Misteltherapie

Misteln (Viscum album, Viscum laxum) sind immergrüne, kugelförmige Sträucher mit kurzem Stamm und zungenförmigen, lederartigen Blättern. Ihre Blüten sind weiß und etwa perlengroß.

Sie schmarotzen auf Laub- und Nadelbäumen, wie Eichen, Birken, Apfelbäumen, Tannen und Kiefern. Dabei entziehen sie ihren Wirtspflanzen Nährstoffe und Flüssigkeit. Ihre Verbreitung erfolgt durch Vögel, welche die Samen fressen und mit dem Kot ausscheiden.

Arzneimittel aus der Mistel werden heutzutage begleitend zur Schulmedizin in der Krebs- und Rheumatherapie eingesetzt. Die heilende Wirkung der Mistel ist schon seit Jahrhunderten bekannt und bereits Paracelsus bediente sich der blutdrucksenkenden Wirkung der Mistel.

Biochemische Grundlagen und Wirkungsweise der Misteltherapie

Die in einem pharmazeutischen Prozess aufbereiteten Mistelpflanzenextrakte enthalten eine Vielzahl von Substanzen. Die beiden medizinisch bedeutendsten Inhaltsstoffe sind die Viskotoxine – stark wirkende Eiweißstoffe – und die Mistellektine, die chemisch gesehen Glykoproteine darstellen.

Im Laborversuch konnt gezeigt werden, dass Mistelextrakt eine sogenannte zytostatische Wirkung (wachstumshemmende Wirkung) hat. Dies trifft sowohl auf gesunde Zellen als auch Krebszellen zu. Da sich Krebszellen aber schneller vermehren, sind sie besonders sensibel für diese Wirkung.

Zudem konnte im Tierversuch und an Zellkulturen gezeigt werden, dass Inhaltsstoffe der Mistelpflanzen immunologische Prozesse beeinflussen.

So kam es bei Gabe von Mistellektinen zu einem Anstieg von immunologisch aktiven Zellen (Makrophagen, aktivierte Lymphozyten und Monozyten) und bestimmten Eiweißstoffen (Akute-Phase-Proteinen). Beides fördert eine Mobilisierung des Körpers gegen „Feinde aller Art“, demnach auch gegen Krebszellen. Der Nachweis, dass diese Mobilisierung der Abwehrkräfte auch zu einer effektiven Krebsbekämpfung führt, wurde bis jetzt nicht erbracht.

Behandlung

Rheuma

Begleitend zur schulmedizinischen Behandlung mit Antirheumatika kann auch die Misteltherapie bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden.

Dazu werden die Mistelextrakte unter oder in die Haut injiziert. Sie bewirken eine örtlich begrenzte Entzündung, die eine Reihe von Immunprozessen im Körper in Gang setzt. Es kommt zu einer allgemein antientzündlichen Reaktion des Organismus. Entzündliche Prozesse, die das typische Merkmal einer Rheumaerkrankung sind, werden zurückgedrängt und eine schmerzlindernde Wirkung kann beobachtet werden.

Bösartige Tumorerkrankungen

Eine Besonderheit der anthroposophischen Medizin stellt die ganzheitliche Krebstherapie dar. Hier kommen besonders aufbereitete Mistelpräparate zum Einsatz. Sie sind unterschiedlich konzentriert oder potenziert und werden unter die Haut oder in die Vene gespritzt. Modifizierend auf die Pflanzenextrakte wirken sich die Wirtsbäume aus, von denen die Misteln stammen und die für bestimmte Organbeziehungen verantwortlich sind.

Der Injektionsplan orientiert sich an der Schwere der Erkrankung.

Als Reaktion therapeutisch erwünscht ist Fieber. Am Injektionsort können auch begrenzte Entzündungsreaktionen beobachtet werden.

Beschrieben wird in der Literatur eine Besserung der Befindlichkeit und Stimmung der Krebspatienten, die mit einer Erhöhung der Lebensqualität einhergeht.

Die Misteltherapie bei bösartigen Tumorerkrankungen wird unterstützend zur schulmedizinischen Medizin eingesetzt. Sie stellt kein Allheilmittel gegen Krebs dar.

Bluthochdruck

Bei Bluthochdruck kommt die Misteltherapie in Form von Tee, Tropfen, Kapseln oder Tinkturen zur Anwendung. Die Wirkung ist umstritten, da die Inhaltsstoffe der Misteln nicht unverändert in den Körper aufgenommen werden.

Risiken, Nebenwirkungen und Kontraindikationen (= auf keinen Fall anwenden)

Injizierte Mistelpräparate können folgende unerwünschte Reaktionen hervorrufen: Nachtschweiß, Atemnot, entzündliche Reaktionen, die auch zu einer Gewebszerstörung (Nekrose) führen können.

Eingenommene Mistelfrüchte können Erbrechen auslösen.

Bei chronischen Infektionen oder Überempfindlichkeit gegenüber den Misteleiweißen sollte die Therapie nicht durchgeführt werden.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009