenen Geräusche treten fortwährend oder mit Unterbrechung auf, können anschwellen oder in ihrer Frequenz modulierend sein.
Die Anzahl der Tinnituspatienten ist vor allem in den westlichen Industrienationen in den letzten Jahrzehnten angestiegen. Der Tinnitus kann in jedem Lebensalter auftreten. Der Prozentsatz beträgt bei den Erwachsenen ungefähr 5 bis 7%. Immer häufiger sind jedoch Jugendliche und junge Erwachsene von Tinnitus betroffen. Dies hängt mit der zunehmenden Lärmbelastung in Diskotheken oder über Walkman zusammen.
Was sind die Ursachen des Tinnitus?
Die Ursachen des Tinnitus sind vielfältig. Oft ist der Tinnitus eine Folge von bestimmten Erkrankungen: Dies können Erkrankungen des Mittelohrs, wie eine akute Mittelohrentzündung, ein Tubenmittelohrkatarrh, eine Otosklerose (Versteifung der Gehörknöchelchen im Mittelohr) oder eine Perforation oder Unbeweglichkeit des Trommelfells, sein. Im Bereich des Außenohres sind Ohrenschmalz, Entzündungen oder vorspringende Knochen in den Gehörgang (Exostosen) ursächlich für den Tinnitus. Schädigungen im Bereich des Innenohres, wie Lärmschwerhörigkeit, Knalltraumata, altersbedingter Hörverlust, Morbus Meniere oder Minderdurchblutung des Innenohrs nach Blutdruckabfall. Weitere Ursachen können sein: Kopf- und Halsverletzungen, bestimmte Medikamente, Tumore oder Verletzungen des 8. Hirnnervs (Nervus vestibulocochlearis), Kiefergelenkserkrankungen, Bluthochdruck und niedriger Blutdruck, Vergiftungen mit Arsen, Nikotin- und Alkoholmissbrauch, Infektionskrankheiten usw. In manchen Fällen liegt keine erkennbare Ursache vor. Als eine der Hauptursachen gilt jedoch Stress. Hierbei wird das Stresshormon Kortisol ausgeschüttet. Unter seinem Einfluss verengen sich die Gefäße, die Fließeigenschaften des Blutes werden damit verschlechtert. Unter anderem schließen sich die Blutplättchen zusammen und können kleine Gefäße, wie im Mittelohr, verschließen. Dies kann zu einem Tinnitus oder Gehörverlust führen.
Was können die Folgen des Tinnitus sein?
Häufige Folgen eines Tinnitus sind Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Depressionen sowie Arbeitsunfähigkeit.
Wie sieht die Diagnostik bei Tinnitus aus?
Die Diagnostik bei Tinnitus kann sich sehr umfangreich gestalten, da auch die Ursachen des Krankheitssyndroms sehr vielfältig sein können. Eine genaue Befragung des Patienten ist Basis für weitere Untersuchungen. Wichtig sind dabei unter anderem die Art und Häufigkeit des Tinnitus, Lärmexpositionen (beispielsweise im Beruf), Unfälle mit Kopfverletzungen, Ohrerkrankungen oder neurochirurgische Operationen. An die Anamnese (Ermittlung der Krankheitsgeschichte) können sich anschließen:
- Blutdruckmessungen (über 24 Stunden);
- Hals-Nasen-Ohren-Untersuchungen;
- Blutuntersuchungen (Differenzialblutbild, Entzündungsparameter, Antikörperbestimmungen zum Ausschluss bestimmter Infektionskrankheiten, wie Herpes simplex, Masern oder Mumps);
- Magnetresonanztomographie (MRT) zum Ausschluss eines Tumors des Hörnervs;
- Funktionsuntersuchungen der Halswirbelsäule.
Wie erfolgt die Behandlung des Tinnitus?
Die Behandlung der Erkrankung richtet sich nach der vermuteten Ursache und der Form des Tinnitus. Die Einteilung erfolgt nach der Krankheitsdauer: akuter Tinnitus -> bis drei Monate; subakute Form -> bis sechs Monate; chronischer Tinnitus -> über sechs Monate.
Bei einem akuten und subakuten Tinnitus erfolgt häufig eine Behandlung mit Medikamenten: Glukokortikoide, Vitamin E- Präparate, Magnesium, durchblutungsfördernde oder blutverdünnende Mittel werden eingesetzt. Die einzelnen Präparate werden in Abhängigkeit von Ausprägung oder Ursache der Tinnitus-Erkrankung in Tablettenform oder als Infusion verabreicht. Außerdem kann bei einem frischen Tinnitus die hyperbare Sauerstofftherapie sowie die Stellatum-Blockade (-> Erweiterung der Blutgefäße in Kopf und Hals) angewendet werden.
Entspannungsübungen, wie Autogenes Training oder progressive Muskelentspannung, können unterstützend helfen. In den ersten drei Monaten ist die Chance auf eine vollständige Heilung sehr groß. Hilfreich sind in dieser Phase auch die Vermeidung von Stress oder Lärm. Jedoch sollte das Ohr moderat akustisch abgelenkt werden, beispielsweise durch leise rhythmische Musik. Absolute Stille richtet die Konzentration auf das Tinnitus-Geräusch und verstärkt es.
Bei chronischem Tinnitus zielen die Therapien darauf ab, mit dem subjektiv empfundenen Ohrgeräusch besser umzugehen. Zu nennen ist hier beispielsweise die Anpassung eines speziellen Hörgerätes (Tinnitus-Maskers), das den Tinnitus durch „Rauschen“ überdeckt. Ein weiterer viel versprechender Behandlungsansatz ist die Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT) nach Jastreboff.