Hydrotherapie

Mit Hydrotherapie bezeichnet man alle Behandlungsformen, bei denen Wasseranwendungen im Vordergrund stehen. Dabei bedient man sich der verschiedenen Temperatur- und Erscheinungsformen dieser Verbindung. Zu denken ist hier an Eis, kaltes, warmes oder heißes Wasser sowie Wasserdampf.

Neben der großen Wärme- und Kälteleitfähigkeit macht man sich bei dieser Therapie auch andere physikalische Eigenschaften des Wassers zunutze. Das sind die starke Auftriebskraft, der hohe Widerstand und der Druck. Wasseranwendungen können auf vielfältigste Weise erfolgen. Zur Hydrotherapie gehören Waschungen, Wickel, Auflagen, Packungen, Güsse, medizinische Bäder (auch mit Zusätzen) sowie Teilbäder (Arm-, Fuß- und Sitzbäder) und Trinkkuren.

Die Wasseranwendungen können zu Hause, ambulant oder kurmäßig durchgeführt werden. Die prominentesten Vertreter der Hydrotherapie sind Vinzenz Prießnitz (1799 – 1851) sowie Sebastian Kneipp (1821 – 1897).

Die Geschichte der Hydrotherapie

Wasserkuren schätzte man schon in der Antike, um Kranke zu heilen. Bereits 400 vor Christus wandte Hippokrates kaltes, lauwarmes und heißes Wasser bei verschiedenen innerlichen und äußerlichen Gebrechen an. Die Römer bauten der Bevölkerung öffentliche Bäder zur Gesundung und Erholung.

Im Mittelalter trat diese Therapiemethode in den Hintergrund und erfuhr erst im 18. und 19. Jahrhundert eine Wiederbelebung. In England und Frankreich entstanden die ersten Seekurorte, in denen Wasseranwendungen zur Heilung eingesetzt wurden.

Vinzenz Prießnitz (1799 – 1851) behandelte seine eigenen Beschwerden (Rippenbrüche) erfolgreich mit kalten, festen Wasserwickeln. Er gründete schließlich eine Kaltwasser-Heilanstalt. Seine Methoden setzten vornehmlich auf Abhärtung mit kalten Wasseranwendungen.

Der spät berufene Priester Sebastian Kneipp entwickelte schließlich ein Heilsystem, in dem Wasseranwendungen eine der fünf Hauptsäulen sind.

Die Wirkung der Hydrotherapie

Durch die unterschiedlichen Temperaturen des Wassers wird der menschliche Organismus verschiedenen Reizen ausgesetzt. Die Durchblutung wird gefördert sowie Herz und Kreislauf gestärkt. Die bessere Durchblutung bedingt einen verbesserten Lymphabfluss und Schlacken werden so schneller aus dem Körper ausgeschieden, die Zellen besser mit Nährstoffen versorgt.

Eine verbesserte Immunabwehr und leichtere Krankheitsverläufe sind die Folge.

Die Anwendungen tragen auch zur Entspannung des Körpers bei.

Anwendungsgebiete Hydrotherapie

Die wichtigsten Indikationen sind Beschwerden des Bewegungsapparates. Dazu zählen Rheuma, Gelenkbeschwerden, Rückenschmerzen, Osteoporose und Muskelbeschwerden. Zudem wird die Hydrotherapie bei Verletzungen des Bewegungsapparates nach Unfällen oder Operationen eingesetzt.

Weitere Anwendungsgebiete sind Akne, Ekzeme, Neurodermitis sowie Erkrankungen der Luftwege, Stirn- und Nasennebenhöhlenentzündungen oder gynäkologische Beschwerden.

Gymnastik im Wasser wird zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht empfohlen, da sie besonders Gelenk schonend ist.

Was wird wann angewendet?

Wasseranwendungen können bei einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt werden. Im Folgenden werden einzelnen Anwendungsformen exemplarisch herausgegriffen:

  • Packungen, Auflagen, Kompressen, Wickel: Sie kommen bei Muskelverspannungen, degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates, Bronchitis und Menstruationsbeschwerden zum Einsatz.
  • Sitzdampfbäder können Blasen- und Prostataleiden lindern und werden nach gynäkologischen Operationen durchgeführt.
  • Wechselwarmes Armbad: Es gehört zu den Teilbädern und hilft bei funktionellen Durchblutungsstörungen der Arme und Hände. Auch als Abhärtung kann diese einfache Anwendung dienen.
  • Solebäder wirken sich positiv auf verschiedenste Leiden aus. Hauterkrankungen, wie Akne, Schuppenflechte und Neurodermitis, lassen sich damit mildern; eine positive Wirkung lässt sich auch bei rheumatischen und gynäkologischen Erkrankungen feststellen. Das Inhalieren der salzhaltigen Luft lindert chronische Krankheiten der Luftwege.
  • Moorbäder weisen eine positive Wirkung bei folgenden Beschwerden auf: degenerativen Erkrankungen der Gelenke und der Wirbelsäule, Krämpfen, chronischen Entzündungen des Verdauungstraktes, der Blase und ableitenden Harnwege und funktionellen gynäkologischen Erkrankungen.
  • Kohlendioxid-Bäder fördern die Hautdurchblutung und senken den Blutdruck. Dementsprechend eignen sie sich bei leichteren Formen des Bluthochdrucks, chronischer Veneninsuffizienz, psychosomatisch bedingten Herz-Kreislaufbeschwerden und Durchblutungsstörungen.
  • Wassergymnastik, Aquajogging und Bewegungsbäder: Sie sind besonders geeignet für Menschen mit degenerativen Gelenkerkrankungen, nach Verletzungen des Bewegungsapparates, bei Osteoporose und zur Gewichtsreduktion.
    Der Auftrieb des Wassers entlastet die Gelenke. Die Muskeln werden durch den Widerstand gegen das Wasser gekräftigt. Der Druck des Wassers mobilisiert den venösen Rückfluss des Blutes und entlastet so die Venen.

Risiken, Komplikationen der Hydrotherapie

Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eingeschränkter Herzleistung sollten ihren behandelnden Arzt vor der Hydrotherapie zurate ziehen. Zudem sind die Wasseranwendungen bei akuten Lungenerkrankungen (Tuberkulose), Infektionen oder entzündlichen Hauterkrankungen nicht ratsam.

Manche Menschen reagieren auch allergisch auf bestimmte Badezusätze.

Prinzipiell sind warme Wasseranwendungen bei Personen mit chronischer Venenschwäche mit Vorsicht zu genießen; das Gleiche gilt für Anwendungen mit kaltem Wasser bei Durchblutungsstörungen.

Auch bei bestimmten Nervenleiden (Polyneuropathie) ist von heißen Wasseranwendungen abzusehen. In bestimmten Fällen ist zudem bei Erkrankungen der Leber und Nieren sowie einer Schilddrüsenüberfunktion von Kneippanwendungen abzuraten.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009