Kommunikation bei weit fortgeschrittener Erkrankung

Menschen, die unter einer weit fortgeschrittenen Demenz leiden, leben in einer völlig anderen Welt als gesunde Menschen. Worte und deren Bedeutung liegen nicht mehr in ihrem Wahrnehmungshorizont. Es existieren jedoch noch andere Möglichkeiten, um mit ihnen zu kommunizieren.

Mimik, Stimmlage und Gesten

Beim Sprechen werden nicht nur gesprochene Informationen weitergegeben, sondern auch andere Signale, die das Gegenüber aufnimmt. Mimik, Gesten und der Tonfall unterstreichen das Gesagte. Diese Signale verstehen die dementen Patienten oft viel besser als das gesprochene Wort. Es ist daher gut, diese Signale beabsichtigt einzusetzen.

Die Mimik bewusst zu kontrollieren, gelingt nicht immer. Mit etwas Anstrengung und Übung ist es aber möglich, das Gesagte mit einem passenden Gesichtsausdruck zu unterstreichen. Die Mimik sollte auf jeden Fall mit dem Inhalt des Gesprochenen in Einklang stehen oder sie unterstreichen.

Der Tonfall trägt ganz entscheidend zur Untermalung der Aussage bei. Hohe und schrille Stimmen wirken alarmierend, tiefe und gedämpfte beruhigend. Es ist nicht angebracht, seine Stimme ständig zu verstellen, aber wenn man weiß, welche Stimmlage welche Reaktion beim Erkrankten auslöst, kann sie ganz bewusst eingesetzt werden. So kann allein die Stimmlage bewirken, dass ein aufgeregter Kranker sich durch einen ruhigen und bedachten Tonfall nicht noch weiter aufregt. Allerdings bedarf es einer gewissen Übung, um in Krisensituationen ruhig zu bleiben und seine Stimme zu dämpfen.

Auch Gesten geben gesprochenen Informationen Tiefe. Viele Menschen reagieren auf Berührungen sehr positiv. Auch wenn der Erkrankte gar nichts mehr versteht, kann eine Umarmung ihm signalisieren: „Es ist alles in Ordnung. Ich bin da.“

Basale Stimulation – Die Sinne reizen

Wenn die Sprache zunehmend in den Hintergrund tritt, werden andere Reize – wie Riechen, Fühlen oder Sehen – umso wichtiger. Aber gerade Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Demenz laufen Gefahr, dass bei ihnen diese Reize nicht mehr stimuliert werden. Denn Reize kann man nur wahrnehmen, wenn sie sich ändern.

Liegt jemand in einem weißen Bett mit weißen Wänden in einem Raum mit gleich bleibender Temperatur und gleichen Gerüchen sowie auf einer gleich bleibend weichen Unterlage, so nimmt er kaum noch Reize wahr und sein Körpergefühl geht verloren.

Menschen, die unter mangelnden Reizen leiden, versuchen sich unbewusst selbst zu stimulieren. Typisch dafür ist, dass sie an allem Erreichbaren herumnesteln. Dies kann die Bettdecke, die Tischlampe, Lebensmittel oder der eigene Kot sein. Andere kratzen sich die Haut auf oder sie wippen mit dem Oberkörper hin und her. Dies alles sind Anzeichen dafür, dass die Betreffenden unter mangelnden Sinnesreizen leiden.

Dieser Reizarmut will die sogenannte „Basale Stimulation“ begegnen.

Mit einfachen Mitteln kann man die Wahrnehmung des Körpers stimulieren. Dies können unterschiedlich weiche Waschlappen sein oder ein moderater Wechsel der Wassertemperatur. Günstig wirkt sich ein deutlicher Druck beim Waschen oder Massieren aus, der gleichmäßig und ruhig von der Körpermitte erfolgt.

Der Gleichgewichtssinn lässt sich durch Schaukeln in der Hängematte oder in einem Schaukelstuhl anregen. Eine gleiche Wirkung kann erzielt werden, wenn der Betreuer den Patienten in den Armen wiegt.

Auch der Geruchssinn lässt sich auf vielfältigste Weise stimulieren. Dazu können gut riechende Pflegemittel, Blumenduft, Kaffee- und Teeduft, Essensgerüche oder ähnliches eingesetzt werden.

Es gibt noch eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Sinne anzuregen. Der Fantasie sind dabei nur insofern Grenzen gesetzt, als dass für den Patienten nur angenehme Reize gewählt werden sollten, die er auch als angenehm empfindet und die Wohlbefinden bei ihm auslösen.

Außerdem darf man die Kranken auch nicht mit Reizen überfluten. Zwei- bis dreimal am Tag eine Maßnahme von 15 Minuten reicht anfänglich aus.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011