Craniosacral-Therapie

Die Craniosacral-Therapie ist eine manuelle Behandlungsmethode, bei der sehr sanfte Handgriffe im Bereich des Kopfes und der Wirbelsäule durchgeführt werden.

Im Mittelpunkt des therapeutischen Interesses steht das sogenannte craniosacrale System. Dazu gehören die Schädelknochen (= Cranium), die Wirbelsäule und das und Kreuzbein (= Sacrum).

Weiterhin umfasst es die Gehirn- und Rückenmarkshäute (Meningen), ihre verbundene Umgebung und die Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor).

Bei dieser Therapieform wird davon ausgegangen, dass die Zirkulation der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) einem individuellen Rhythmus folgt. Veränderungen, Beschleunigungen oder Einschränkungen des Flusses bewirken Erkrankungen, die sich neben dem craniosacralen System auch auf das Nervensystem, die Organe oder das Gewebe, auswirken können.

Der Therapeut spürt die Störungen des Gehirnwasserflusses auf, korrigiert sie durch langsame, sanfte Griffe und Bewegungen. Dies aktiviert die Selbstheilungskräfte des Patienten.

Geschichtliches

Die Craniosacral-Therapie entstand aus der klassischen Osteopathie. Zu seiner heutigen Bedeutung führte sie der amerikanische Chirurg und Osteopath Dr. John Upledger. Während einer Operation beobachtete er die pulsierenden Bewegungen im Bereich des Rückenmarks. Bei weiteren Nachforschungen zu diesem Phänomen stieß er auf die Erkenntnisse des Osteopathen William G. Sutherland (1873 – 1945). In den 1970er Jahren schließlich entwickelte Upledger die Techniken der heutigen Craniosacral-Therapie. 1985 gründete er in Florida (USA) ein eigenes Zentrum für Hirn- und Rückenmarkgeschädigte. Dieser Ort wurde auch ein Ausgangspunkt für die craniosacrale Therapeutenausbildung.

Beide Forscher – Sutherland und Upledger – stellten unabhängig voneinander fest, dass sich die Schädelknochen auch bei Erwachsenen nicht vollständig zusammengewachsen, sondern an den Nähten elastisch bleiben und sich millimeterweise gegeneinander verschieben können.

Anschauung

In der Craniosacral-Therapie geht man davon aus, dass der Liquor in einem bestimmten Rhythmus zirkuliert. Man bezeichnet dies als craniosacralen Puls. Der Therapeut kann diesen im Becken- und Schädelbereich ertasten. Die Hirn-Rückenmarksflüssigkeit pulsiert 6- bis 12-mal pro Minute.

Veränderungen dieses Pulses deuten auf Störungen hin und können krankhafte Auswirkungen auch auf andere Körperstrukturen haben.

Ursachen für den gestörten Liquorfluss können dabei akute Störungen, aber auch vergangene Ereignisse sein. Denkbar sind Unfälle, Operationen, traumatische Ereignisse und eine dauerhafte Stressbelastung.

Durch sanfte Manipulationen versucht der Therapeut, den gestörten Puls zu verändern und die Selbstheilungskräfte des Patienten zu aktivieren.

Anwendungsgebiete

Wichtigste Indikationen sind Störungen im Bereich des Bewegungsapparates. Dazu zählen Rückenprobleme, Muskelverspannungen, Reha nach Unfällen oder Schlaganfällen.

Indirekt soll die Methode auch auf innere Organe wirken sowie Migräne, Kopfschmerzen, Trigeminusneuralgie, Schwindel und Tinnitus (Ohrgeräusche) lindern. Weitere Einsatzgebiete sind Funktionsstörungen der inneren Organe.

Bei Kindern wird die Craniosacral-Therapie bei Hyperaktivität, ADS und Lernschwäche eingesetzt.

Behandlung

Das ausführliche Erstgespräch umfasst die Beschwerden, Vorerkrankungen und die derzeitige Lebenssituation.

Während der Behandlung liegt der Patient bequem auf einer Behandlungsliege; der Therapeut sitzt am Kopfende und erspürt den Liquorpuls.

Zur Therapie bewegt er sanft die Schädelknochen, um den Liquorpuls zu normalisieren. Demselben Zweck dienen leichte Manipulationen an der Wirbelsäule.

Manchen Patienten entspannen sich durch die sanften Berührungen so stark, dass sie einschlafen. Bei manchen kommt es auch zum unerwarteten Lösen von seelischen Traumata, was sich beispielsweise in Lachanfällen oder Heulkrämpfen äußern kann.

Die Behandlung dauert circa 30 bis 50 Minuten und wird anfänglich alle 14 Tage wiederholt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für gewöhnlich nicht.

Risiken, Nebenwirkungen, sonstige Beurteilungen

Kontraindikationen für die Craniosacral-Therapie sind Schädelfrakturen, Hirnblutungen oder erhöhter Schädelinnendruck. Kritisch wird bisweilen auch die Behandlung bei Neugeborenen gesehen, da bei ihnen die Wachstumsspalten im Gehirn noch nicht geschlossen sind.

Messbare Effekte, die die Therapie hervorrufen soll, sind: eine Beeinflussung der Hypophyse durch die Keilbeinbewegung und Auswirkungen auf die Kieferbewegung.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 19.05.2009