Betreuungsantrag

In diesem Kapitel wird erläutert, wie ein Betreuungsverfahren in die Wege geleitet wird, und wie es abläuft. Dabei sind die einzelnen Schritte gesetzlich geregelt. Die Bestimmung des Betreuers erfolgt ausschließlich durch ein gerichtliches Verfahren.

Wer kann die Einleitung des Betreuungsverfahrens anregen?

Das Betreuungsverfahren kann von jedem – also beispielsweise Verwandten, Nachbarn, Mitarbeitern eines Alten- und Pflegeheims oder eines Krankenhauses -angeregt werden.

Auch der Betroffene selbst kann eine Betreuung beantragen. Wer körperlich behindert ist, kann einen Betreuer nur auf seinen Antrag hin erhalten. In allen anderen Fällen entscheidet das Gericht auch ohne den Antrag des Betroffenen von Amts wegen.

Wo kann man einen Betreuungsantrag stellen?

Für die Bestellung des Betreuers ist vornehmlich das Amtsgericht zuständig und zwar dasjenige, in dessen Bezirk der Betroffene zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gemeint ist damit, wo er sich hauptsächlich aufhält.

Welche Mittel stehen dem Betroffenen zur Verfügung?

Der Betroffene kann selbst Anträge stellen und Rechtsmittel gegen die gerichtlichen Entscheidungen einlegen. Er soll deshalb über den möglichen Verlauf des Verfahrens unterrichtet werden.

Was ist ein Verfahrenspfleger?

Das Gericht bestellt dem Betroffenen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist, einen Pfleger für das Verfahren. Er ist unterstützend tätig. Er kann dem Betroffenen beispielsweise die einzelnen Verfahrensschritte, den Inhalt der Mitteilungen des Gerichts und deren Bedeutung erläutern.

Erkennbare Anliegen des Betroffenen hat er dem Gericht mitzuteilen, damit die Wünsche in die Entscheidung des Gerichts mit einfließen können. Allerdings sollten die Anliegen des Betroffenen auch mit seinen Interessen vereinbar sein.

Welche Personen kommen als Verfahrenspfleger in Betracht?

Vorrangig sollten Verfahrenspfleger ehrenamtlich tätige Personen sein. Zu denken ist hier an Vertrauenspersonen aus dem Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis. Steht eine ehrenamtlich tätige Person nicht zur Verfügung, können auch professionelle Verfahrenspfleger bestellt werden. Dazu zählen beispielsweise Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Betreuungsvereinen, Bedienstete der Behörden oder Rechtsanwälte.

Unabdingbar – die persönliche Anhörung des Betroffenen

Vor einer Entscheidung von Betreuungsangelegenheiten muss das Gericht den Betroffenen persönlich anhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm verschaffen. Es gibt wenige Ausnahmefälle von dieser Regelung.

Der Betroffene kann sich bei dieser Gelegenheit selbst zu Fragen seiner Betreuungsbedürftigkeit äußern und Vorschläge zur Person des Betreuers unterbreiten.

Das Gericht weist in geeigneten Fällen auch auf die Möglichkeit einer Vorsorgevollmacht hin und erörtert sie ihm.

Wo findet die Anhörung durch den Richter oder eine Richterin statt?

Den persönlichen Eindruck soll sich das Gericht in der üblichen Umgebung des Betroffenen verschaffen, sofern er es verlangt und wenn es der Sachaufklärung dient. Spricht sich der Betroffenen gegen die Anhörung in seiner privaten Umgebung aus, so findet sie dort auch nicht statt, sondern erfolgt im Gericht.

Wer kann bei dieser Anhörung noch gehört werden?

Falls ein Verfahrenspfleger bestellt wurde, ist er hinzuzuziehen. Auch ein Sachverständiger kann bereits in dieser Phase des Betreuungsverfahrens gehört werden. Unter bestimmten Umständen hört das Gericht auch die Betreuungsbehörde, den Ehegatten oder Lebenspartner des Betroffenen, seine Eltern, Pflegeeltern, Großeltern, Abkömmlinge und Geschwister an, und wenn es ohne erhebliche zeitliche Verzögerung geht, auch eine Person seines Vertrauens.

Das Sachverständigengutachten

Hält der Richter die Betreuung für erforderlich, muss er einen Sachverständigen beauftragen, der die Frage der Betreuungsbedürftigkeit klärt. Zu klärende Punkte sind Notwendigkeit, Umfang und Dauer der Betreuung. Allein die Erkenntnis des Gerichts von der Erfordernis der Einrichtung einer Betreuung genügt nicht, um eine Betreuung oder einen Einwilligungsvorbehalt (siehe Kapitel „Betreuungsgesetz“) anzuordnen. In Ausnahmefällen kann von der Beauftragung eines Sachverständigen Abstand genommen werden, beispielsweise wenn der Betroffene seine Betreuung selbst beantragt hat und ein Attest vorlegt (hier sind noch weitere Punkte zu beachten).

Der Sachverständige darf nicht nur aufgrund der Akten entscheiden. Er muss mit dem Betroffenen sprechen und ihn untersuchen. Es kann im Rahmen der Begutachtung auch ein bestehendes ärztliches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verwendet werden. Allerdings darf es nur unter folgenden Voraussetzungen hinzugezogen werden:

  • Aus dem Gutachten muss ersichtlich sein, inwieweit bei dem Betroffenen infolge einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers vorliegen.
  • Das Gutachten darf nur mit Einwilligung des Betroffenen bzw. des Verfahrenspflegers verwertet werden.

Wie geht es im Betreuungsverfahren weiter? – Bekanntmachung, Wirksamkeit, Betreuerurkunde

Die Entscheidung des Gerichts wird dem Betroffenen, dem Betreuer, dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde bekannt gegeben.

Wirksam ist die Entscheidung in der Regel mit der Bekanntgabe an den Betreuer.

Der Betreuer wird mündlich verpflichtet und erhält die Betreuerurkunde, die auch als Ausweis für die Vertretungsmöglichkeit dient (in Verbindung mit dem Personalausweis). Nach der Beendigung der Betreuung muss die Urkunde an das Gericht zurückgegeben werden.

Was hat es mit der einstweiligen Anordnung auf sich?

Das oben beschriebene gerichtliche Verfahren nimmt einige Zeit in Anspruch. Oft aber müssen Entscheidungen schnell getroffen werden. Dann kann das Gericht in einem vereinfachten Verfahren durch eine einstweilige Anordnung folgende Maßnahmen ergreifen:

  • einen Betreuer bestellen,
  • einen vorläufigen Einwilligungsvorbehalt („siehe Betreuungsrecht“) erwirken,
  • einen Betreuer entlassen,
  • den Aufgabenbereich des bestellten Betreuers vorläufig erweitern.

Diese Eilmaßnahmen können jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen getroffen werden. Auch treten sie nach sechs Monaten außer Kraft. Nach der Anhörung eines Sachverständigen kann eine weitere einstweilige Anordnung erlassen werden. Allerdings darf eine Gesamtdauer von einem Jahr nicht überschritten werden.

Welche Kosten fallen für die Betreuung an und wer übernimmt sie?

Die Kosten für das gerichtliche Betreuungsverfahren fallen dem Betreuten zu Last. Er hat auch die Vergütung des Betreuers aus seinem Vermögen zu begleichen. Ist er mittellos, werden die Kosten aus der Staatskasse beglichen.

Folgende Kosten können anfallen:

  • Honorar des Sachverständigen,
  • Honorar des Verfahrenspflegers
  • Auslagen des Gerichts (Dokumentenpauschale, Fahrtkosten)
  • Jährliche Gerichtsgebühr in Höhe von 5 Euro pro 5.000 Euro Vermögen des Betreuten abzüglich eines Vermögensfreibetrages von 25.000 Euro (für eine auf Dauer ausgelegte Betreuung). Beschränkt sich das Aufgabengebiet der Betreuung bsp. nur auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht und ist sein Vermögen von der Betreuung ausgeklammert, so beträgt die Gebühr 200 Euro.

Allerdings werden für die Führung der Betreuung die Kosten des Gerichts (Gebühren und Auslagen, insbesondere Dokumentenpauschale, Sachverständigenauslagen) nur erhoben, wenn das Vermögen des Betreuten nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 Euro beträgt. Nicht mit einberechnet wird ein angemessenes Hausgrundstück, das bestimmte Voraussetzungen erfüllt.

Bei der Vergütung des Betreuers wird danach unterschieden, ob er sein Amt ehrenamtlich oder als Berufsbetreuer ausübt. Der ehrenamtliche Betreuer erhält eine Pauschalvergütung, die Bezahlung des Berufsbetreuers richtet sich nach dem VBVG (Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern).

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 09.05.2011