Antidepressiva

Eine Depression ist oft das erste Symptom einer Demenz. Erst später fallen die Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit auf.
Die Gründe für die anfängliche Depression sind psychologischer und neurobiologischer Natur.

Der Erkrankte bemerkt – bevor es den Menschen in seiner Umgebung auffällt – seine eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit sehr deutlich. Die meisten Erkrankten haben auch eine Ahnung, in welche Richtung die Einbußen gehen.
Außerdem kommt es im Laufe des jahrelangen Abbauprozesses des Gehirns zu einer Verarmung an allen Botenstoffen des Gehirns. So kann auch ein Mangel an Serotonin und Noradrenalin festgestellt werden. Diesen beiden Botenstoffen wird eine wichtige Rolle bei der Regulation unserer Stimmungen, der Affekte, des Antriebs und der Motivation zugeschrieben.

Ein Zuwenig an Serotonin und Adrenalin führt dann zur sogenannten „initialen Depression“, dem ersten Anzeichen einer Demenz.

Egal, welche Ursache die Depression hat – beginnende Alzheimererkrankung oder eigenständiges Krankheitsbild –, so muss sie im Hinblick auf die Lebensqualität des Betroffenen behandelt werden.

Welche Antidepressiva sind geeignet?

Es gibt einige Dutzend Wirkstoffe gegen Depressionen, die unterschiedlichen Wirkstoffklassen angehören. Nicht alle sind für die Therapie von älteren Menschen geeignet und /oder auch nicht für die Behandlung einer Depression bei Demenz.
Dies mag einleuchtend sein, da manche Antidepressiva – vor allem die so genannten trizyklischen Antidepressiva – nicht nur auf die Bindungsstellen des Serotonins und Noradrenalins einwirken und damit unsere „Stimmung“ beeinflussen, sondern auch auf die Andockstellen der Botenstoffe, die im Zusammenhang mit unseren Gedächtnisleistungen stehen. Man spricht dann von einer sogenannten „anticholingenen“ Wirkung. Dies bedeutet, dass die Wirkung des Botenstoffes Acetylcholin erschwert oder aufgehoben ist. Diese Wirkung der Mittel ist bei Demenzpatienten völlig unerwünscht, da Acetylcholin unentbehrlich für die Gedächtnisleistung ist. Die Defizite in Bezug auf die geistige Leistungsfähigkeit können sich so noch verstärken.

Für gewöhnlich werden deshalb Antidepressiva bevorzugt, die zur Gruppe der sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer gehören. Mithilfe dieser Mittel werden Serotonin und Noradrenalin – unsere Stimmungsaufheller – gezielt bereitgestellt. Diese Medikamente haben keinen oder keinen so großen Einfluss auf andere Botenstoffe. Somit sind sie günstiger in Bezug auf unerwünschte Nebenwirkungen. Auch Wechselwirkungen mit anderen Präparaten treten nicht so häufig auf. Das ist gerade bei älteren Menschen vorteilhaft, die ja häufiger wegen gleichzeitig bestehender anderer Leiden Medikamente einnehmen müssen.

Welche Antidepressiva für Patienten mit Demenz?

Aus der altgedienten Gruppe der sogenannten trizyklischen Antidepressiva sind nur Präparate mit dem Wirkstoff Nortriptylin für Demenzpatienten geeignet.

Auch Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Sertralin und Citalopram können verschrieben werden.

Schließlich sind auch Substanzen, die sowohl Serotonin als auch Noradrenalin freisetzen, wie Venlafaxin und Mirtazapin, gut geeignet; daneben der die Wiederaufnahme von Noradrenalin hemmende Wirkstoff Reboxetin.

Wie lange müssen die Antidepressiva eingenommen werden?

Bevor die Wirkung eines Antidepressivums beurteilt werden kann, muss meistens vier bis sechs Wochen abgewartet werden. Erst wenn nach diesem Zeitraum keine Besserung eintritt, sollte die Dosis verändert, ein anderes Antidepressivum hinzugenommen oder auf ein anderes Präparat gewechselt werden.

Zeigt sich eine Besserung, so sollte die Therapie für mindestens ein halbes Jahr beibehalten werden. Menschen, die schon früher unter Depressionen gelitten haben, bedürfen oft einer sehr viel längeren antidepressiven Behandlung.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 16.03.2011